ba­sic pay­ment

felix schwenzel

ei­gen­tüm­li­che ar­gu­men­ta­ti­on: es gibt, sagt ro­bert ba­sic, blog­ger die sich dar­über be­kla­gen, dass ih­nen in­hal­te ge­klaut oder „weg­schma­rotzt“ wer­den (ohne dank und ohne feed­back) und dass sie ihre in­hal­te nicht ir­gend­wie „schüt­zen“ kön­nen. ro­bert ba­sic hat ähn­li­che er­fah­run­gen ge­macht, das stört ihn aber nicht: „So what, ge­stört hat es mich nicht.“ ob­wohl es ihn nicht stört („Bis jetzt. Auch mor­gen.“) dass sei­ne in­hal­te manch­mal weg­schma­rotzt wer­den, weil er aber schon im­mer ein „ma­cher“ war, macht er es jetzt ein­fach mal, näm­lich fach­bei­trä­ge „zum The­ma Blog­ge­rei“ hin­ter ei­nem pay­wall schüt­zen. ro­bert ba­sic möch­te eine be­zahl­schran­ke er­rich­ten, nicht weil er glaubt, dass sei­ne in­hal­te miss­braucht wer­den und nicht weil er die schnau­ze voll hat von ir­gend­ei­ner kos­ten­los- oder dank­lo­s­kul­tur hat, son­dern weil er es den schwät­zern mal zei­gen will, wie es ge­hen könn­te, in­dem er es ein­fach macht.

mich er­in­nert das ein biss­chen an den schau­fens­ter-ak­ti­vis­mus man­cher po­li­ti­ker. nicht weil er glaubt das ein be­stimm­tes ge­setz hilf­reich oder nütz­lich ist, stimmt und kämpft er für ein ge­setzt, son­dern weil es zeigt, dass er und sei­ne ge­nos­sen hand­lungs­fä­hig sind und we­nigs­tens et­was tun, stimmt er für das ge­setz. klas­si­cher ak­tio­nis­mus: ich glau­be nicht dass es ein pro­blem gibt, aber ich tue jetzt mal was da­ge­gen!

jaja. schon klar; um es mit sa­scha lobo und ge­ra­de nicht mit kon­rad ade­nau­er aus­zu­drü­cken: was wir jetzt nicht brau­chen, sind kei­ne ex­pe­rie­men­te. nur, ge­ra­de an be­zahl­schran­ken-ex­pe­ri­men­ten herscht mei­ner wahr­neh­mung nach kein man­gel. und ich fra­ge mich, was will ro­bert ba­sic ei­gent­lich ver­kau­fen?

sei­ne er­fah­run­gen, sein wis­sen? war­um soll­te man er­fah­run­gen, wis­sen oder selbst­re­flek­ti­on ge­ra­de in hek­tisch und un­prä­si­ze ge­schrie­be­ner blog­ar­ti­kel-form kau­fen?

wis­sen funk­tio­niert nicht wie schu­he, die man im la­den erst­mal aus­pro­biert und dann viel­leicht kauft. wis­sen oder er­fah­run­gen be­zahlt man mit auf­merk­sam­keit und mühe. schu­he mit geld. wis­sen kann man nicht aus­pro­bie­ren, wenn man es kau­fen möch­te, kauft man es im sack. ro­bert ba­sic will also sä­cke ver­kau­fen.

ich glau­be ich muss wei­ter aus­ho­len um mein un­ver­ständ­nis für die­se ak­ti­on zum aus­druck zu brin­gen. denn ich sehe es an­ders als ba­sic ge­ra­de­zu als pri­vi­leg an, als ehre, dass an­de­re sich (manch­mal) die mühe ma­chen mei­ne tex­te zu le­sen. mög­li­cher­wei­se habe ich tat­säch­lich das eine oder an­de­re wis­sens­frag­ment oder die eine oder an­de­re er­fah­rung ge­macht und viel­leicht gar nicht mal so dum­me schluss­fol­ge­run­gen dar­aus ge­zo­gen, die ich in mei­nen tex­ten wei­ter­ge­ben kann, aber ich sehe tat­säch­lich mich in der bring­schuld und nicht mei­ne le­ser.

das pri­vi­leg das ich ge­nies­se ist, dass es men­schen gibt die mir auf­merk­sam­keit schen­ken, die mei­ne zu­sam­men­ge­klaub­ten ge­dan­ken, er­fah­run­gen und wis­sen und mei­ne re­flek­ti­on dar­über auf­neh­men, wei­ter­ver­ar­bei­ten, wei­ter­tra­gen, kor­ri­gie­ren, neu aus­rich­ten oder mich gar zum um­den­ken, nach­den­ken, re­den oder da­zu­ler­nen brin­gen. da­für müss­te ich doch ei­gent­lich zah­len. und tat­säch­lich zah­le ich da­für, mit ein biss­chen mühe und ein biss­chen zeit, aber was ich be­kom­me ist viel mehr wert als geld: auf­merk­sam­keit. ge­sprächs­ein­la­dun­gen. auf­for­de­run­gen wei­ter nach­zu­den­ken. mög­lich­kei­ten zu wach­sen und zu ler­nen.

ich habe auch eine pay­wall. eine um­ge­kehr­te. schon im­mer. ich be­zah­le mei­ne le­ser, mit mühe. mal mehr, mal we­ni­ger. aber ei­nes ist klar. nicht die le­ser sind schuld wenn die­ser deal ins un­gleich­ge­wicht ge­rät, son­dern ich al­lein. manch­mal bin ich nicht be­reit ge­nug mühe auf­zu­wen­den und wäh­le den bil­li­gen, mü­he­lo­se­ren weg, bil­li­ge po­le­mik, lieb­lo­se tex­te, halb­ga­re ge­dan­ken, auf­merk­sam­keits­bet­te­lei, doo­fe fo­tos, halb­ga­re ge­dan­ken. wenn ich nicht ge­nug zah­le, be­kom­me ich auch nichts zu­rück.

beim müll ist das üb­ri­gens ähn­lich. ich zah­le da­für, dass ihn je­mand weg­schafft. das die­je­ni­gen, die mei­nen müll ge­gen geld weg­schaf­fen da­mit teil­wei­se ein viel­fa­ches ver­die­nen, durch re­cy­cling, ver­bren­nung oder staat­li­che sub­ven­ti­ons­topfanan­boh­rung ist mir doch erst­mal egal (aber so­was von). wenn ich hin­ge­gen der mei­nung bin, mein müll sei ba­res geld wert, dann kann ich ihn na­tür­lich zu­hau­se sam­meln und ver­su­chen dem meist­bie­ten­den zu ver­kau­fen. wenn ich ein „ma­cher“ bin, be­rei­tet mir die­se müll­samm­lung viel­leicht so­gar ver­gnü­gen und viel­leicht ler­ne ich dar­aus so­gar et­was. aber falls mich je­mand fra­gen soll­te: ich bin froh dass je­mand den müll weg­bringt und da­mit macht was er will.


[nach­trag 23.06.2011]
hier hab ich noch ein paar ver­tie­fen­de stei­le the­sen an­ge­hängt.