hu­bert bur­da will lie­ber neh­men als ge­ben

felix schwenzel

hu­bert bur­da hat in sei­ner ei­gen­schaft als VDZ-prä­si­dent eine rede ge­hal­ten und meint die zeit­schrif­ten- und zei­tungs­ver­le­ger wür­den „schlei­chend ent­eig­net“.

det­lef bor­cherts fasst es auf hei­se.de fol­gen­der­mas­sen zu­sam­men: „Ver­le­ger for­dern Schutz vor und Geld von Such­ma­schi­nen.“

ich wür­de das was hu­bert bur­da sagt eher als höchst bi­zar­re und vor al­lem bi­got­te pfrün­den­kei­le­rei be­zeich­nen. hu­bert bur­da for­dert:

Such­ma­schi­nen, aber auch Pro­vi­der und an­de­re An­bie­ter pro­fi­tie­ren über­pro­por­tio­nal von un­se­ren teu­er er­stell­ten In­hal­ten. Doch wer die Leis­tung an­de­rer kom­mer­zi­ell nutzt, muss da­für be­zah­len.

da stellt sich na­tür­lich die fra­ge, zahlt fo­cus für ein­ge­bet­te­te you­tube vi­de­os? und an wen? zahlt bur­da für be­nut­zer­ge­ne­rier­te in­hal­te, kom­men­ta­re, fo­tos und vi­de­os?

bei live.fo­cus.de kann je­der­mann fo­tos und vi­de­os hoch­la­den. die fo­tos und vi­de­os wer­den dann von fo­cus in wer­bung ein­ge­bet­tet ge­zeigt. zahlt bur­da für die kom­mer­zi­el­le nut­zung der krea­ti­ven leis­tung der nut­zer? in den AGBs von to­mor­row-fo­cus steht:

Mit dem Hoch­la­den von Fo­tos, Vi­de­os oder Tex­ten räumt der Nut­zer der TO­MOR­ROW FO­CUS Por­tal GmbHun­ent­gelt­lichdas Recht ein, die Ma­te­ria­li­en zeit­lich un­be­grenzt zu spei­chern, öf­fent­lich zu­gäng­lich zu ma­chen, zum Down­load an­zu­bie­ten und in On­line- und Print­me­di­en zur Be­wer­bung des An­ge­bots zu nut­zen.

[in den AGBs fin­det man auch ein dep­pen­apo­stroph: „6.4 Die AGB’s zur Nut­zung von SHOP­SHOP fin­den Sie hier.“]

er­in­nert mich an den gu­ten al­ten lehr­satz von kom­mu­nis­ti­schen ka­dern: „alle sind gleich, aber ei­ni­ge sind glei­cher“ (und sol­len da­für auch mehr geld und pri­vi­le­gi­en be­kom­men). die pro­le­ten brau­chen kein geld zu be­kom­men wenn sie so doof sind ihre auf­wän­dig er­stell­ten in­hal­te kos­ten­los ins netz stel­len, die ed­len ver­le­ger aber, wenn sie ihre „teu­er er­stell­ten“ in­hal­te nicht an­ders als kos­ten­los und mit hil­fe von such­ma­schi­nen an den mann brin­gen kön­nen, sol­len fürst­lich ent­lohnt wer­den. ich fra­ge mich ob hu­bert bur­da bei sei­nem vor­trag rot ge­wor­den ist.

na gut. mal an­ge­nom­men hu­bert bur­da wäre ein an­stän­di­ger kerl und wür­de sei­ne jour­na­lis­ten und con­tent-lie­fe­ran­ten an­stän­dig ent­loh­nen. was ver­dient goog­le denn mit der kom­mer­zi­el­len nut­zung von zei­tungs­in­hal­ten? goog­le-news, über das sich ver­le­ger im­mer be­son­ders ger­ne auf­re­gen ist bis­her noch wer­be­frei. bei der goog­le-su­che selbst, ver­dient goog­le kräf­tig mit ein­ge­bet­te­ten an­zei­gen. das ist selbst­ver­ständ­lich le­gi­tim, denn goog­le bie­tet eine leis­tung die von su­chen­den und ge­fun­de­nen hoch ge­schätzt wird. die­je­ni­gen die su­chen schen­ken den goog­le-er­geb­nis­sen eine hohe auf­merk­sam­keit, weil goog­le gute such­ergeb­nis­se bie­tet. die­se auf­merk­sam­keit ver­wan­delt goog­le über an­zei­gen in geld. die ver­le­ger und an­de­ren con­tent-pro­du­zen­ten schät­zen den traf­fic den goog­le bringt. wenn ich mich recht er­in­ne­re sind das bei­spiels­wei­se beim fo­cus über 50% al­ler be­su­cher. das ist ba­res geld wert, das fo­cus bei­spiels­wei­se auch mit goog­le-an­zei­gen mo­ne­ta­ri­siert. die ver­le­ger in­ves­tie­ren so­gar geld in such­ma­schi­nen-op­ti­mie­rung, um bei goog­le weit oben ge­fun­den zu wer­den.

wo ge­nau ist das pro­blem? es gibt kein pro­bem, die ver­le­ger wol­len ein­fach nur mehr geld.

wie ab­surd die­se for­de­rung ist, er­kennt man wenn man goog­le mit ei­nem ki­osk ver­gleicht. in ei­nem ki­osk lie­gen hun­der­te zei­tun­gen und zeit­schrif­ten aus („un­se­re teu­er er­stell­ten In­hal­te“). das ki­osk macht die­se in­hal­te zu­gäng­lich und ver­kauft die me­di­en­er­zeug­nis­se. die ver­le­ger ge­ste­hen dem ki­osk so­gar zu, ei­nen teil des er­lö­ses zu be­hal­ten. wenn ein ki­osk nun ein be­son­ders lu­kra­ti­ves ge­schäfts­mo­dell ge­fun­den hat, zum bei­spiel in­dem ne­ben den ver­lags­er­zeug­nis­sen auch lot­to-schei­ne, kaf­fee, be­leg­te bröt­chen oder selbst­ge­mach­tes pes­to ver­kauft wer­den, soll­ten die ver­le­ger dann auch an die­sen er­lö­sen be­tei­ligt wer­den? schliess­lich sind es doch die „teu­er er­stell­ten In­hal­te“ die die men­schen­mas­sen in das ki­osk trei­ben. oder?

Dazu zäh­len: das Recht, im Netz von den Such­ma­schi­nen nach ob­jek­ti­ven, nach­voll­zieh­ba­ren Kri­te­ri­en ge­fun­den zu wer­den. Das Recht, an den Er­lö­sen der Such­ma­schi­nen fair und zu über­prüf­ba­ren Kon­di­tio­nen zu par­ti­zi­pie­ren.

war­um also eine „par­ti­zi­pa­ti­on“ an den er­lö­sen der such­ma­schi­nen? war­um sol­len nur die ver­le­ger und nicht die lot­to-ge­sell­schaf­ten, bä­cker, kaf­fee­rös­ter oder ba­si­li­kum-bau­ern von den such­ma­schi­nen ent­lohnt wer­den? jetzt kommt das kil­ler-ar­gu­ment von bur­da: weil es sich bei zei­tun­gen und zeit­schrif­ten um ein „Kul­tur­gut“ han­delt, das „be­wahrt“ wer­den müs­se. wohl­ge­merkt, bur­da meint nicht die kul­tur­schaf­fen­den, die au­toren, die künst­ler, die fo­to­gra­fen, die blog­ger, die kom­men­ta­to­ren, die mu­si­ker, die you­tube-vi­deo-er­stel­ler die ei­nes bo­son­de­ren schut­zes und ei­ner ver­gü­tung be­dür­fen, son­dern es geht hu­bert bur­da um „die Rech­te je­ner“, „die die Wer­ke der Au­toren ver­mit­teln.“

in­ter­es­sant ist, dass bur­da ei­gent­lich ein di­rek­ter kon­kur­rent von goog­le ist. 2001 hat bur­da eine „ein­zig­ar­ti­ge find­ma­schi­ne“ na­mens net­gui­de an­ge­kün­digt, die mei­nes wis­sens eben­so ein­zig­ar­tig und gran­di­os ge­schei­tert ist. und jo­chen we­ge­ner hat ein pro­jekt in der schub­la­de, dass wie goog­le-news funk­tio­nie­ren soll und goog­le-news „at­ta­ckie­ren“ soll. ich habe jo­chen weg­ner ge­fragt, ob bei die­sem dienst eine ver­gü­tung der news-quel­len ge­plant ist. ich er­war­te kei­ne ant­wort, wohl aber, dass bur­da hier, eben­so wie goog­le das an­geb­lich tut, kei­nen pfen­nig für die kom­mer­zi­el­le aus­nut­zung von „teu­er er­stell­ten“ in­hal­ten an­de­rer zah­len wird.

[nach­trag 23:15]
herr ka­li­ban meint zum gei­chen the­ma:

…tja, was for­dert [hu­bert bur­da]? Staats­hil­fen? Nein, ein Ge­setz. Ein hüb­sches klei­nes Ge­setz ex­tra für die Ver­la­ge, da­mit die ih­ren, uh, ver­ant­wor­tungs­vol­len Jour­na­lis­mus (wel­ches sei­ner Ma­ga­zin meint Dr. Bur­da hier: Fo­cus, Bun­te, Frau im Trend? Su­per-Illu?) wei­ter wirt­schaft­lich be­trei­ben kön­nen.

[nach­trag 01.07.2009]
nach­rich­ten.de bie­tet laut jo­chen weg­ner „je­dem“ an, sich ge­gen re­ve­nue-share, also ge­gen be­tei­li­gung an den um­sät­zen, an nach­rich­ten.de zu be­tei­li­gen. im­mer­hin.

[nach­trag 02.07.2009]
anja see­li­ger er­klärt im im per­len­ta­cu­her ein biss­chen ge­nau­er was das „er­wei­ter­te leis­tungs­schutz­recht“ das bur­da for­dert ei­gent­lich be­deu­tet.:

Ein Leis­tungs­schutz­recht für Ver­la­ge be­deu­tet, dass Ver­la­ge künf­tig auch ohne Ein­ver­ständ­nis ih­rer Au­toren - ja so­gar ge­gen den Wil­len ih­rer Au­toren - Zi­ta­te aus Ar­ti­keln in ih­ren Zei­tun­gen schüt­zen und da­mit kos­ten­pflich­tig ma­chen kön­nen. […] Ge­grün­det wer­den soll eine „Ver­wer­tungs­ge­sell­schaft der Ver­la­ge. Eine Gema für On­line­tex­te, die im Netz nach il­le­ga­ler Nut­zung fahn­det - und fäl­li­ge Ge­büh­ren ein­treibt“. Nicht für die Ver­brei­tung gan­zer Tex­te, das ist heu­te schon il­le­gal, son­dern für Zi­ta­te!

das ei­gent­lich er­schre­cken­de ist aber die nähe der gros­sen ver­la­ge zum staat:

Hu­bert Bur­da be­haup­tet, all die­se Maß­nah­men sei­en un­um­gäng­lich, um den „Qua­li­täts­jour­na­lis­mus“ und da­mit die De­mo­kra­tie zu schüt­zen. Aber nicht der „Qua­li­täts­jour­na­lis­mus“ ist wich­tig für die De­mo­kra­tie, son­dern die Exis­tenz ei­ner frei­en Pres­se. Die Pres­se ist aber nur frei, wenn sie von staat­li­chen Ein­flüs­sen un­ab­hän­gig bleibt. Doch ge­nau das leh­nen Zei­tungs­ver­le­ger jetzt ab: Sie ru­fen nach dem Staat.

gan­zen ar­ti­kel im per­len­tau­cher le­sen.