bo­do holt lys­sa aus dem ab­ge­fah­re­nen zug

felix schwenzel

ich kann mich nicht ent­sin­nen wann ich das letz­te mal in ei­nem raum war mit neun oder zehn par­al­lel lau­fen­den ge­sprä­chen war und es je­mand ge­schafft hat, den raum al­lein mit sei­nem her­ein­kom­men zum schwei­gen zu brin­gen. bodo hom­bach kann das. bodo hom­bach be­herrscht noch ei­nen an­de­ren trick, er kann ganz lang­sam spre­chen und doch 4 mal mehr in­for­ma­ti­on in 20 se­kun­den rü­ber­brin­gen als er­fah­re­ne schnell­spre­cher. er kann auch auf­ste­hen und ein­fach an­fan­gen zu spre­chen und da­bei die zu­hö­rer am ein­ni­cken hin­dern in­dem er blick­kon­takt mit je­dem ein­zel­nen auf­baut. so wie ich den lie­ben lan­gen tag vor nem bild­schirm sit­ze, re­det bodo hom­bach den lie­ben lan­gen tag. was er sagt ist nicht dumm, im ge­gen­teil, er re­det glaub­haft vom wich­tigs­ten ka­pi­tal der zei­tun­gen, der glaub­wür­dig­keit, er re­det von mo­der­ni­sie­rung und an­pas­sung, von der angst der po­li­ti­ker da­vor, dass „es her­aus­kom­men kön­ne“ und von aldi-an­zei­gen (aldi ist ei­ner der bes­ten und re­gel­mäs­sigs­ten kun­den von ta­ges­zei­tun­gen) und von um­fra­gen in de­nen 85 pro­zent al­ler be­frag­ten an­ga­ben, aldi sei so bil­lig, weil sie kei­ne wer­bung mach­ten. scha­de, dass er im­mer das glei­che er­zählt. die­ses in­ter­view von pe­ter turi mit bodo hom­bach (in­ter­view ist wei­ter un­ten) vom ja­nu­ar die­ses jah­res liest sich fast wie die ab­schrift von bodo hom­bachs klei­ner rede ges­tern in es­sen.

wo war ich? ach­so, in es­sen, lys­sa hat­te ge­la­den, weil sie ei­nen ver­trag als chef­re­dak­teu­rin für on­line-an­ge­le­genhhei­ten un­ter ih­rem deck­na­men ka­the­ri­na bor­chert bei der waz un­ter­schrie­ben hat und über das was sie nun vor­hat mit ein paar an­de­ren re­den woll­te. so stell­te sie, nach­dem hom­bach ge­re­det hat­te, ihr kon­zept (ar­beits­ti­tel west­li­ve, west­dings oder west­eins, nicht: pott­cast) vor. da­nach droh­te sie, soll­te sich kei­ne dis­kus­si­on ent­wi­ckeln oder kei­ne fra­gen ge­stellt wer­den, mit „fie­sen ein­zel­be­fra­gun­gen“. was aber nicht nö­tig war, die dis­kus­si­on en­de­te erst meh­re­re stun­den spä­ter, als ich für ma­rio six­tus und mich je ein bier be­stell­te.

die dis­kus­si­on ha­ben alex­an­der sven­son, hei­ko he­big, jan schmidt, tho­mas knü­wer und ma­rio six­tus [nach­trag: und mat­thi­as kret­schmer und ni­co­le si­mon] be­reits bes­tens zu­sam­men­ge­fasst. mir bleibt nur zu er­gän­zen, dass ich zwar we­der von zei­tun­gen, noch von zei­tungs­ma­chen, von kon­zern­in­ter­nen macht­spiel­chen und macht­po­li­tik, per­so­nal­um­schich­tun­gen und re­dak­ti­ons­schlies­sun­gen kei­ne ah­nung habe, im ge­gen­teil, ein klei­nes nai­ves dumm­chen in die­sen din­gen bin, das den wor­ten von aus­ge­fuchs­ten me­di­en­fuz­zis ein­fach glau­ben schenkt und sie für bare mün­ze nimmt. und die­se wor­te, so­wohl die von hom­bach, als auch die von ul­rich reitz, ei­nem der vier chef­re­dak­teu­re un­ter dem waz-dach (der üb­ri­gens aus­sieht wie der klei­ne bru­der von beck­mann), klan­gen nach vol­ler und ernst­haf­ter un­ter­stüt­zung für lys­sas künf­ti­ge ar­beit.

lys­sas auf­ga­be wür­de mich zum bett­näs­ser ma­chen, müss­te ich sie an­pa­cken: die on­line-ak­ti­vi­tä­ten von (acht, zwölf, zwan­zig?) ver­schie­de­nen ta­ges­zei­tun­gen bün­deln, aus ehe­ma­li­gen print-jour­na­lis­ten on­line-re­dak­teu­re und blog­ger ma­chen und das al­les so zu ge­stal­ten, dass sich die le­ser­schaft rege und web­zwo­nul­lig an dem an­ge­bot be­tei­ligt (com­mu­ni­ty, doo!). da­für schnei­den sich die an­de­ren vier chef­re­dak­teu­re frei­wil­lig bud­get und per­so­nal aus ih­ren haus­hal­ten, nach­dem sie von bodo hom­bach or­dent­lich auf li­nie ge­fal­tet wur­den mit bodo hom­bach ge­mein­sam bei ein paar fla­schen rot­wein zu­sam­men­sas­sen.

ma­rio sagt: hom­bach ver­steht, eben­so wie hu­bert bur­da, zwar nicht al­les was da so im web los ist, aber er hat den schuss ge­hört. viel­leicht ist der spä­te start, das jah­re­lan­ge ver­ba­seln al­ler on­line-ak­ti­vi­tä­ten auch ein start­vor­teil, viel­leicht kann man als spät­star­ter nä­her an der zu­kunft sein, vor al­lem wenn hom­bach sein nicht un­er­heb­li­ches ge­wicht mit ein­bringt und lys­sa nicht nur ei­nen an­stän­di­gen ver­trag an­bie­tet, sei­ne durch­wahl gibt, son­dern auch sei­ne vol­le un­ter­stüt­zung ver­spricht und de­mons­triert.

hom­bach hat üb­ri­ges mein klei­nes un­glaub­wür­di­ges und mit ver­kos­tung käuf­li­ches herz er­obert, als er auf lys­sas be­mer­kung, zei­tun­gen wer­de es so­lan­ge ge­ben wie es leu­te gibt die auf dem klo zei­tung le­sen, lei­se vor sich hin­mur­mel­te: „mei­ne gross­mutter hat mit zei­tun­gen auf dem klo noch ganz an­de­re sa­chen ge­macht.“ ma­ri­os herz hat er, glau­be ich, mit der be­mer­kung er­obert, dass die frau bor­chert die kar­tof­fel­plätz­chen be­stimmt nicht es­sen wür­de, weil die zu koh­len­hy­drat­hal­tig sei­en, sie sei ja so ein jog­ging-typ. ich glau­be auch, dass ma­rio das ex­klu­siv blog­gen woll­te, aber die chan­ce hat er nu ver­passt, zu­mal ich in­ves­ti­ga­tiv un­ter­wegs war: lys­sa hat die din­ger tat­säch­lich nicht ge­ges­sen, weil sie ihr zu schlabb­rig wa­ren.

noch ein paar rand­no­ti­zen:

  • lys­sa frag­te was denn eine fai­re ent­lo­hung für blog­ger sei. eine kla­re ant­wort konn­te kei­ner der an­we­sen­den lie­fern. klar ist aber, dass lys­sa nach ei­nem fai­ren mo­del sucht und über die­ses the­ma eine ernst­haf­te dis­kus­si­on an­strebt.
  • der ar­ti­kel von chris­ti­an mei­er in der welt am sonn­tag (sie­he auch pott­blog) in dem lys­sas neu­er job erst­mals aus­po­saunt wur­de war kei­en­s­falls von lys­sa oder der waz lan­ciert, im ge­gen­teil, er war das er­geb­niss ei­nes in­for­ma­ti­ons­lecks.
  • lys­sa bne­haup­te­te auch wei­ter­hin blog­gen zu wol­len, auch wenn ich glau­be, dass sie künf­tig noch nicht­ein­mal schla­fen wird.
  • hom­bach schafft es in zwan­zig mi­nu­ten re­de­zeit ann­ek­do­ten aus 15 sei­ne ehe­ma­li­gen jobs un­ter­zu­brin­gen.
  • lys­sa mag kei­ne power­point prä­sen­ta­tio­nen.
  • bodo hom­bach hat „BH“ auf sei­nem hemd ein­ge­stickt.