pro­ble­me die wir oh­ne wasch­ma­schi­nen nicht hät­ten

felix schwenzel

wolf­gang stie­ler ver­sucht auf pe­ter gla­sers text „In was für ei­ner di­gi­ta­len Ge­sell­schaft wol­len wir le­ben?“ zu ant­wor­ten. stie­ler er­hofft sich „Im Fo­rum“ sei­nes ar­ti­kels „eine rege Dis­kus­si­on, so dass wir im Ide­al­fall zu ei­ner neu­en, mög­li­cher­wei­se ganz an­de­ren, kol­lek­ti­ven Ant­wort auf die Fra­ge kom­men: In was für ei­ner di­gi­ta­len Ge­sell­schaft wol­len wir le­ben?“ drei kom­men­ta­re in vier ta­gen spre­chen für die sprit­zig­keit und ori­gi­na­li­tät sei­ner an­mer­kun­gen. viel­leicht auch ein biss­chen für die un­les­bar­keit sei­ner the­sen, denn statt ei­nes an­ge­mes­se­nen „block­quo­tes“ setzt er gla­sers text in den fliess­text und sei­ne an­mer­kun­gen kur­siv da­drun­ter. auf dem mo­bi­len ope­ra ist das kom­plett un­les­bar. ist aber auch egal. oder auch gut. ich habe so gla­sers text noch­mal kri­ti­scher ge­le­sen, weil ich im­mer ra­ten muss­ten, wel­che the­se nun von gla­ser und wel­che von stie­ler ist. bei­spiel:

Das Tei­len mit tech­no­lo­gi­scher Hil­fe führt nicht nur zur Ver­meh­rung von Ideen, son­dern auch zur Ver­meh­rung von Pro­ble­men. Com­pu­ter hel­fen uns da­bei, Din­ge schnel­ler zu er­le­di­gen, die wir ohne Com­pu­ter gar nicht hät­ten er­le­di­gen müs­sen, das wuss­te Mar­shall McLuhan schon in den sech­zi­ger Jah­ren... Im üb­ri­gen ist die Ver­meh­rung von Pro­ble­men nicht un­be­dingt ein Man­ko. Von Egon Frie­dell stammt der Satz „Kul­tur ist Reich­tum an Pro­ble­men“. Da­von ha­ben wir heu­te reich­lich.

wä­ren die­sen sät­ze von stie­ler, hät­te ich ihm wi­der­spro­chen, gla­ser möch­te ich nur er­gän­zen:

denn die art der pro­ble­me die wir nun ha­ben (und die wir ohne com­pu­ter gar nicht hät­ten) un­ter­schei­den sich qua­li­ta­tiv und quan­ti­ta­tiv gar nicht so sehr von de­nen die wir vor­her hat­ten. oder an­ders ge­sagt, tech­no­lo­gie löst vie­le pro­ble­me, lässt aber auch vie­le of­fen und schafft ei­ni­ge neue. nur nei­gen wir dazu, die pro­ble­me die wir noch vor ein paar ge­ne­ra­tio­nen hat­ten aus un­se­rer heu­ti­gen, ge­sät­tig­ten per­spek­ti­ve zu ver­ges­sen oder zu ver­drän­gen. noch vor ein paar ge­ne­ra­tio­nen ha­ben uns raub­tie­re nicht in den zoo ge­trie­ben, son­dern in le­bens­ge­fahr ge­bracht, ha­ben kei­me, bak­te­ri­en und vi­ren mil­lio­nen von men­schen um­ge­bracht oder ver­stüm­melt und die fra­ge „kohl“ oder „kar­tof­feln“ war kei­ne die man sich an der ge­mü­se­the­ke ge­stellt hat, son­dern im an­ge­sicht des hun­gers.

na­tür­lich hat die er­fin­dung des pe­ni­cil­lin nicht alle krank­hei­ten ver­schwin­den las­sen, na­tür­lich ha­ben we­der das in­ter­net, wi­ki­pe­dia, das blog­dings oder der on­line-jour­na­lis­mus dumm­heit, igno­ranz und des­in­for­ma­ti­on ver­schwin­den las­sen — aber auch nicht ver­ur­sacht. na­tür­lich sind seit knut aus eis­bä­ren kei­ne ku­schel­tie­re ge­wor­den, wie man­che zu glau­ben schei­nen. we­der dün­ger, noch traktoen ha­ben den hun­ger ganz aus der welt ge­schafft.

na­tür­lich kön­nen wasch­ma­schi­nen, com­pu­ter oder trak­to­ren ka­putt­ge­hen, er­for­dern war­tung, kraft­stoff, strom, be­die­nungs­kom­pe­tenz und ste­ti­ge wei­ter­ent­wick­lung um nutz­brin­gend zu sein, aber war das le­ben ohne sie wirk­lich bes­ser oder un­pro­ble­ma­ti­scher? na­tür­lich nicht. und des­halb sind pro­ble­me, pe­ter gla­ser und faul­heit wich­tig.