prä­sen­tie­ren

felix schwenzel

für mich ist bei prä­sen­ta­tio­nen oft der weg in­ter­es­san­ter als das prä­sen­tier­te. so schaue ich die sen­dung mit der maus mit der in­ten­ti­on an, ge­ge­be­nen­falls et­was neu­es zu ler­nen oder zu er­fah­ren, aber ge­nau so in­ter­es­sant fin­de ich die di­dak­tik da­hin­ter. das glei­che gilt auch für ver­an­stal­tun­gen, auf de­nen neue pro­duk­te vor­ge­stellt wer­den. das ei­gent­lich in­ter­es­san­te sind die me­tho­den, mit de­nen be­gehr­lich­kei­ten oder neu­gier ge­weckt wer­den.

ste­ve jobs mar­ke­ting-di­dak­tik zu se­hen, war ein gros­ses ver­gnü­gen. bes­tes bei­spiel: sei­ne ipho­ne-vor­stel­lung. er kün­dig­te da­mals drei „re­vo­lu­tio­nä­re“ neue pro­duk­te an: ei­nen ipod mit touch­screen, ein neu­es mo­bil-te­le­fon und ein neu­ar­ti­ges In­ter­net-Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­rät.

in echt sei­en das aber kei­ne drei ge­rä­te, er­zähl­te er dann, son­dern eins. und ap­ple wür­de es „ipho­ne“ nen­nen. und so sähe es aus.

ste­ve jobs bau­te sei­ne prä­sen­ta­tio­nen eben nicht nur di­dak­tisch, er­zäh­le­risch klug und hu­mor­voll auf, son­dern vor al­lem un­lang­wei­lig und un­vor­her­seh­bar.

je­den­falls ha­ben ste­ve jobs’ prä­sen­ta­ti­on dazu ge­führt, dass ich mir die­se ver­an­stal­tun­gen re­gel­mäs­sig (wie die sen­dung it der maus) an­schaue. mal in der hoff­nung neu­es zu er­fah­ren, mal um un­ter­hal­ten zu wer­den, mal in der hoff­nung et­was über das hand­werks­zeug zu ler­nen, wie man be­gehr­lich­kei­ten weckt, wie man ein pu­bli­kum fes­selt (im wahrs­ten sin­ne des wor­tes), wie man er­in­ne­run­gen pro­du­ziert. seit ges­tern habe ich die lust dar­an ver­lo­ren, mir die­se ver­an­stal­tun­gen an­zu­se­hen. app­les pro­dukt­vor­stel­lun­gen ha­ben sich seit jobs tod im­mer wie­der ge­wan­delt, die prä­sen­ta­ti­ons­las­ten wur­den auf meh­re­re schul­tern ver­teilt, die er­zähl­struk­tu­ren wur­den ge­strafft und zur pan­de­mie wech­sel­te man von ei­nem live-for­mat auf ein durch­cho­reo­grap­fier­tes vor-auf­ge­zeich­ntes for­mat. das war teil­wei­se im­mer noch fas­zi­nie­rend an­zu­se­hen, vor al­lem we­gen der im­mer aus­ge­feil­te­ren tech­ni­schen per­fek­ti­on, dem of­fen­sicht­li­chen wil­len auch hu­mor ein­zu­streu­en und der nach wie vor (ge­le­gent­lich) vor­han­de­nen über­ra­schungs­mo­men­ten.

ges­tern hab ich ich wohl eine über­do­sis be­kom­men. die prä­sen­ta­ti­on war so steif, so vor­her­seh­bar, hu­mor­be­freit und voll­ge­stopft mit su­per­la­ti­ven und ad­jek­ti­ven, dass ich mich zu tode lang­weil­te und bei­na­he ekel­te, als hät­te ich mich über­fres­sen.

am vor­tag der ap­ple prä­sen­ta­ti­on ver­link­te john gru­ber ein pro­dukt­vor­stel­lungs­vi­deo von dys­on. das vi­deo ist vor alem im kon­trast zur ap­ple ver­an­stal­tung be­mer­kens­wert. ob­wohl ich noch nie in mei­nem le­ben ein dys­on pro­dukt ge­kauft habe und das wohl auch nie tun wer­de, hat die prä­sen­ta­ti­on ei­nen völ­lig an­de­ren vibe und doch den glei­chen ef­fekt wie die ap­ple pro­dukt­vor­stel­lun­gen. der schwer­punkt der prä­sen­ta­ti­on ist die funk­ti­on, su­per­lat­ve und ad­jek­ti­ve wer­den durch dys­ons ver­meint­li­che zer­streut­heit und eu­pho­rie auf­ge­lo­ckert. am ende er­reicht dys­on das glei­che ziel wie die ap­ple-prä­sen­ta­tio­nen: man denkt da­nach, die pro­duk­te die man eben ge­se­hen hat schei­nen et­was ganz be­son­de­res zu sein, man merkt sich und macht sich die eben ge­hör­ten tal­king-points zu ei­gen und trägt sie im bes­ten fall wei­ter.

ne­ben all den ner­vi­gen, steif vor­ge­tra­ge­nen ad­jek­tiv-la­wi­nen und su­per­la­ti­ven, war das er­schüt­terns­te an der ap­ple prä­sen­ta­ti­on wohl, dass die stei­fe mar­ke­ting-spra­che aus al­len prä­sen­tie­ren­den das le­ben, die in­di­vi­dua­li­tät eli­mi­nier­te. die auf­tre­ten­den fi­gu­ren wur­den aus­tausch­bar und ro­bo­to­es­que. ich dach­te ap­ple hat­te sich mal der di­ver­si­tät und an­ders­ar­tig­keit ver­schrie­ben? jetzt scheint im ap­ple-mar­ke­ting nur noch glät­te und per­fek­ti­on zu zäh­len. höchs­te zeit, dass ap­ple mal wie­der rich­tig scheis­se baut — oder prä­sen­tiert.