„schnell, unbürokratisch und leistungsstark“ — demnächst vielleicht

felix schwenzel

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ende juni, also vor knapp ei­nem mo­nat, stol­per­te ich über die­sen ar­ti­kel des VDZ vom 22. ja­nu­ar 2013: „Ver­tei­di­ge dei­ne Pres­se!

dar­in stand un­ter an­de­rem die­ser be­mer­kens­wer­te satz:

Das LSR wird schnell, un­bü­ro­kra­tisch und leis­tungs­stark von den Ver­la­gen um­ge­setzt wer­den und letzt­end­lich zu mehr Kon­kur­renz und In­no­va­ti­on im Be­reich der Su­che und Ag­gre­ga­ti­on füh­ren.

ei­nen mo­nat vor dem in­kraft­tre­ten in­ter­es­sier­te mich was da­mit wohl ge­meint sein könn­te und frag­te den press­kon­takt des VDZ mit be­zug auf den ar­ti­kel vom ja­nu­ar fol­gen­des:

an­fang au­gust tritt das LSR in kraft. wis­sen sie wel­che ver­la­ge ihre an­ge­bo­te be­reits an das LSR an­ge­passt ha­ben, bzw. wel­che ver­la­ge das LSR be­reits „um­ge­setzt“ ha­ben?

was be­deu­tet „schnel­le, un­bü­ro­kra­ti­sche und leis­tungs­star­ke“ um­set­zung des LSR in der pra­xis?

falls sich an­fang au­gust noch nichts än­dert, wann rech­nen sie mit sicht­ba­ren, fühl­ba­ren oder in­no­va­ti­ven än­de­run­gen bei deut­schen ver­lags­an­ge­bo­ten - oder auf der an­de­ren sei­te, im be­reich der su­che und der ag­gre­ga­ti­on?

drei tage spä­ter ver­sprach mir der press­kon­takt des VDZ, dass man sich dazu am nächs­ten tag bei mir mel­den wür­de. wei­te­re drei tage spä­ter frag­te ich nach, wann ich mit ei­ner ant­wort rech­nen kön­ne. der press­kon­takt des VDZ ant­wor­te­te ei­nen tag spä­ter, dass er nun lei­der im ur­laub sei, mei­ne an­fra­ge aber an ei­nen kol­le­gen wei­ter­ge­lei­tet habe.

vor­ges­tern schrieb ich bei­den, dem press­kon­takt und sei­nem ver­tre­ter, dass ich mir jetzt so un­ge­fähr vor­stel­len könn­te, was der VDZ un­ter ei­ner „schnel­len, un­bü­ro­kra­ti­schen und leis­tungs­star­ken" um­set­zung in der pra­xis ver­steht, dass ich mich aber trotz­dem über eine ant­wort auf mei­ne fra­gen freu­en wür­de.


mor­gen tritt das leis­tungs­schutz­recht in kraft, nach­dem es der VDZ-prä­si­dent hu­bert bur­da vor ziem­lich ge­nau vier jah­ren erst­mals öf­fent­lich lan­ciert hat. da­mals be­zeich­ne­te ich die for­de­rung nach ei­nem leis­tungs­schutz­recht als „bi­got­te pfrün­den­kei­le­rei“ und wun­der­te mich über die ab­sur­di­tät der ver­le­ger-for­de­rung nach ei­nem leis­tungs­schutz­recht:

wie ab­surd die­se for­de­rung ist, er­kennt man wenn man goog­le mit ei­nem ki­osk ver­gleicht. in ei­nem ki­osk lie­gen hun­der­te zei­tun­gen und zeit­schrif­ten aus („un­se­re teu­er er­stell­ten In­hal­te“). das ki­osk macht die­se in­hal­te zu­gäng­lich und ver­kauft die me­di­en­er­zeug­nis­se. die ver­le­ger ge­ste­hen dem ki­osk so­gar zu, ei­nen teil des er­lö­ses zu be­hal­ten. wenn ein ki­osk nun ein be­son­ders lu­kra­ti­ves ge­schäfts­mo­dell ge­fun­den hat, zum bei­spiel in­dem ne­ben den ver­lags­er­zeug­nis­sen auch lot­to-schei­ne, kaf­fee, be­leg­te bröt­chen oder selbst­ge­mach­tes pes­to ver­kauft wer­den, soll­ten die ver­le­ger dann auch an die­sen er­lö­sen be­tei­ligt wer­den? schliess­lich sind es doch die „teu­er er­stell­ten In­hal­te“ die die men­schen­mas­sen in das ki­osk trei­ben. oder?

jetzt wun­de­re ich mich aber umso mehr, dass die ver­le­ger­ver­bän­de und die ver­le­ger auch nach vier jah­ren vor­be­rei­tungs­zeit so un­vor­be­rei­tet vom leis­tungs­schutz­recht ge­trof­fen wur­den, dass sie ihre ma­xi­mal­for­de­run­gen noch für ein paar mo­na­te oder jah­re auf eis le­gen und „vor­erst“ auf an­sprü­che ver­zich­ten und sich wei­ter­hin un­ent­geld­lich bei goog­le news auf­lis­ten las­sen — oder wie hu­bert bur­da das da­mals nann­te, sie las­sen sich wei­ter „schlei­chend ent­eig­nen“.

aber an­kün­di­gun­gen bei­sei­te, mich wür­de wirk­lich in­ter­es­sie­ren, wie sich die ver­le­ger die um­set­zung vor­stel­len und wie sie glau­ben, dass die­se um­set­zung zu mehr kon­ku­renz und in­no­va­ti­on im be­reich su­che und ag­gre­ga­ti­on füh­ren könn­te. viel­leicht kann da mal je­mand fra­gen, den die press­kon­tak­te beim VDZ ernst neh­men.


riv­va hat jetzt sei­ne snip­pets ab­ge­schnit­ten. was ich nicht wirk­lich schlimm fin­de. snip­pets wer­den über­be­wer­tet, so­wohl von den ver­le­gern, als auch von den leis­tungs­schutz­geg­nern. riv­va funk­tio­niert seit je­her auch ohne snip­pets: sie­he @riv­va. und er­freu­lich scheint mir auch, dass frank west­phal an­kün­digt, dass es ein „neu­es riv­va“ ge­ben wird, das den schnipp­sel­ver­lust, so hofft er, zu kom­pen­sie­ren wis­se. so hat das LSR also in ge­wis­sem sin­ne be­reits zu in­no­va­ti­on ge­führt.

ich wie­der­ho­le es ja schon seit vie­len, vie­len jah­ren: ich glau­be dass ein­schrän­kun­gen, schran­ken, vor­schrif­ten die phan­ta­sie be­fü­geln. al­ler­dings meis­tens nicht in dem sin­ne, in dem sich die vä­ter und müt­ter der vor­schrif­ten und schran­ken das vor­stel­len. die aka­de­mie der küns­te am pa­ri­ser platz ist eine glas­pa­last ge­wor­den, ob­wohl die stadt­pla­ner hun­der­te vor­schrif­ten for­mu­liert hat­ten, die stein­fas­sa­den mit fens­ter­öff­nun­gen er­zwin­gen soll­ten. gün­ter beh­nisch sag­te da­mals zu et­was ganz an­de­rem: „das war die kunst: un­ter gros­sen zwän­gen et­was un­ge­zwun­ge­nes zu bau­en.“ (ix vor vier jah­ren über das glei­che the­ma)

die ein­schrän­kun­gen auf 140 zei­chen oder 6 se­kun­den bei twit­ter oder vine be­flü­geln die krea­ti­vi­tät und kom­mu­ni­ka­ti­on von mil­lio­nen men­schen in zu­vor un­vor­stell­ba­rem aus­mass. bän­de­wei­se steu­er­vor­schrif­ten hal­ten un­ter­neh­men wie ap­ple, ama­zon oder star­bucks nicht da­von ab, mi­k­ri­ge bis kei­ne steu­er­sätz­chen in den län­dern in de­nen sie ak­tiv sind zu zah­len.

vor­schrif­ten krea­tiv zu um­ge­hen oder zu um­tän­zeln ist der men­schen liebs­tes hob­by. und das lieb­lings­ziel von CEOs. das mit dem leis­tungs­schutz­recht wird noch für eine men­ge un­hal­tung sor­gen.