ur­he­ber­un­rechts­be­wusst­sein

felix schwenzel

auch wenn der fol­gen­de text we­nig fra­ge­zei­chen be­inhal­tet, so glau­be ich, dass das vor al­lem fra­gen und kaum ant­wor­ten sind die ich an­zu­bie­ten habe. kon­kret geht es um ein ziem­lich be­scheu­er­tes foto, das laut goog­le-bil­der­su­che auf ein paar tau­send web­sei­ten ver­öf­fent­licht wur­de und des­sen fo­to­graf das nicht OK fand und ein paar blog­ger die das bild be­nutzt ha­ben eine rech­nung schrob. ole reiss­mann hat das für spie­gel-on­line auf­ge­schrie­ben. cars­ten her­ken­hoff ist ei­ner der be­trof­fe­nen blog­ger die das foto be­nutzt ha­ben, hat sei­ne sicht der din­ge hier auf­ge­schrie­ben.

hei­ke rost wie­der­um brach­te un­ter ei­nem goo­gle­plus-ar­ti­kel von enno park ein zi­tat von mir aus der brand­eins 12/2011 in den zu­sam­men­hang:

"Stimmt schon, es gibt kein Un­rechts­be­wusst­sein. Aber es gibt auch kei­ne Be­mü­hun­gen, ei­nes zu schaf­fen." schreibt +Fe­lix Schwen­zel . Wir ha­ben "kein mo­ra­li­sches Pro­blem"? Die Kom­men­ta­re zu ei­nem ak­tu­el­len Fall spre­chen da lei­der eine ganz an­de­re Spra­che.
Als Bei­spiel ge­nannt: http://www.spie­gel.de/netz­welt/web/0,1518,806756,00.html

dar­auf­hin habe ich das hier drun­ter ge­schrie­ben:

es gibt ein su­per bei­spiel da­für, wie man es schafft ein un­rechts­be­wusst­sein zu schaf­fen — oder ge­nau­er, wie man es schafft den wert di­gi­tal ver­trie­be­ner schöp­fun­gen zu vi­sua­li­sie­ren. lou­is ck hat ge­zeigt wie es geht: et­was an­bie­ten was nicht ka­putt­ge­DRMt ist, über­all ab­spielt (wert) und dar­auf hin­zu­wei­sen, dass man an das gute im men­schen glaubt (re­spekt) und die das die men­schen frei­wil­lig zah­len (be­reit­schaft), wenn man sie drum bit­tet und es ih­nen ein­fach macht (kom­fort).

ge­nau so er­reicht man un­rechts­be­wusst­sein, bzw. re­spekt vor dem künst­ler und dem werk: in­dem man die kun­den eben­so re­spekt­voll be­han­delt, ih­nen den wert der ei­ge­nen ar­beit klar­macht und ih­nen so eine mo­ti­va­ti­on und grund zu zah­len gibt.

das was der fo­to­graf bei cars­ten her­ken­hoff macht wirkt eher kon­tra­pro­duk­tiv auf das un­rechts­be­wusst­sein. ja, klar, der fo­to­graf, sein werk wur­de re­spekt­los be­han­delt, aber er be­han­delt sei­ne kun­den, also leu­te die sei­ne bil­der nut­zen wol­len auch ten­den­zi­ell re­spekt­los. der hin­weis auf die un­recht­mäs­sig­keit der bild­nut­zung er­scheint vor dem hin­ter­grund der tau­send­fa­chen ur­he­ber­rechts­ver­let­zung (laut goog­le bil­der­su­che) ein biss­chen welt­fremd. de­fak­to ist sein ur­he­ber­recht nicht durch­setz­bar. es doch zu tun — auf eine art und wei­se die den ein­druck ver­mit­telt ein paar doo­fe die vir­tu­el­le rech­nung für tau­sen­de zah­len zu las­sen — hilft we­der bei der schaf­fung von un­rechts­be­wusst­sein, noch bei der schaf­fung von re­spekt ge­gen­über den wer­ken von fo­to­gra­fen. es ist die glei­che tak­tik mit der sich die mu­sik- film- und neu­er­dings auch buch­in­dus­trie in die scheis­se rei­ten: nicht mit re­spekt, ver­ständ­nis und auf au­gen­hö­he den kun­den ge­gen­über­tre­ten, son­derm dro­hen, kla­gen, auf sei­nen rech­ten be­stehen und mond­prei­se ver­lan­gen.

ju­ris­tisch ist das al­les ein no­brai­ner. der fo­to­graf ist im recht, so wie die un­ter­hal­tungs­in­dus­trie. lang­fris­tig durch­set­zen kön­nen ur­he­ber ihre rech­te aber nur, wenn sie ihre kun­den über­zeu­gen, dass es gute grün­de gibt sie für ihre ar­beit zu ent­loh­nen und sie so von ei­nem unrechs­be­wusst­sein über­zeu­gen, statt wie bis­her (ver­geb­lich) zu ver­su­chen, sie zu ei­nem un­rechts­be­wusst­sein zu prü­geln. wer­te bie­ten und nach­voll­zieh­bar dar­stel­len, re­spekt zei­gen, zah­lungs­be­reit­schaft mo­ti­vie­ren und es ein­fach ma­chen, an­ders geht es mei­ner mei­nung nach nicht.

ge­set­ze schaf­fen kein un­rechts­be­wusst­sein. da­für braucht es grün­de. lou­is ck hat wel­che ge­nannt. ge­set­ze die sich nicht durch­set­zen las­sen, er­schei­nen lä­cher­lich. ge­set­ze die sich nicht durch­set­zen las­sen mit un­ver­hält­nis­mäs­si­gen mass­nah­men (fil­ter, über­wa­chung, mas­sen­ab­mah­nun­gen, DRM) durch­zu­set­zen zu ver­su­chen er­regt un­ver­ständ­nis und zer­stört im schlimms­ten fal­le bür­ger­rech­te. so gehts auf dau­er ganz si­cher nicht.

ei­ner­seits.

an­der­seits ist die ar­gu­men­ta­ti­on von cars­ten her­ken­hoff und ei­ni­ger kom­men­ta­to­ren dort teil­wei­se auch wirk­lich haar­sträu­bend.

dass er das bild nicht auf sei­nem ser­ver lie­gen hat­te, son­dern es nur ein­ge­bet­tet hät­te. dass sich der fo­to­graf doch über so­viel wer­bung freu­en sol­le. dass der fo­to­graf kei­ne ver­lus­te er­lit­ten hät­te.

ei­ner­seits feixt die hal­be blogos­sphä­re, wenn eine blog­ge­r­ein dem bur­da ver­lag eine rech­nung schreibt, weil die sich ein­fach, ohne zu fra­gen, ein bild von ihr ge­klaut ha­ben, an­de­rer­seits soll die un­ge­frag­te nut­zung von bil­dern aber ir­gend­wie auch OK sein, wenn sie auf tumb­lr oder blogs er­folgt?

ich glau­be man kann die tat­sa­che, dass an­de­re mit den ei­ge­nen wer­ken geld ver­die­nen, durch­aus als ver­lust be­zeich­nen. das ar­gu­ment des bur­da-re­dak­teurs, die fo­to­gra­fin sol­le sich über die ab­ge­druck­ten bil­der freu­en, die sei­en ja wer­bung für sie und viel­leicht, wenn sie nicht klagt, kä­men auch fol­ge­auf­trä­ge raus, ist ge­nau­so bi­gott und ver­lo­gen wie die ar­gu­men­te ei­ni­ger kom­men­ta­to­ren auf toomuch­in­for­ma­ti­on.de. ich er­lei­de auch kei­nen ver­lust, wenn die bild­zei­tung ei­nes ta­ges un­ge­fragt mit mei­nem por­trait wirbt. trotz­dem ist es eine schwei­ne­rei. wächst ur­he­ber­un­rechts­be­wusst­sein nur im zu­sam­men­hang mit gros­sen ver­la­gen?


sie­he auch was mar­cel weiss schrob , oder was ich zum brand­eins ar­ti­kel da­mals schrob .