staun, til­lack und jof­fe über wiki­leaks

felix schwenzel

ich fand den ar­ti­kel über wiki­leaks von ha­rald staun in der FAS nicht doof, auch wenn der ar­ti­kel stauns in sei­ner zot­te­lig­keit in­tel­lek­tu­el­len ab­ge­ho­ben­heit und ar­ro­ganz bei­na­he pro­to­ty­pisch da­für ist, wie ty­pen wie staun vor al­lem für ty­pen wie staun schrei­ben. trotz­dem. weil ich mir ein­bil­de­te, fast alle fremd­wor­te die staun in sei­nen text ein­streu­te ver­stan­den zu ha­ben, fand ich den ar­ti­kel le­sens­wert. viel­leicht auch nur des­halb.

aber es ste­cken ein paar be­den­kens­wer­te ge­dan­ken im text. ei­ner da­von:

Und des­halb be­deu­tet Wiki­leaks ge­ra­de nicht, wie vie­le das be­fürch­ten, das Ende al­ler Ge­heim­nis­se. Wis­sen ist nicht das Ge­gen­teil des Ge­hei­men, es ist sei­ne Be­din­gung. Nir­gend­wo zeigt sich das bes­ser als am Bei­spiel er­folg­rei­cher Hacks: Die Of­fen­le­gung ei­ner Si­cher­heits­lü­cke be­deu­tet im­mer auch ihre Schlie­ßung. „Mit je­dem Hack“, schreibt Pias, „ver­schwin­det eine Mög­lich­keit zu ha­cken.“

hans-mar­tin til­lack meint, dass auch blö­de ge­dan­ken im ar­ti­kel ste­cken:

Und nein, lie­ber Me­di­en­re­dak­teur der „Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Sonn­tags­zei­tung“, beim Re­cher­che­jour­na­lis­mus geht es kei­nes­wegs dar­um, wie Sie mei­nen, dass eine In­for­ma­ti­on „des­to re­le­van­ter“ sei, „je kon­spi­ra­ti­ver“ der Weg war, über den sie zum Re­por­ter kam. Für kon­spi­ra­ti­ve Re­cher­che­me­tho­den gibt kein Chef­re­dak­teur die Sei­ten frei – son­dern nur für Ge­schich­ten, die den Le­ser wirk­lich in­ter­es­sie­ren könn­ten oder aus un­se­rer Sicht müss­ten.

noch wit­zi­ger fand ich al­ler­dings, wie til­lack sich über jo­sef jof­fe lus­tig macht (na­tür­lich nennt er we­der staun, noch jof­fe beim na­men — war­um ei­gent­lich?):

Und ich fin­de es er­staun­lich, wie vie­le schlech­te Ver­lie­rer es im deut­schen Jour­na­lis­mus gibt. Nicht we­ni­ge Kol­le­gen spie­len die Be­deu­tung der Pa­pie­re her­un­ter und spre­chen von Ent­hül­lun­gen, die wir an­geb­lich nicht brauch­ten, weil sie nur „mit mä­ßi­gem Nähr­wert“ aus­ge­stat­tet sei­en.

Dass sol­ches in ei­ner Wo­chen­zei­tung mit be­son­ders gro­ßem Pa­pier­for­mat zu le­sen ist, über­rascht da­bei we­ni­ger. Dort hat­te man bei man­chen – nicht al­len! – Au­toren im­mer schon den Ver­dacht, dass sie viel lie­ber di­plo­ma­ti­sche De­pe­schen für mäch­ti­ge Mi­nis­ter schrei­ben wür­den, als ganz un­of­fi­zi­el­le Ar­ti­kel für den Le­ser­plebs.

jof­fe gibt sich in der tat so staats­tra­gend, dass ich bei­na­he mit­leid für ihn emp­fin­de, dass er mit sei­nen viel­sei­ti­gen ein­sich­ten und wis­sen bei ei­ner po­pe­li­gen zei­tung ar­bei­ten muss, statt im staats­dienst. jof­fe meint tat­säch­lich, dass die vier­te ge­walt im staa­te, die pres­se, über­flüs­sig sei, weil es da­für par­la­men­te und ge­rich­te gäbe, also den rechts­staat:

Wiki­leaks ver­öf­fent­licht er­neut ge­hei­me Do­ku­men­te. Sol­len die das dür­fen?

Wenn De­mo­kra­tien kei­ne Ge­heim­nis­se mehr ha­ben kön­nen, geht der Vor­teil an die Des­po­ten. WmdW kennt kei­ne Do­ku­men­te, die Wiki­leaks je aus Nord­ko­rea, Ara­bi­en, Iran, Russ­land, Chi­na etc. ver­öf­fent­licht hät­te. Wiki­leaks lebt von den Frei­hei­ten, wel­che die li­be­ra­le De­mo­kra­tie ge­währt. Just die­sen Staat will der Ver­ein in sei­ner Hoch­mut schwä­chen. In dem Sin­ne ist das kri­mi­nell. Wir nen­nen es „Hoch­ver­rat“, den alle Län­der mit den höchs­ten Stra­fen be­le­gen. WmdW wünscht sich kei­nen Ein-Mann-Rä­cher, der nach ei­ge­nem Ge­schmack ent­schei­det, was zu ver­öf­fent­li­chen sei. Da­für ha­ben wir Par­la­men­te und Ge­rich­te, also den Rechts­staat.

klar. nixon, strauss, flick — die sind alle über par­la­men­te und ge­rich­te ge­stol­pert. wer braucht schon whist­le­b­lower oder jour­na­lis­ten, wenn es par­la­men­te und ge­rich­te gibt. ein lu­pen­rei­ner de­mo­krat und jour­na­list, der herr jof­fe.