mei­nung und mel­dung

felix schwenzel

ta­ges­spie­gel von heu­te, sei­te 2:

Seit fast 100 Jah­ren gab es auf der Ka­ri­bik­in­sel kei­ne Fäl­le von Cho­le­ra mehr. Des­we­gen sind die Hai­tia­ner fest da­von über­zeugt, dass die Krank­heit von au­ßen ein­ge­schleppt wur­de. Ei­ni­ge, wenn auch bei wei­tem nicht alle, ma­chen die UN- Trup­pen da­für ver­ant­wort­lich, die Cho­le­ra ins Land ge­bracht zu ha­ben. Im­mer mehr Hai­tia­ner ge­hen des­halb auf die Stra­ße, ma­chen ih­rem Un­mut Luft.

ta­ges­spie­gel von heu­te, sei­te 6:

Die Ant­wort lie­fer­te jetzt eine mo­le­ku­lar­bio­lo­gi­sche Un­ter­su­chung der US-Seu­chen­be­hör­de CDC: Der in Hai­ti gras­sie­ren­de Vi­brio cho­le­rae ge­hört zu ei­nem be­son­ders ag­gres­si­ven, asia­ti­schen Stamm der Se­ro­grup­pe O1, Sub­typ Oga­wa, der die­sen Som­mer eine Epi­de­mie in Ne­pal ver­ur­sach­te. Die US-Seu­chen­be­hör­de hält sich zwar of­fi­zi­ell mit An­schul­di­gun­gen zu­rück. Doch je­der Hai­tia­ner weiß, dass an ei­nem Zu­fluss des Ar­ti­bo­ni­te die ne­pa­le­si­sche UN-Ka­ser­ne liegt. We­ni­ge Wo­chen vor dem Aus­bruch der Cho­le­ra war dort eine neue Ein­heit aus Kath­man­du ein­ge­trof­fen.

wenn man den ar­ti­kel auf sei­te 2 liest, hat man das ge­fühl, das mit der von UN-sol­da­ten ein­ge­schlepp­ten cho­le­ra sei nichts als ein bö­ses ge­rücht in den stras­sen von port-au-prin­ce. wenn man den ar­ti­kel des mi­kro­bio­lo­gen alex­an­der s. ke­kulé liest (wohl­ge­merkt im res­sort „mei­nung“), hat man das ge­fühl, to­bi­as käu­fer, der den be­richt auf sei­te 2 schrob, ent­hal­te ei­nem in­for­ma­tio­nen vor oder ist nicht in­for­miert, ob­wohl er laut ta­ges­spie­gel in port-au-prin­ce ist.

wit­zi­ger­wei­se kom­me ich mir be­reits beim le­sen des ta­ges­spie­gel ver­schau­kelt vor — ob­wohl der ja ganz of­fen­sicht­lich die me­dail­le aus meh­re­ren per­spek­ti­ven be­leuch­tet. ich fra­ge mich aber: wie ver­schau­kelt wird man sich als hai­tia­ner füh­len? er­scheint der ta­ges­spie­gel ei­gent­lich auch auf hai­tia­nisch?

[nach­trag 17.11.2010, 20:00h]

in der FAZ von heu­te (druck­aus­ga­be) wird ein biss­chen dif­fe­ren­zier­ter be­rich­tet, wenn auch mit dem te­nor, dass das wohl al­les ge­rüch­te sind, mit der ein­ge­schlepp­ten cho­le­ra:

Denn seit Ta­gen kur­siert das Ge­rücht, dass ein Stütz­punkt ne­pa­le­si­scher „Blau­hel­me“ im De­part­ment Ar­ti­bo­ni­te in Zen­tral­hai­ti der Ur­sprung der Epi­de­mie sei. Of­fi­zi­ell las­sen Re­gie­rung und Mi­nus­tah wis­sen, man habe eine Un­ter­su­chung ein­ge­lei­tet, ver­fü­ge aber noch nicht über ge­si­cher­te Er­kennt­nis­se über die Her­kunft der Seu­che; zu­dem sei es jetzt an­ge­zeigt, nach vor­ne zu bli­cken, statt frucht­los Rück­schau zu hal­ten. Doch dar­in se­hen vie­le Hai­tia­ner ei­nen Ver­tu­schungs­ver­such. Sie hal­ten sich zur Er­klä­rung der Seu­che lie­ber an die Fo­tos und Vi­deo­auf­nah­men, die viel­tau­send­fach per In­ter­net ver­brei­tet wer­den. Sie zei­gen ei­nen Last­wa­gen, der schein­bar un­ge­rei­nig­te Ab­wäs­ser aus dem Mi­nus­tah-La­ger nahe der Stadt Mi­re­ba­lais in ei­nen Zu­fluss des Flus­ses Ar­ti­bo­ni­te pumpt.

Für die Ent­sor­gung der Ab­wäs­ser ist ein hai­tia­ni­sches Un­ter­neh­men zu­stän­dig, das an­geb­lich der Frau des schei­den­den Prä­si­den­ten René Pré­val ge­hört. In Ne­pal soll es we­ni­ge Wo­chen vor der Ent­sen­dung der ne­pa­le­si­schen Mi­nus­tah-Sol­da­ten ei­nen Aus­bruch der Cho­le­ra ge­ge­ben ha­ben.

wenn man ein biss­chen nach der oben er­wähn­ten CDC-stu­die goo­gelt, stellt man fest, dass die stu­die am 1. no­vem­ber ver­öf­fent­licht wur­de und ers­te mel­dun­gen, die die „ge­rüch­te“ zu­min­dest an­satz­wei­se be­stä­tig­ten, be­reits eben­falls am ers­ten no­vem­ber, auch in eta­blier­ten, se­riö­sen me­di­en die run­de mach­ten. wenn ich das lese, fan­ge ich wirk­lich an zu zwei­feln, was sich die me­di­en hier­zu­lan­de so zu­recht­rei­men und ob die kor­re­spon­den­ten-be­rich­te noch per luft­post ver­schickt wer­den. qua­li­täts­jour­na­lis­mus. klar.