ix im ra­dio bre­men vier

felix schwenzel

ges­tern rief mich da­nie­la sadri vom ra­dio-bre­men sen­der bre­men vier an, um mich um ein in­ter­view heu­te um 11:15 uhr zum the­ma in­ter­net und joa­chim gauck zu bit­ten. freund­li­cher­wei­se hat sie mir die fra­gen, die sie mir heu­te mit­tag stel­len will, vor­ab ge­schickt, so dass ich mir be­reits ein paar ge­dan­ken dazu ma­chen konn­te.


Wie kam eure Gauck-Un­ter­stüt­zungs-Ak­ti­on zu­stan­de?

eure ak­ti­on? es gibt kein „wir“ oder „uns“ oder eine kon­zer­tier­te ak­ti­on. der pro­test im in­ter­net — oder das et­was-gut­fin­den im in­ter­net — ist hoch­gra­dig in­di­vi­du­ell. es gibt ja auch kei­ne ak­tio­nen der mas­sen­me­di­en oder des ra­di­os, son­dern nur ein­zel­ne zei­tun­gen oder re­dak­tio­nen. es mag sein, dass es stim­mun­gen oder un­mut oder hoff­nung, dass sich et­was zum bes­se­ren wen­det, gibt und dass man die als ein­zel­ner oder als re­dak­ti­on auf­greift und wei­ter­trägt. und ge­nau­so ist wohl auch auch die gauck-un­ter­stüt­zung zu­stan­de ge­kom­men.

meh­re­re leu­te ha­ben sich, nach­dem die no­mi­nie­rung von gauck be­kannt wur­de, of­fen­bar spon­tan ge­dacht, dass sie face­book­grup­pen für gauck ein­rich­ten könn­ten. ich habe nach ei­nem ar­ti­kel von det­lef guert­ler, in­dem er zu ei­ner re­nais­sance der mon­tags­de­mons­tra­tio­nen und ei­ner „volks­be­we­gung“ auf­rief, sei­ne idee fas­zi­nie­rend ge­fun­den und dar­über ge­schrie­ben. das wie­der­um könn­te nico lum­ma dazu ver­an­lasst ha­ben, noch am sonn­tag eine un­ter­schrif­ten-sei­te aus dem bo­den zu­stamp­fen. viel­leicht hat mein ar­ti­kel auch ein paar leu­te dazu in­spi­riert ei­ner der face­book-un­ter­stüt­zer­grup­pen bei­zu­tre­ten oder sich selbst ak­tio­nen aus­zu­den­ken.

es gab al­ler­dings auch ei­nen fak­tor, der für eine ge­wis­se grund-mo­bi­li­sie­rung beim the­ma prä­si­den­ten­wahl ge­sorgt hat und das war die tat­sa­che, dass ur­su­la von der ley­en für eine kur­ze wei­le als ka­ni­da­tin im ge­spräch war. für vie­le men­schen (nicht nur) im in­ter­net, ist ur­su­la von der ley­en und wie sie ver­sucht hat miss­brauch­te und miss­han­del­te kin­der für ein un­sin­ni­ges und ge­fähr­li­ches ge­setz zu in­stru­men­ta­li­sie­ren, in ziem­lich schlech­ter er­in­ne­rung. das hat si­cher­lich vie­le für das the­ma prä­si­den­ten­wahl sen­si­bi­li­siert.

War­um un­ter­stützt Ihr Joa­chim Gauck?

ich ver­mu­te dass es vie­len men­schen bit­ter auf­stösst, dass chris­ti­an wulff aus of­fen­bar par­tei­stra­te­gi­schem kal­kül no­mi­niert wur­de — und nicht der ge­eig­ne­tes­te kan­di­dat. ich per­sön­lich hal­te gauck aus un­end­lich vie­len grün­den für ge­eig­ne­ter als wulff. gaucks stär­ken fas­zi­nie­ren ja nicht nur men­schen im in­ter­net, son­dern auch an­ge­la mer­kel. sie lob­te gauck kürz­lich in ei­ner lau­da­tio als ei­nen „her­aus­ra­gen­der Red­ner“, eine „span­nen­de Per­sön­lich­keit“ und ei­nen po­li­ti­schen „Auf­klä­rer und Frei­heits­den­ker“, „Ver­söh­ner und Ein­heits­stif­ter“. mir — und frau mer­kel wahr­schein­lich auch — fal­len sol­che wor­te für chris­ti­an wulff nicht ein. und ver­mut­lich geht das vie­len an­de­ren ge­nau­so.

ich per­sön­lich bin nach wie vor fas­zi­niert von det­lef guert­lers ge­dan­ken ei­ner „volks­be­we­gung“ für gauck — und da­mit letzt­end­lich ge­gen die der­zei­ge re­gie­rung. auch wenn das al­les we­nig aus­sicht auf er­folg hat, mo­ti­vie­rend und hoff­nung-stif­tend ist es al­le­mal.

WIE un­ter­stützt Ihr ihn?

ich bin ein biss­chen lahm­ar­schig in sol­chen sa­chen und ver­fol­ge das in den letz­ten ta­gen gar nicht sooo in­ten­siv. des­halb bin ich da nicht un­be­dingt die ge­eig­ne­tes­te per­son um die­se fra­ge zu be­ant­wor­ten. un­ter an­de­rem des­halb habe ich auch nicht öf­fent­lich zur un­ter­stüt­zung von gauck auf­ge­ru­fen, son­dern in ers­ter li­nie ver­sucht mich selbst zu mo­ti­vie­ren.

so­weit ich das sehe, geht es vor­erst um ver­net­zung, mo­bi­li­sie­rung, in­for­ma­ti­ons­aus­tausch und mitt­ler­wei­le so­gar die or­ga­ni­sa­ti­on von mon­tags­de­mons­tra­tio­nen und ei­nen ak­ti­ons­tag am 17. juni. für die mon­tags­de­mo in ber­lin nächs­te wo­che ha­ben sich auf face­book zwar erst we­ni­ge leu­te an­ge­mel­det, aber da ist si­cher­lich noch ne men­ge luft nach oben drin. in vie­len gros­sen stä­de­ten sind wei­te­re de­mons­tra­tio­nen ge­plant und die face­book­grup­pe, die in we­ni­gen ta­gen fast 30.000 mit­glie­der ge­sam­melt hat, scheint kräf­tig wei­ter un­ter­stüt­zer zu fin­den.

ich glau­be die­ses face­book- und in­ter­net-ge­döns hat das po­ten­zi­al eine gros­se dy­na­mik zu ent­wi­ckeln. mal schau­en. sind ja noch drei wo­chen bis zur wahl.

Da du dich im Netz gut aus­kennst: Gibt es et­was Ent­spre­chen­des auch für Chris­ti­an Wulff?

mag sein, dass ich mich im netz ei­ni­ger­mas­sen aus­ken­ne, aber in sa­chen un­ter­stüt­zung für chris­ti­an wulff kenn ich mich nicht so gut aus. bei face­book gibt es ein paar pro-wulff-grup­pen, aber die gröss­te ist ge­ra­de mal 600 mit­glie­der stark. wenn man das mit den der­zeit 26tau­send un­ter­stüt­zern auf face­book für joa­chim gauck ver­gleicht, kann man, glau­be ich, die stei­le the­se auf­stel­len, dass chris­ti­an wulff im in­ter­net kaum un­ter­stüt­zer fin­det. auf zeit.de habe ich eine lob­hud­de­lei von chris­ti­an wer­wath auf wulff ge­fun­den, aber an­sons­ten ist mir nicht all­zu­viel ak­tio­nis­mus zur wulff-un­ter­stüt­zung über den weg ge­lau­fen. im ge­gen­teil. selbst die sprin­ger-pres­se hält gauck für den ge­eig­ne­te­ren kan­di­da­ten.