par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen

felix schwenzel

als ha­rald staun da­mals schrob

Es wäre an der Zeit, dass sich im lan­gen Schwanz der deut­schen Blogs auch Par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen jen­seits von All­tag und Tech­nik ein­nis­ten; dass sich ein paar Blog­ger fin­den, die sich nicht nur an Koch­re­zep­ten und You­tube ab­ar­bei­ten, son­dern an ab­sei­ti­gen The­men wie dem Kli­ma­wan­del, dem Thea­ter, der SPD oder der deut­schen Au­ßen­po­li­tik.

sind, wie bei fast al­len die über die­sen ar­ti­kel et­was schro­ben, mei­ne iro­nie-sen­so­ren nicht an­ge­sprun­gen. staun hat auf der jour­na­lis­ten­schu­le of­fen­bar nicht auf­ge­passt, denn dort lernt man dass an­geb­lich nie­mand iro­nie ver­steht. blog­ger erst recht nicht, füge ich mal dem lehr­buch hin­zu.

noch pro­ble­ma­ti­scher wirds, wenn der witz der hin­ter der iro­ni­schen be­mer­kung steht, grot­ten­schlecht ist. par­ti­ku­lar­in­ter­es­se „kli­ma­wan­del“. HAHA! WIE WIT­ZIG!

ich könn­te, wie es so mei­ne art ist, auch mal ganz ernst auf staun ant­wor­ten. zum bei­spiel mit ei­nem hin­weis auf das such­wort „kli­ma­wan­del“ oder mit ei­nem hin­weis auf ein blog dass sich aus­schliess­lich der spd und an­de­ren mie­sen ma­chen­schaf­ten wid­met. aber ich lass das, zu­mal das schon er­le­digt wur­de.

ich schreib trotz­dem was zum kli­ma­wan­del. als ich den staun las, fiel mir näm­lich mal wie­der was aus mei­nem all­tag ein. mei­nem all­tag als kind. ich er­in­ne­re mich noch ganz gut wie ich als kind mit ei­nem der ers­ten te­le­spie­le, pong, bei freun­den spiel­te. te­le­spie­le und heim­com­pu­ter wa­ren für kin­der da­mals eine gute ge­le­gen­heit sich zu­gang zu ei­nem fern­se­her zu ver­schaf­fen. als un­se­re el­tern uns also spie­lend wähn­ten, de­ak­ti­vier­ten wir das pong und glot­zen fern. stun­den­lang. ein­mal lief im fern­se­hen ir­gend­ei­ne wis­sen­schafts­sen­dung. es muss um das jahr 1980 ge­we­sen sein (das pong also schon et­was äl­ter) und in der wis­sen­schafts­en­dung wur­de der treib­haus­ef­fekt er­klärt und die be­fürch­tung ei­ni­ger wis­sen­schaft­ler ge­äus­sert, dass durch die­sen treib­haus­ef­fekt und den vom men­schen ver­ur­sach­ten aus­stoss von CO2 ein kli­ma­wan­del ein­tre­ten könn­te. ich kannn mich auch noch gut an eine aus­ga­be von „the li­mits of growth“ vom club of rome er­in­nern die im wohn­zim­mer mei­ner el­tern stand. ich hab da als 12-jäh­ri­ger mal drin ge­blät­tert. jetzt könn­te ich mich hin­stel­len und fra­gen, was tut ihr denn so, lie­be po­li­ti­ker, lie­be jour­na­lis­ten, lie­be agen­da-setz­ter, als ob das al­les neu sei, mit dem kli­ma­wan­del, treib­haus­ef­fekt, der erd­er­wär­mung? war­um macht ihr das erst nach 20, 30 jah­ren dar­aus ti­tels­to­ries?

könn­te ich. mach ich aber ge­nau­so­we­nig, wie ich ha­rald staun den um­gang mit dem in­ter­net er­klä­re. denn eins habe ich in den letz­ten 5 jah­ren ge­lernt: den er­klär­ba­ren ma­chen mag ich nicht. es ist müh­sam al­les er­klä­ren zu wol­len und auch meist ver­geb­lich.

in den acht­zi­ger jah­ren hin­ge­gen hab ich ge­lernt: in all­ge­mei­ne, weit­ver­brei­te­te hys­te­rien ein­zu­stim­men scha­det dem wohl­be­fin­den.

ich er­in­ne­re mich noch gut, nur mal so als bei­spiel, dass die frie­dens­be­we­gung an mir vor al­lem eins er­reicht hat: mich in pa­nik zu ver­set­zen. in pa­nik, dass in je­dem mo­ment der gan­ze pla­net in die luft flie­gen könn­te. das moch­te in den acht­zi­ger jah­ren so­gar ge­stimmt ha­ben, aber viel­leicht war die angst da­vor stär­ker als das wirk­li­che ri­si­ko. was auch im­mer, ich war mit­te der acht­zi­ger jah­re so hys­te­ri­siert, dass ich mit wild klop­fen­dem her­zen mit der welt ab­schloss, mich in­ner­lich von al­lem was ich lieb hat­te ver­ab­schie­de­te weil ich am ho­ri­zont wild fla­ckern­des wet­ter­leuch­ten sah und dach­te jetzt sei es so weit, der drit­te welt­krieg sei da, hin­ter dem ho­ri­zont ex­plo­dier­ten 99 luft­bal­lons und tau­send ra­ke­ten. ich war be­reit zu ster­ben — und über­leb­te.

auch die so ge­nann­te „okö­be­we­gung“ ver­setz­te mich in pa­nik. ich sah vor dem in­ne­ren auge wäl­der ster­ben, flüs­se ver­lan­den, alle tier­ar­ten aus­ser rat­ten aus­ster­ben. vor lau­ter welt­un­ter­gangs-pa­nik konn­te ich nur noch mit dem in­ne­ren auge eine ka­put­te um­welt se­hen, was die äus­se­ren au­gen sa­hen war zweit­ran­gig, die pa­nik über­wog.

als dann in den neun­zi­gern al­les ein biss­chen bes­ser wur­de, kaum noch je­mand von ster­ben­den wäl­dern, sau­rem re­gen, mas­sen-ster­ben der ar­ten sprach, als die rus­sen und so­gar kohl und schmidt von ab­rüs­tung statt nach­rüst­gung spra­chen, als also al­les ein biss­chen bes­ser wur­de, be­schloss ich mich nicht mehr so schnell in pa­nik ver­set­zen zu las­sen. viel­leicht war es wich­tig für ei­nen stim­mungs­wan­del da­mals, dass mil­lio­nenn von men­schen in pa­nik ge­rie­ten und angst um frie­den und um­welt hat­ten, aber ich be­schloss, zu­künf­tig den angst­ma­chern küh­ler und di­stan­zier­ter ent­ge­gen­zu­tre­ten.

und viel­leicht ist das in zei­ten in de­nen po­li­tik fast nur noch pa­nik­ma­che und an die wand ge­mal­te be­dro­hun­gen als in­stru­ment ein­setzt auch kei­ne schlech­te ent­schei­dung. zu­min­dest für mein wohl­be­fin­den.

über­haupt. kri­ti­sche di­stanz hat ei­gent­lich noch nie ge­scha­det. nichts wird so heiss ge­ges­sen wie es ge­kocht wird, vor al­lem in zei­ten in de­nen man kalt ko­chen kann.