aus­fall wir­res.net am 04.07.2011

felix schwenzel

ir­gend­wann heu­te früh muss die fest­plat­te des ser­vers auf dem wir­res.net läuft aus­ge­fal­len sein. wir­res.net war dann heu­te bis ca. 18 uhr den gan­zen tag off­line.

nicht erst durch den aus­fall habe ich be­merkt, dass wir­res.net mitt­ler­wei­le so­was wie ein teil von mir ge­wor­den ist und dass ich mich, wenn die­ser teil nicht funk­tio­niert, fast ein biss­chen krank füh­le. oder dass ich mich zu­min­dest so füh­le, als ob ich selbst nicht mehr rich­tig funk­tio­nie­re. wenn twit­ter oder face­book mal aus­fal­len, kom­me ich gut da­mit zu­recht, bei mei­ner ei­ge­nen web­site plagt mich das schon ei­nen ti­cken mehr.

ei­ner­seits ist die­se site mei­ne hei­mat. in den fast 10 jah­ren in de­nen die­se web­site exis­tert sind un­zäh­li­ge an­de­re hei­ma­ten ein­fach ver­schwun­den oder ein­ge­schla­fen, geo­ci­ties, AOL, my­space — alle weg oder ein­ge­schla­fen. auf ei­ner ei­ge­nen do­main kann mir (fast) nie­mand sei­ne AGB um die oh­ren schla­gen und sich eine neue busi­ness-stra­te­gie über­le­gen und dich ein­fach so ver­trei­ben oder auf­hö­ren den müll weg­zu­brin­gen.

oder an­ders ge­sagt, tex­te ins in­ter­net zu schrei­ben fühlt sich nur auf der ei­ge­nen web­site rich­tig an. tex­te auf platt­for­men an­de­rer zu schrei­ben, kann sei­ne vor­tei­le ha­ben, vor al­lem um sie in ei­nen kon­text zu stel­len. bei qype konn­te ich tex­te über orte ver­fas­sen und — zu­min­dest in der ver­gan­gen­heit — si­cher­ge­hen, dass sie von leu­ten die nach die­sen or­ten such­ten ge­fun­den wur­den. aber die­se tex­te konn­ten und wur­den ei­nem frem­den ko­dex un­ter­wor­fen, wenn ich mich im ton ver­griff, konn­ten sie ein­fach so von ir­gend­wei­nem dienst­ha­ben­den com­mu­ni­ty-ma­na­ger ge­löscht wer­den. und: auf frem­den plat­for­men schrei­ben, dient meis­ten frem­den ge­schäfts­mo­del­len, die nicht un­be­dingt mit den ei­ge­nen in­ter­es­sen über­ein­stim­men müs­sen — im ge­gen­teil.

ich habe ger­ne al­les was ich so von mir gebe un­ter mei­ner kon­trol­le. auch in dem sin­ne, wie cem bas­man es ein biss­chen pa­the­tisch aus­drück­te:

Re­mem­ber, you have to have a home base in the gre­at plains of the web. So­me­whe­re, whe­re your fri­ends and fa­mi­ly, fel­lows and fol­lo­wers can find and stay con­nec­ted to you.

eine ei­ge­ne web­site kann zur hei­mat wer­den, zu ei­nem zu­hau­se, wenn man sie hegt und pflegt und von fremd­be­stimmt­heit mög­lichst fern­hält. und sie kann von an­de­ren als eben die­ses heim er­kannt wer­den. ja, man­che ge­dan­ken, die mir zu kurz, zu we­nig durch­dacht oder zu tri­vi­al er­schei­nen pos­te ich auf twit­ter odr face­book und schrei­be sie nicht (mehr) auf wir­res.net. trotz­dem si­che­re ich mei­ne twit­ter-er­güs­se re­gel­mäs­sig auf mei­nen rech­ner. ja, auf face­book und goog­le+ fin­det man mich auch, aber ich bin (und füh­le mich) dort zu gast. so wie frü­her, als mei­ne el­tern kei­nen fern­se­her hat­ten und ich die se­sam­stras­se bei den nach­barn se­hen muss­te konn­te. das ist OK, so­lan­ge es klar ist, dass es pro­vi­so­risch ist, dass man vor­tei­le auf zeit ge­niest, bis man, zum bei­spiel, selbst ei­nen fern­se­her hat. heut­zu­ta­ge kann ich mir nichts schö­ne­res vor­stel­len als die sen­dung mit der maus zu­hau­se im ei­ge­nen bett zu se­hen. nichts ge­gen fern­se­hen bei den nach­barn, aber zu­hau­se, im ei­ge­nen bett oder auf der eig­nen couch ist es doch am schöns­ten.

oder au­tos. nichts ge­gen ei­nen schi­cken miet­wa­gen den man sich, ge­nau dann wenn man ihn braucht, mie­tet. aber so ein wohn­mo­bil, dass man sich zur zwei­ten hei­mat ein­rich­tet, per­so­na­li­siert, auf die ei­ge­nen be­dürf­nis­se zu­schnei­det, de­ko­riert, aus­baut, dass hat auch was.

ben_ be­zeich­net das als pro­jekt „heim­weh“: das ei­ge­ne zu­hau­se im web bau­en. so­li­de, selbst ge­baut, bzw. aus­ge­baut und mit mög­lichst we­nig ab­hän­gig­kei­ten. am ende mag man vor „ei­nem müh­sam hand­ge­schnitz­ten ba­ro­cken Kunst­werk zu ste­hen“, aber es das ei­ge­ne — und es macht freu­de es zu be­trach­ten. nicht weil es be­son­ders schön ist, son­dern weils meins ist.