spd par­tei­tags­log

felix schwenzel

12:06h:
hier nä­hert sich die ver­an­stal­tung lang­sam ih­rem hö­he­punkt: das mit­tag­essen im pres­se­zen­trum wird vor­be­rei­tet. im ple­num wird wei­ter­hin über kli­ma­wan­del, öko­lo­gie, en­er­gie­wen­de und die ab­gren­zung zu den grü­nen ge­re­det. wenn über so­zia­le ge­rech­tig­keit ge­re­det wird, wird auch die in be­zie­hung ge­setzt zur öko­lo­gie. fas­zi­nie­rend. hat die spd sol­che angst vor wei­te­ren stim­men­ver­lus­ten, dass sie nicht nur mit wil­dem po­pu­lis­mus (alg-ver­bes­se­run­gen, min­dest­lohn) im re­vier der lin­ken wil­dert, son­dern auch den grü­nen wäh­ler ab­zu­sau­gen ver­sucht? ich wer­de aus die­ser par­tei nicht schlau.

12:11h:
noch kei­ne blog­ger ge­se­hen. na gut. ei­nen. vom fo­cus. hans jo­chen vo­gel hat sehr vol­les, pas­tell-weis­ses haar. das es­sen riecht sehr gut.

12:49h:
das mit­tag­essen war sehr le­cker. möh­ren­ge­mü­se mit kass­ler-wür­feln.

da­nach muss­te ich lei­der auf die toi­let­te. solch ei­nen in­fer­na­li­schen ge­stank wie eben auf der toi­let­te habe ich zu­letzt wäh­rend des zi­vil­diens­tes wahr­ge­nom­men. dar­an sieht man, die SPD hat of­fen­bar sehr vie­le, sehr alte mit­glie­der. ok. ich gebe zu, die jour­na­lis­ten sind auch eher alt.

12:53h:
aka-aki stürzt nach 5 mi­nu­ten mit java-ex­cep­ti­ons ab. ent­we­der zu vie­le han­dys oder was weiss ich. son kack.

13:04h:
kann sein dass ich mich gleich auf den weg zur pack­sta­ti­on ma­che. os x 10.5 zu in­stal­lie­ren find ich dann doch ir­gend­wie in­ter­es­san­ter als mir an­trä­ge und ge­gen­an­trä­ge, än­de­rungs­an­trä­ge und emp­feh­lun­gen der an­trags­kom­mi­si­on rein­zu­zie­hen.

13:59h:
neu­es the­ma: ver­kehr. also bahn­re­form und so. olaf scholz mo­de­riert das und nach­dem wolf­gang tie­fen­see, der ver­kehrs­mi­nis­ter, ge­ra­de eine vier­tel­stun­de re­de­te („wir wol­len eine wei­che stel­len!“, „wir müs­sen fra­gen zur mo­bi­li­tät des 21 jahr­hun­derts klä­ren!“, „… öko­lo­gie, in­dus­trie­po­li­tik und gute ar­beit …“) lie­gen 32 an­trä­ge auf re­de­bei­trä­ge zu die­sem the­ma vor. das sieht nach ei­nem sehr lan­gem tag und — hat­te die CDU doch recht — nach rich­tungs­streit aus. die SPD über­zieht hef­ti­ger als tho­mas gott­schalk. jetzt um 14 uhr ist man dort, sag­te olaf scholz eben, wo man um 11:15 uhr sein woll­te. schon knapp drei stun­den über­zo­gen. ich glaub ich geh mal zur pack­sta­ti­on und schau phoe­nix.

14:12h:
eben auf spon ge­le­sen, dass die de­le­gier­ten hier eben be­schlos­sen ha­ben auf deut­schen au­to­bah­nen tem­po 130 ein­zu­füh­ren. das hab ich eben nach dem es­sen am ran­de mit­be­kom­men und fra­ge mich ob das in der po­li­tik schon im­mer so ge­we­sen ist: vor­ne, in der öf­fent­lich­keit kas­per­le­kram in­sze­nie­ren, ab­sur­de be­schlüs­se fas­sen die nie­mand um­set­zen will und wird. die po­li­tik die dann um­ge­setzt wird, wird im hin­ter­zim­mer, in klei­ner run­de aus­kas­pert. klar, mei­nungs­bil­dung ist und muss ein kom­ple­xer pro­zess sein, al­les soll­te sorg­fäl­tig über­legt und dis­ku­tiert wer­den. das ein­zi­ge pro­blem scheint mir nach wie vor das mit der glaub­wür­dig­keit zu sein. das mit der glaub­wür­dig­keit scheint mir ein ech­tes pro­blem zu sein. mir ist das al­les zu in­sze­niert hier. über­all wird man mit sym­bo­lik über­gos­sen:

  • beck hat das ja­cket aus­ge­zo­gen und die är­mel hoch­ge­krem­pelt. sym­bo­li­siert dy­na­mik und tat­kräf­tig­keit. das hat gui­do wes­ter­wel­le auch im­mer so ge­macht.
  • „lie­be ge­nos­si­nen und ge­nos­sen“ soll kum­pel­haf­tig­keit und gleich­be­rech­ti­gung sym­bo­li­sie­ren. das wirkt aber lei­der ge­wollt und un­fass­bar ver­krampft. so wie wenn je­mand be­haup­tet „ich beiss mir ger­ne auf die zun­ge“
  • alle du­zen sich. das sym­bo­li­siert gleich­heit und fla­che hier­ar­chien. das wird al­ler­dings durch al­pha­männ­chen-ver­hal­ten und dress­codes voll kom­pen­siert. SPD-mit­glie­der du­zen sich ver­bal, non­ver­bal hard­core-sie­zen sie sich.

14:26h:
mir ist ein­ge­fal­len wie man SPD-par­tei­ta­ge künf­tig be­schleu­ni­gen könn­te: ein­fach statt „ge­nos­si­nen und ge­nos­sen“ in je­den zwei­ten, drit­ten satz ein­zu­bau­en, ein­fach „leu­de“ sa­gen. oder ir­gend­was ein­sil­bi­ges.

14:35h:
pe­ter con­ra­di fand ich im­mer schon glaub­wür­dig. und find ich im­mer noch. er stellt sich ein­fach aufs po­di­um und fängt an an den weg des SPD-vor­stands und der re­gie­rung bei der bahn­re­form an­zu­zwei­feln. er ist ge­gen al­les ge­gen die pri­va­ti­sie­rung, ge­gen das vor­zugs­ak­ti­en­mo­del. mit ein­fa­chen, kla­ren, ru­hi­gen wor­ten: „die men­schen sind nicht an ei­nem glo­bal play­er deut­sche bahn in­ter­es­siert. die wol­len von kötz­schen­bro­da nach din­gens­kir­chen kom­men.“ („din­gens­kir­chen“ von mir)

be­son­ders auf­fäl­lig: con­ra­di spart sich bis auf „lie­be ge­nos­si­nen und ge­nos­sen“ die flach­rhe­to­rik und flos­keln der an­de­ren spre­cher. mich hat con­ra­di über­zeugt. ich glau­be die de­le­gier­ten auch. hihi.

14:46h:
ge­werk­schaf­tern kann ich nicht zu­hö­ren. das ge­re­de von ge­werk­schaf­tern ist noch flos­kel­haf­ter als das von SPD-Vor­ständ­lern. frü­her dach­te ich das liegt an der mie­sen qua­li­tät der ge­werk­schafts-me­ga­fo­nen. ist es aber nicht, ist auch un­er­träg­lich mit ner 1a-sound­an­la­ge. echt.

14:50h:
vor mir sitzt ein jour­na­list mit ei­nem s45. al­ter schwe­de. das ist zwar erst sechs jah­re alt, aber der typ wirkt da­mit wie aus dem letz­ten jahr­hun­dert. sei­ne fri­sur üb­ri­gens auch.

14:54h:
vor dem mc­ca­fe ist eine 15 me­ter lan­ge schlan­ge. of­fen­bar der ein­zi­ge ort hier im CCH an dem es kaf­fee gibt der nicht aus der fil­ter­ma­schi­ne kommt. oder die ver­schen­ken die brü­he. gleich mal gu­cken.

15:21h:
kurt beck hat sich eben in die de­bat­te um die bahn­re­form ein­ge­schal­tet, um ver­trau­en ge­be­ten, zwi­schen­ru­fer schroff zu­recht­ge­wie­sen, noch­mal um ver­trau­en ge­be­ten und noch­mal um ver­trau­en ge­be­ten. haupt­ar­gu­ment da­für war, dass die­ser par­tei­tag ja un­heim­lich har­mo­nisch und ver­trau­ens­voll sei. nach der kur­zen vor­trag von beck würg­te scholz die wei­te­re de­bat­te bzw. 20 re­de­bei­trä­ge ab, weil beck ja schliess­lich um ver­trau­en bat und beck auch eine än­de­rung am an­trag vor­schlug. die jour­na­lis­ten ne­ben mir fei­xen. kommt mir ein biss­chen wie bei bos­ton le­gal vor. je al­pha­männ­chen des­to be­schluss. fas­zi­nie­rend.

15:36h:
ix geh mal zur pack­sta­ti­on. mein schä­del brummt.