hy­bris­ver­la­ge

felix schwenzel

die­ser ar­ti­kel von pe­ter gla­ser ist ein au­gen­öff­ner. ein au­gen­öff­ner da­für, dass die deut­schen (und wahr­schein­lich auch alle an­de­ren) zei­tungs­ver­la­ge on­line bis­her so ei­ni­ger­mas­sen al­les ver­geigt ha­ben was zu ver­gei­gen ist.

das kon­zept be­zahl­ter in­hal­te war kein irr­weg, es war von an­fang an dumm. es war dumm zu glau­ben, dass le­ser mas­sen­haft für in­hal­te, für nach­rich­ten be­zah­len wür­den. es war vor al­lem auch von an­fang an ver­lo­gen zu be­haup­ten, für „qua­li­täts­jour­na­lis­mus“ müs­se der le­ser eben zah­len. die wäh­rung mit der zei­tungs­ver­le­ger schon im­mer kal­ku­lier­ten ist auf­merk­sam­keit. die auf­la­ge ei­ner (pa­pier-) zei­tung misst nicht die ein­nah­men aus dem ver­kauf, son­dern die reich­wei­te, die auf­merk­sam­keit die ihr die le­ser schen­ken. die­se auf­merk­sam­keit lässt sich wie­der­um mit wer­be­ein­nah­men ver­gol­den. auch wenn es in deutsch­land bis jetzt kaum gra­tis-zei­tun­gen gibt, wa­ren zei­tun­gen ge­nau be­trach­tet schon im­mer kos­ten­los. zei­tun­gen und zeit­schrif­ten lie­gen in ca­fés aus, beim fri­seur, im flug­zeug, sie wer­den in le­se­zir­keln in um­lauf ge­bracht, selbst in der dunk­len zeit ohne in­ter­net, la­gen bei mir zu­hau­se stets meh­re­re zei­tun­gen und zeit­schrif­ten auf dem kü­chen­tisch aus, die ich kos­ten­los le­sen konn­te. aber zei­tun­gen wur­den doch auch im­mer ver­kauft? ja­nee. die kos­ten eine zei­tung zu dru­cken und zu ver­trei­ben über­stei­gen den ver­kaufs­preis bei wei­tem. pa­pier, druck und ver­trieb ei­ner zei­tung die für 80 cent ver­kauft wird, dür­fe den ver­lag so um die zwei euro fünf­zig kos­ten. und bei abos zählt nicht der abo­preis, son­dern die bin­dung der abon­nen­ten die wie­der­um in wer­be­er­lö­se um­zu­set­zen ist.

zei­tun­gen und zeit­schrif­ten fi­nan­zie­ren sich schon im­mer aus den wer­be­ein­nah­men.

aber die ver­le­ger mein­ten sie sei­en pfif­fig ge­nug und könn­ten mal eben im in­ter­net ein neu­es ge­schäfts­mo­dell kre­ieren; sich über den ver­kauf re­fi­nan­zie­ren, statt über wer­bung. die­ses mo­dell ist kom­plett in die hose ge­gan­gen, zei­tun­gen ver­lo­ren auf­merk­sam­keit, re­le­vanz, be­deu­tung und le­ser weil die sich ihre in­for­ma­tio­nen (wei­ter­hin) dort hol­ten wo sie kos­ten­los oder leicht zu­gäng­lich la­gen und lie­gen.

die ver­le­ger wur­den, wäh­rend sie sich in ih­rer hy­bris sonn­ten, rechts und links über­holt. goog­le per­fek­tio­nier­te das tra­di­tio­nel­le re­fi­nan­zie­rungs­mo­dell der ver­le­ger und schaff­te es (frem­de) in­hal­te mit wer­bung zu ver­gol­den. selbst die gute alte cash­cow klein­an­zei­gen wird mitt­ler­wei­le von an­de­ren als den ver­le­gern ge­mol­ken. zwi­schen­zeit­lich „ebay“, jetzt „craigs­list“, „ama­zon mar­ket­place“ und tau­send an­de­re web­sites öff­nen märk­te, die die klein­an­zei­gen­tei­le der zei­tun­gen sehr alt, sehr un­prak­tisch und sehr teu­er aus­se­hen las­sen.

und was ma­chen die ver­le­ger? statt end­lich die po­ten­zia­le zu er­ken­nen und zu nut­zen jam­mern und kla­gen sie, lü­gen sich in die ta­schen und quä­len uns mit blö­den sprü­chen dar­über, dass qua­li­tät nur auf pa­pier ent­ste­hen kann.

es ist die auf­merk­sam­keit um die es geht, nicht das me­di­um.