ist pro­sti­tu­ti­on in deut­schen zei­tun­gen mitt­ler­wei­le le­gal?

felix schwenzel

ich kau­fe ja sonn­tags ganz ger­ne mal die frank­fur­ter all­ge­mei­ne sonn­tags zei­tung. ich gehe dann ei­ner mei­ner un­ge­sun­den nei­gun­gen nach und früh­stü­cke 1-2 stun­den in ei­nem fast-food-re­stau­rant, zei­tungs­le­send. ei­ner­seits wun­de­re ich mich dann sonn­tags manch­mal, war­um ge­ra­de eine zei­tung aus dem rechts­las­ti­gen ver­lag der frank­fur­ter all­ge­mei­nen zei­tung nach mei­nem emp­fin­den den spie­gel, den stern oder die zeit qua­li­ta­tiv so weit über­ragt und selbst die po­li­ti­schen the­men eher nach in­hal­ten und hin­ter­grün­den ab­klopft als auf ge­sin­nung oder stim­mungs­ma­che-po­ten­zi­al. ein gu­tes, un­auf­ge­reg­tes blatt, das ich ger­ne lese.

bis auf den au­to­teil. klar nor­ma­ler­wei­se wan­dert der un­ge­blät­tert und -ge­le­sen zu­sam­men mit den spei­se­ab­fäl­len und fet­ti­gen um­ver­pa­ckun­gen in den müll. aber heu­te blieb ich an ein paar bil­dern ei­nes hüb­schen au­tos hän­gen. der ar­ti­kel von wolf­gang pe­ters war fol­gen­der­mas­sen über­schrie­ben:

Aus Lie­be zur Sehn­sucht, die man nicht kann­te
Der Traum vom ei­ge­nen Sport­wa­gen wur­de Wirk­lich­keit. Nach dem Wies­mann Roads­ter kommt der ge­schlos­se­ne GT. Wir ha­ben die Ma­nu­fak­tur in Dül­men be­sucht.

un­er­träg­li­che pa­the­ti­sche scheis­se tropft schon aus den ers­ten 30 wor­ten. lus­tig die bil­der; sieht so dül­men aus?

nein, das ist na­tür­lich nicht dül­men. denn ob­wohl der au­tor wolf­gang pe­ters stän­dig be­haup­tet „wir ha­ben be­sucht“, „wir sind schon drin“ scheint er kei­nen fo­to­gra­fen mit­ge­nom­men zu ha­ben. das er­kennt man dar­an, dass die bil­der zwar aus dül­men sind aber of­fen­bar von der fir­ma „wiss­mann“ zur ver­fü­gung ge­stellt wur­den. kei­ne ah­nung ob wolf­gang pe­ters ade­li­gen ge­schlechts ist und ger­ne den plu­ra­lis ma­je­s­ta­tis be­nutzt oder ob sich das „wir“ auf eine stän­di­ge be­glei­tung aus ei­ner pr-agen­tur be­zog. der text in der fas er­weckt näm­lich den ein­druck frisch aus ei­nem wies­mann-ka­ta­log oder aus der fe­der ei­ner un­be­gab­ten pr-tan­te (oder on­kels) ent­sprun­gen: „er bil­det ge­füh­le“, „pfer­de und rehe“, „kei­nen auf­wand ge­scheut“, „ma­nu­fak­tur“, „die ag­gre­ga­te sidn kei­ne schma­len hand­tü­cher“, „ei­nen wies­mann GT fährt nie­mand zu­fäl­lig“, „der rü­cken ei­nes ath­le­ten“, „die schu­he ei­nes tie­res“, „mus­cle-car“.

argh, was für eine scheis­se, man kann wirk­lich nur hof­fen, dass der au­tor von der pr-fir­ma der fir­ma wies­mann für die­sen pein­li­chen lie­bes­dienst fürst­lich den popo ge­pu­dert be­kom­men hat und di­ver­se prall ge­füll­te prä­sent­kör­be in der re­dak­ti­on ge­lan­det sind.

war­um ich mich so auf­re­ge? ich rege mich doch gar nicht auf, aber es geht halt auch an­ders, ges­tern zum bei­spiel im ta­ges­spie­gel. da schrieb da­vid en­si­kat we­nigs­tens wit­zig über den „neu­en Maz­da MX-5“, den er we­ni­ge tage zu­vor noch et­was zu­rück­hal­ten­der „ein Ca­brio­let“ ei­nes „ja­pa­ni­scher Au­to­kon­zerns“ nann­te. dass maz­da ihn für ei­nen tag nach por­tu­gal „ein­ge­la­den“ hat­te wur­de in dem auto-„test“ zwar nicht mehr er­wähnt, aber we­nigs­tens macht er sich in dem ar­ti­kel or­dent­lich lus­tig über das auto und den im­mer­noch wach­sen­den ps-wahn, an­statt, wie wol­fa­gang pe­ters ein­fach nur den wies­mann-end­armaus­puff von in­nen zu po­lie­ren.

jetzt schrei­en mit­le­sen­den jour­na­lis­ten und alle pr- und pres­se-fuz­zis die ge­ra­de vom jo­net­tag zu­rück­kom­men: „aber das ist doch alt­be­kannt, dass die au­to­sei­ten in zei­tun­gen ge­kauft sind!“ da fra­ge ix: ist pro­sti­tu­ti­on in deut­schen zei­tun­gen wirk­lich mitt­ler­wei­le le­gal?