disclaim, das lass lieber sein

felix schwenzel

man kann nicht aus­schlies­sen, dass wor­te bei ge­nü­gend druck ir­gend­wann mal ihre be­deu­tung än­dern. das pas­siert mit spra­che ja stän­dig. so be­deu­te­te blöd vor gar nicht all­zu lan­ger zeit mal schüch­tern. mit am­peln be­zeich­ne­te man mal klei­ne fla­schen.

weil deutsch­spra­chi­ge au­toren (auch) lie­ber kur­ze wor­te be­nut­zen, schrei­ben vie­le, wenn sie auf mög­li­che in­ter­es­sens­kon­flik­te oder ver­bin­dun­gen hin­wei­sen wol­len, statt ei­ner „of­fen­le­gung“ ei­nen „dis­clai­mer“ un­ter ihre tex­te. das pro­blem ist al­ler­dings, dass dis­clai­mer haf­tungs­aus­schluss (oder ver­zichts­er­klä­rung) be­deu­tet. woll­te man eine of­fen­le­gung verd­eng­li­schen, müss­te man dis­clo­sure schrei­ben.

zu­letzt ist mir das bei ei­nem text von frank schmie­chen auf­ge­fal­len, der mal „stellv. Chef­re­dak­teur“ von di­ver­sen sprin­ger-blätt­chen war und jetzt „Chef­re­dak­teur“ von gruen­der­sze­ne.de ist. un­ter sei­nem text schreibt er:

Disclaimer: Axel Springer ist Gesellschafter der Vertical Media GmbH, dem Medienhaus von Gründerszene. Weitere Informationen zur Vertical Media GmbH hier: www.vmpublishing.com.

na­tür­lich ist es erst­mal lo­bens­wert, dass es sich auch bei deutsch­spra­chi­gen jour­na­lis­ten durch­setzt, auf mög­li­che in­ter­es­sens­kon­flik­te hin­zu­wei­sen. aber wenn noch nicht mal ein aus­ge­bil­de­ter jour­na­list in der lage ist, für eine of­fen­le­gung das kor­rek­te wort zu fin­den und ein­fach eins wählt das sich rich­tig an­hört und das an­de­re auch be­nut­zen, wer dann?

ich hab ja nichts ge­gen schlam­pig­keit oder deng­lisch in der spra­che, das kann sehr er­hel­lend und un­ter­halt­sam sein. ich bin auch ein gros­ser freund von wort-neu­schöp­fun­gen, vom zu­sam­men­set­zen und der re­kom­bi­na­ti­on von wör­tern, egal ob das re­gel­kon­form ab­läuft oder nicht. spra­che lebt und muss stän­dig neu ge­schöpft wer­den, von mir aus kann auch je­der der blog sa­gen. aber die ge­dan­ken­lo­se nut­zung von flos­keln, die be­nut­zung von wör­tern, die alle an­de­ren be­nut­zen, ohne auch nur ei­nen mo­ment über sie nach­zu­den­ken, das nervt. es ist na­tür­lich nach­voll­zieh­bar, dass auch deutsch­spra­chi­ge au­toren ihr mau­en tex­te hin und wie­der mit et­was an­g­lo-ame­ri­ka­ni­schem news­room-flair ver­se­hen wol­len und dann blind in die ihre deng­lisch­kis­te grei­fen.

fremd­wör­ter zu be­nutz­ten, um sei­ne ei­ge­ne be­le­sen­heit oder fremd­wort­kennt­nis zu de­mons­trie­ren, ist schon bei kor­rek­ter fremd­wort­nut­zung eher pein­lich. be­son­ders pein­lich wird’s aber, wenn man dann auch noch das fal­sche fremd­wort be­nutzt. des­halb emp­feh­le ich, im zwei­fel ein­fach bei der deut­schen be­zeich­nung zu blei­ben, vor al­lem wenn das ei­ge­ne eng­lisch mi­se­ra­bel ist.


ser­vice­teil: lis­te mit be­grif­fen zur ein­lei­tung ei­ner of­fen­le­gung, ohne dis­clai­mer zu nut­zen:

  • offenlegung: …
  • hinweis: …
  • disclosure: …
  • btw: …
  • übrigens: …
  • eingeständnis: …
  • erklärung: …
  • darlegung: …
  • hinweis auf mögliche interessenskonflikte: …

an­de­rer­seits; scheiss drauf. viel­leicht soll­ten ge­ra­de ehe­mail­ge oder im­mer noch an­ge­stell­te sprin­ger-mit­ar­bei­ter, ihre un­kennt­nis of­fen­le­gen und ihre mög­li­chen in­ter­es­sens­kon­flik­te mit dem wort dis­clai­mer ein­lei­ten. alle an­de­ren, sie­he oben.

frank schmie­chen könn­te dann auch gleich drei flie­gen mit ei­ner klap­pe schla­gen: un­kennt­nis de­mons­trie­ren, un­pas­sen­de an­gli­zis­men nut­zen und sich schön kurz fas­sen:

Disclaimer: Springer owns us.


[nach­trag 07.09.2015]

@diplix Wir schreiben jetzt "Hinweis" statt "Disclaimer". Viel besser. Thanks again.

Frank Schmiechen (@gruenderkompakt07.09.2015 10:09

ist zwar im text noch nicht um­ge­setzt (stand 12:08), aber das wird dann be­stimmt noch.