die küchen-diät

felix schwenzel

vor zwei jah­ren ha­ben die bei­fah­re­rin und ix am hei­lig­abend in las ve­gas ge­hei­ra­tet, die­ses jahr ha­ben wir am hei­lig­abend eine kü­che ge­lie­fert be­kom­men. die kü­che hat­ten wir am tag vor­her bei ikea ge­kauft, ge­lie­fert wur­de sie von her­mes in ei­nem lie­fer­wa­gen von sixt, die bei­den her­mes-mit­ar­bei­ter ka­men aus russ­land, der miet­wa­gen aus mün­chen.

die kü­che be­trach­te­te ich als mein bis­her gröss­tes und kom­pli­zier­tes­tes weih­nachts­ge­schenk. als kind be­kam ich lego ge­schenkt, was im prin­zip recht ein­fach auf­zu­bau­en ist. kom­pli­zier­ter wur­de es, als ich zwölf oder drei­zehn wur­de und ei­nen kos­mos elek­tro­tech­nik-ex­pe­ri­men­tier­kas­ten ge­schenkt be­kam. die ex­pe­ri­men­te wa­ren teil­wei­se der­art schwer auf­zu­bau­en, dass ich schier dar­an ver­zwei­fel­te. so war ein ex­pe­ri­ment in dem elek­tro­tech­nik-bau­kas­ten ein elek­tro­mo­tor (bzw. ge­ne­ra­tor) mit selbst auf­zu­wi­ckeln­den spu­len. wi­ckeln sie mal als 12jäh­ri­ger drei­mal 6000 spu­len­win­dun­gen per hand!

eine ikea-kü­che auf­zu­bau­en ist so­was wie die kö­nigs­klas­se der weih­nachts­ge­schenk-mon­ta­ge, nicht ganz un­ähn­lich der kom­ple­xi­tät, elek­tro­mo­tor­spu­len selbst zu wi­ckeln. man braucht zeit, ge­duld und sorg­falt. fehlt die sorg­falt, dreht sich der mo­tor nicht oder — im fall der kü­che — hän­gen die tü­ren schief.


in mei­ner zeit als schrei­ner­lehr­ling ha­ben wir nie län­ger als ei­nen tag für eine kü­chen­mon­ta­ge ge­braucht. al­ler­dings wa­ren die kü­chen da­mals auch schon fer­tig ge­stri­chen und elek­tro- oder klemp­ner­ar­bei­ten muss­ten wir nicht durch­füh­ren. aus­ser­dem wa­ren die meis­ten kü­chen die wir da­mals mon­tier­ten von pog­gen­pohl und nicht von ikea. pog­gen­pohl-kü­chen er­lau­ben es im ge­gen­teil zu ikea kü­chen, ein­mal auf­ge­häng­te ober­schrän­ke noch mit ei­ner ge­nia­len mech­nik nach­zu­jus­tie­ren. bei ike­a­kü­chen ist das ein from­mer wunsch. eine hö­hen­ver­stel­lung ist zwar theo­re­tisch mög­lich (sie­he sym­bol­wunsch­bild), prak­tisch ist es aber so, dass der schrank im­mer auf der schrau­be auf­liegt.

bei den bau­chi­gen alt­bau­wän­den in un­se­rer kü­che ist es aus­ser­dem so, dass so­wohl die ober-, als auch die un­ter­kan­te der ober­schrän­ke etwa ein bis zwei zen­ti­me­ter ab­stand zur wand hiel­ten und nur die mit­te an der wand auf­la­gen. wie gut dass ich vor­her eine rie­si­ge tüte ziem­lich ge­nia­ler kei­le ge­kauft hat­te. kei­le sind ne­ben der säge dem ak­ku­schrau­ber und dem ham­mer (und der hoff­nung dass es passt) die haupt­werk­zeu­ge ei­nes schrei­ners. alle paar wo­chen schnitt ich als lehr­ling ei­nen sack voll kei­le aus ab­fall­holz zu, die wir dann für die mö­bel­mon­ta­ge be­nutz­ten. holz­kei­le ha­ben ihre vor­tei­le, aber die­se plas­tik­kei­le die ich bei bau­haus in der par­kett-ab­tei­lung kauf­te auch.

ei­nen ein­zel­nen keil kann man nor­mal als keil be­nut­zen, zwei auf­ein­an­der­lie­gen­de als ab­stands­hal­ter mit fes­ter di­cke.

das tol­le an die­sen kei­len ist aber, dass man die di­cke des ab­stands mit zwei kei­len zwi­schen we­ni­gen mi­li­me­tern und an­der­t­alb zen­ti­me­tern va­rie­ren kann (oder mit vier kei­len bis zu drei zen­ti­me­ter)

ins­ge­samt habe ich bei der mon­ta­ge der ober­schrän­ke wohl 30 bis 40 kei­le ver­bal­lert. die kü­che liegt also nicht auf der wand auf, son­dern auf kei­len.


er­schüt­ternd ist, was man bei ikea al­les selbst ma­chen muss. klar, dass man die kor­pus­se der schrän­ke selbst zu­sam­men­baut, eben­so wie man sich selbst tech­ni­ken ein­fal­len las­sen muss, um die schrän­ke aus­zu­rich­ten. auch die schmuck­sei­ten und fuss­leis­ten der schrän­ke muss man sich selbst zu­sä­gen, die kü­che vor­her selbst strei­chen, das loch für den was­ser­hahn in die spü­le schnei­den, lö­cher für die spü­le in die ar­beits­plat­te schnei­den und sich aus­den­ken, wie man die ka­bel der be­leuch­tung ver­schwin­den lässt, ohne die ka­bel durch den schrank zu füh­ren (sieht scheis­se aus und ist un­prak­tisch) oder hin­ter dem schrank zu füh­ren (geht nicht, die rück­wand ist bün­dig).

den trick mit der ka­bel­füh­rung hab ich mir in der ikea kü­chen­au­stel­lung ab­ge­guckt. dort hat man hin­ter den lam­pen ein ver­deck­tes loch ge­bohrt und die ka­bel in ei­ner nut un­ter der un­te­ren schmuck­sei­te zur sei­te nach hin­ten ge­führt um sie dann in ei­ner nut in der seit­li­chen schmuck­leis­te nach oben zu füh­ren.

ich muss ganz ehr­lich sa­gen, ich habe mich auf all die schwie­rig­kei­ten und her­aus­for­de­run­gen bei der mon­ta­ge ge­freut. auf kei­nen fall woll­te ich die kü­che von je­mand an­de­rem mon­tie­ren las­sen (die spu­len für den elek­tro­mo­tor hat mir vor dreis­sig jah­ren mein opa ge­wi­ckelt). die kü­che von ei­nem dienst­leis­ter lie­fern zu las­sen fand ich an­ge­mes­sen. den ein­kauf, das ver­la­den, der trans­port und das nach oben in die woh­nung schlep­pen, zu­mal an ei­nem hei­lig­abend, für 89 euro er­le­di­gen zu las­sen wür­de ich auch nicht teu­er nen­nen. ei­nen lie­fer­wa­gen bei sixt zu mie­ten und zwei rus­sen zum schlep­pen or­ga­ni­sie­ren, kann schnell teu­rer wer­den.

auch wenn mir das nie­mand glaubt: ich baue ikea-mö­bel lei­den­schaft­lich ger­ne zu­sam­men. der schrei­ner in mir freut sich, wenn ix kon­struk­ti­ons­knif­fe ent­de­cke, die sich ikea zur kos­ten­ein­spa­rung aus­ge­dacht hat oder wenn ix sehe, wie kom­ple­xi­tät der kon­struk­ti­on der ein­fach­heit wich. beim ver­ein­fa­chen ist ikea ap­ple eben­bür­tig (auch das glaubt mir nie­mand, stimmt aber). mög­li­cher­wei­se bin ich auch der ein­zi­ge mensch auf der welt, der die ikea mon­ta­ge­an­lei­tun­gen, die zu 99 pro­zent ohne wor­te aus­kom­men, ge­ni­al fin­det.


der auf­bau der kü­che hat dann doch et­was län­ger ge­dau­ert. am hei­lig­abend und am ers­ten weih­nachts­fei­er­tag war nicht viel zu ma­chen, da muss­ten wir bei ver­wand­ten spach­teln. in der kü­che ha­ben wir am zwei­ten weih­nacht­fei­er­tag auch ein biss­chen ge­spach­telt und den grund­an­strich er­le­digt. am mon­tag ha­ben wir im in­ter­net ge­le­sen, dass tief­grund das an­strei­chen ganz un­ge­mein er­leich­tert und der putz beim far­be an­rol­len nicht ab­brö­ckelt. diens­tag habe ich die ers­te hälf­te der ober­schrän­ke und kei­le mon­tiert, mitt­woch die zwei­te hälf­te und die un­ter­schrän­ke, don­ners­tag die ar­beits­plat­te zu­ge­schnit­ten, das spül­be­cken aus­ge­schnit­ten und mon­tiert und an­ge­schlos­sen und am frei­tag den neu­en ess­tisch mon­tiert, die tü­ren aus­ge­rich­tet und die kü­che wie­der ein­ge­räumt.

vom ein­kauf bei ikea bis zur fer­ti­gen, neu­en kü­che sind so im­mer­hin neun tage ver­gan­gen. aber ich fin­de es hat sich ge­lohnt. in der kü­che, in der wir vor kur­zem zu dritt kaum ste­hen konn­ten, kön­nen wir jetzt zu dritt am tisch sit­zen. ich kom­me von mei­nem platz aus an die tel­ler, die glä­ser, die tas­sen, die kaf­fee­ma­schi­ne und das oli­ven­öl — ohne auf­zu­ste­hen! zum kühl­schrank ist es ein schritt, zum herd an­der­t­alb. ich habe eine gan­ze nacht wach­ge­le­gen und dar­über nach­ge­dacht wo­her die mas­sen an platz plötz­lich kom­men, bzw. wo sie vor­her ver­schwen­det wa­ren. ich kann es mir auch nicht er­klä­ren, aber durch das mehr an platz, lässt sich so­gar das kind zu freu­den­ge­sän­gen hin­reis­sen.


ich bin mir nicht ganz si­cher was mein lieb­lings­fea­ture an der neu­en kü­che ist. mehr platz ist schon­mal ganz vor­ne. ganz vor­ne auch das kü­chen­brett, dass sich auf das spül­be­cken le­gen lässt. ganz gross ist auch der aus­zug (schub­la­de) un­ter der spü­le, der voll aus­fährt, gut rollt, ge­dämpft schliesst und 25 jah­re ga­ran­tie hat. mög­li­cher­wei­se sind es aber die tür­dämp­fer von blum die man auf die tür­bän­der auf­knip­sen kann (zwei stück für 5 euro) und die für lei­se schlies­sen­de tü­ren sor­gen. da­mit kann man die tü­ren so fest zu­pfef­fern wie man will, sie schlies­sen sich lei­se und lang­sam — 25 jah­re lang.

in ei­nen ober­schrank ha­ben wir ei­nen aus­zug ein­ge­baut, des­halb ha­ben die tü­ren dort statt der üb­li­chen bän­der die 120° weit öff­nen, bän­der die 153° weit öff­nen. das doo­fe: ikea meint da­für gäbe es kei­ne tür­dämp­fer. blum, der her­stel­ler der bän­der und der dämp­fer die ikea ver­kauft, meint aber, dass es die gäbe, zwar nicht zum auf­klip­sen, son­dern zum ein­schrau­ben. lei­der ist es gar nicht so ein­fach nach weih­nach­ten, zwi­schen den jah­ren, ei­nen ge­eig­ne­ten ei­sen­wa­ren­fach­händ­ler zu fin­den, der ge­ra­de kei­ne in­ven­tur macht. da­durch dass zwei tü­ren der neu­en kü­che jetzt noch un­ge­dämpft schlies­sen, ver­stärkt sich aber bei mir der ein­druck, dass das ge­dämpf­te schlies­sen der tü­ren mein ab­so­lu­tes lieb­lings­fea­ture an der neu­en kü­che ist.


über weih­nach­ten bis zum 1.1.2011 habe ich drei kilo ab­ge­nom­men. ich hat­te zwar auch ei­nen tag die scheis­se­rei, aber ich bin der fes­ten über­zeu­gung, dass ich, ar­bei­te­te ich wie­der re­gel­mäs­sig als schrei­ner, wie­der rank und schlank wäre.

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[nach­trag]
hier noch zwei vor­her-fo­tos.