bun­des­tags­pro­to­kol­le ge­fälscht?

felix schwenzel

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vor ein paar ta­gen habe ich mir den stream der ta­ges­schau um 5 an­ge­guckt und das was an­ge­la mer­kel im bun­des­tag nach der kanz­ler­re­de sag­te wort­wört­lich mit­ge­schrie­ben:

wenn sie die­ser mei­nung ehr­lich sind, dann wer­den sie deutsch­land in den un­ter­gang füh­ren, das sage ich ih­nen ganz schwarz auf weiss.

so hat sie es ge­sagt (okok, sie hat es mit gross­bucht­sta­ben ge­sagt), was je­der im stream nach ca. 8 mi­nu­ten nach­prü­fen kann. im bun­des­tags­pro­to­koll (pdf) steht es an­ders:

Wenn Sie ehr­lich die­ser Mei­nung sind, dann wer­den Sie Deutsch­land in den Un­ter­gang füh­ren. Das gebe ich Ih­nen schwarz auf weiß. (Bei­fall bei der CDU/CSU und der FDP — La­chen bei der SPD)

das ist falsch! in der schu­le habe ich ge­lernt, dass die pro­to­kol­lan­ten je­des wort das im bun­des­tag ge­sagt wird mit­pro­to­kol­lie­ren, so wie es ge­sagt wur­de. of­fen­bar kann man sich noch nicht­mal mehr auf die bun­des­tags­pro­to­kol­le ver­las­sen. wit­zig, ge­nau die­ser aus­schnitt wur­de ein paar stun­den spä­ter auch von ha­rald schmidt ge­sen­det.

mal im ernst, da sol­len die me­di­en am ver­trau­ens­ver­lust der po­li­tik schuld sein, wenn man sich noch nicht­ein­mal auf die de­tails ver­las­sen kann? uwe fühlt sich schon wie in nord­ko­rea.

[ich stel­le mir ge­ra­de vor ich hiel­te im bun­des­tag eine rede: „al­les wich­ser hier, arsch­lö­cher, fau­len­zer, raff­kes, 0raf­fer! ich bin echt müde.“ und im pro­to­koll stün­de: „mir ge­fällt es hier nicht son­der­lich, ich wer­de jetzt ins ho­tel fah­ren.“]

nach­trag 22.03: of­fen­bar ist das kor­ri­gie­ren der re­de­pro­to­kol­le gän­gi­ge pra­xis. nun sei es drum, ich habs nicht ge­wusst und wun­de­re mich trotz­dem. vie­len dank an den tier­pfle­ger für den hin­weis auf die bun­des­tags-ste­no­gra­phen-sei­ten:

[…] Die Tur­nusste­no­gra­phen ar­bei­ten ihre Mit­schrif­ten aus und über­ge­ben sie dem Re­vi­sor. Nach ein­ein­vier­tel Stun­den ge­hen sie zu ih­rer nächs­ten Schicht ins Ple­num. Die Re­vi­so­ren über­prü­fen die Ma­nu­skrip­te, sor­gen für ein­heit­li­che Schreib­wei­sen, fet­ten prä­gnan­te Be­grif­fe und klä­ren even­tu­ell of­fe­ne Fra­gen. An­schlie­ßend ha­ben die Red­ner zwei Stun­den lang Ge­le­gen­heit, das Ma­nu­skript zu kor­ri­gie­ren. In­halt­li­che Än­de­run­gen kön­nen die Red­ner und Red­ne­rin­nen al­ler­dings nicht mehr vor­neh­men, nur noch sti­lis­ti­sche. Auf Über­ein­stim­mung mit der Ge­schäfts­ord­nung und in­halt­li­che und sprach­li­che Schlüs­sig­keit über­prüft der Re­vi­sor das Ma­nu­skript, be­vor es in die End­re­dak­ti­on geht. Nach drei­ein­halb Stun­den ge­hen die Re­vi­so­ren zu­rück ins Ple­num.