koch­zau­ber

felix schwenzel

ges­tern ha­ben wir, die bei­fah­re­rin, das kind und ich, eine kos­ten­lo­se pro­be­box von koch­zau­ber.de mit drei mahl­zei­ten für 4 per­so­nen be­kom­men. die kis­te wur­de um neun uhr abends ge­lie­fert und ne­ben den zu­ta­ten für die drei mahl­zei­ten war ein acht­sei­ti­ges heft­chen mit drei re­zep­ten für die drei­er­box und zwei wei­te­ren für die fün­fer­box da­bei. nor­ma­ler­wei­se kos­tet die­se box 64 euro.

ab­ge­se­hen von den re­zep­ten selbst, ist das re­zept­heft­chen prall mit ad­jek­tiv­schwan­ge­rem sprach­müll ge­füllt:

Jetzt ist Bee­ren-Sai­son: Ob süß oder sau­er — hier ist für je­den Ge­schmack et­was da­bei.

Be­son­ders in den Mo­na­ten Juli und Au­gust ver­füh­ren uns Bee­ren ver­schie­dens­ter Ar­ten in den Ge­nuss­him­mel.

Da­mit Sie we­der beim Ein­kauf, noch bei der Re­zept­e­pla­nung ins Schwit­zen kom­men, ha­ben wir auch die­se Wo­che raf­fi­nier­te Le­cke­rei­en für Sie zu­sam­men­ge­stellt.

das mit dem sprach­müll im re­zept­buch ist ei­gent­lich egal, da die re­zep­te gut, knapp und nach­voll­zieh­bar ge­schrie­ben sind. das ers­te, dass ich heu­te mit­tag aus­pro­bier­te, blitz­pfann­ku­chen (aus dem back­ofen) mit zuc­ci­ni-to­ma­ten-sau­ce, hat OK ge­schmeckt und war in we­ni­ger als den an­ge­ge­be­nen 30 mi­nu­ten zu­be­rei­tet. die vier por­tio­nen ha­ben wir mit leich­tig­keit zu dritt weg­ge­putzt und nie­mand klag­te nach dem es­sen über durch­fall.

wo der sprach­müll aber wirk­lich nervt, ist auf der koch­zau­ber-sei­te selbst:

Un­se­re Koch­pro­fis, Er­näh­rungs­wis­sen­schaft­ler und -psy­cho­lo­gen ent­wi­ckeln stän­dig neue Re­zep­te, die Sie ein­fach und schnell zu Hau­se nach­ko­chen kön­nen. Ko­chen Sie mit Ih­rem Part­ner, Ih­ren Kin­dern oder der ge­sam­ten Fa­mi­lie. Un­se­re Re­zep­te eig­nen sich ide­al für Haus­hal­te mit zwei oder vier Per­so­nen. Nie war ge­sun­de Er­näh­rung so ein­fach und hat zu­gleich die wert­vol­le Fa­mi­li­en­zeit wie­der in den Mit­tel­punkt ge­rückt.

die ha­ben er­näh­rungs­psy­cho­lo­gen bei koch­zau­ber, die re­zep­te ent­wi­ckeln? oder rü­cken die psy­cho­lo­gen un­se­re wert­vol­le „Fa­mi­li­en­zeit“ wie­der in den mit­tel­punkt? war­um stellt man bei koch­zau­ber ei­gent­lich kei­ne sprach­pro­fis ein?

an an­de­rer stel­le wer­den die „Koch­pro­fis, Er­näh­rungs­wis­sen­schaft­ler und -psy­cho­lo­gen“, die die re­zep­te ent­wi­ckeln, „Re­zept­wich­tel“ ge­nannt:

Die Re­zept­wich­tel: Un­se­re Er­näh­rungs­be­ra­ter und Pro­fi-Kö­che sind da­für zu­stän­dig, in­no­va­ti­ve, le­cke­re Re­zep­te zu ent­wi­ckeln, die beim Nach­ko­chen Freu­de be­rei­ten und gleich­zei­tig ein ge­sun­der Gau­men­schmaus sind.

ein flos­kel­pa­ra­dies. nur die fra­gen die mich wirk­lich in­ter­es­sie­ren, sind auf der koch­zau­ber.de-sei­te nicht her­aus­zu­fin­den:

  • wo­her kom­men die pro­duk­te ge­nau?
  • tra­gen die pro­duk­te bio-sie­gel?
  • wer sind die lie­fe­ran­ten? wer lie­fert ge­mü­se, wer das fleisch?
  • wie wird die kühl­ket­te wäh­rend des trans­ports bei­spiels­wei­se von hack­fleisch ein­ge­hal­ten? gut wulks­fel­de, von de­nen wir uns vor ei­ni­ger zeit re­gel­mäs­sig ha­ben be­lie­fern las­sen, ver­zich­te­te bei­spiels­wei­se auf die aus­lie­fe­rung von hack­fleisch im som­mer. koch­zau­ber nicht. hat koch­zau­ber kühl­wa­gen? lie­fert es be­son­ders schnell aus dem kühl­haus? (wenn der trans­port wie auf der sei­te an­ge­ge­ben im­mer mitt­wochs ab 17 uhr statt­fin­det, ist un­ser hack­fleisch im­mer­hin 4 stun­den un­ter­wegs ge­we­sen.)
  • wo­her kom­men die re­zep­te? jetzt mal ehr­lich?
  • war­um gibts kei­ne fo­tos vom team, wie sieht ein „er­näh­rungs­psy­cho­lo­ge“ aus?
  • was pas­siert mit dem lie­fer­kar­ton? nimmt der fah­rer den bei der nächs­ten lie­fe­rung wie­der mit, soll er in den müll? auf der koch­zau­ber­sei­te steht dazu nichts.

statt­des­sen phra­sen:

Die Ein­käu­fer: Un­ser Ein­kaufs-Team setzt sich mit vol­lem En­ga­ge­ment da­für ein, dass un­se­rer Zu­ta­ten höchs­ten An­sprü­chen ge­recht wer­den. Bio­lo­gi­sche Er­zeu­gung, re­gio­na­le Her­kunft und sai­so­na­le Trends ga­ran­tie­ren höchs­te Qua­li­tät und ex­qui­si­ten Ge­schmack.

auch an den wa­ren selbst sind kei­ne hin­wei­se auf die her­kunft oder die er­zeu­ger zu fin­den (aus­nah­me: die mar­ken­pro­duk­te. auf den fleisch­ver­pa­ckun­gen ste­hen die gross­händ­ler­na­men).
dass das auch an­ders geht, zeigt, wie­der mal, gut wulks­fel­de: zu je­dem le­bens­mit­tel (mehr oder we­ni­ger) ge­naue an­ga­ben wo­her es kommt.

an­de­rer­seits gab es an den le­bens­mit­teln von koch­zau­ber.de nichts aus­zu­set­zen. selbst der knob­lauch war OK, auch wenn es wit­zi­ger­wei­se nur zwei ein­zel­ne fuck­ing ze­hen gab.


ich hat­te schon so eine ah­nung als ich das an­ge­bot be­kam, eine kos­ten­lo­se kis­te zu tes­ten: der spass ist teu­er. mal­te prien von deut­sche start­ups hat sich mal die mühe ge­macht die kos­ten von di­ver­sen lie­fer­diens­ten wie koch­zau­ber durch­zu­rech­nen. er kommt auf ma­te­ri­al­kos­ten von un­ge­fähr 40% des kis­ten­prei­ses. nach mei­ner rech­nung sind le­bens­mit­tel im wert von ca. 27 euro in der 64-euro-kis­te drin, also auch um die 40% (rewe-prei­se). mit bio-avo­ca­dos und -zuc­chi­nis, knapp 30 euro. al­ler­dings sind die le­bens­mit­tel von koch­zau­ber mit si­cher­heit nicht „bio“ oder aus „kon­trol­liert öko­lo­gi­schem an­bau“. für uns ist das, für ein biss­chen kom­fort und ein paar re­zep­te, ei­nen ti­cken zu teu­er. 37 euro pro wo­che für die por­tio­nie­rung, lie­fe­rung und re­zep­tur von le­bens­mit­teln ist ein­fach zu­viel. zu­mal ich das ein­kau­fen von le­bens­mit­teln, nicht erst seit ich re­gel­mäs­sig zum wo­chen­markt gehe, sehr ger­ne ma­che. durch das in­ter­net, die­se un­glaub­li­che re­zept­ma­schi­ne, in die man ein paar zu­ta­ten ein­ge­ben kann und manch­mal tol­le re­zep­te aus­ge­wor­fen be­kommt, brin­gen mir star­re re­zept­vor­schlä­ge nicht so irre viel kom­fort­zu­wachs. we­gen des wo­chen­markts ha­ben wir schon vor ein paar jah­ren un­se­re wulks­fel­der ge­mü­se­kis­te auf­ge­ge­ben. der wo­chen­markt ist un­term strich ein­fach güns­ti­ger, di­rek­ter, fle­xi­bler und er­leb­nis­rei­cher.


die blitz­pfann­ku­chen (aus dem back­ofen) mit zuc­ci­ni-to­ma­ten-sau­ce wa­ren sa­hen so aus:

der ge­bra­te­ne blu­men­kohl mit au­ber­gi­nen­pü­ree müss­te ei­gent­lich ge­ba­cke­ner blu­men­kohl mit ei­nem klecks au­ber­gi­nen­pü­ree heis­sen, war aber auch her­vor­ra­gend zu­be­rei­tet. nur die por­tio­nie­rung ist den er­näh­rungs­be­ra­tern und pro­fi-kö­chen nicht so 100% ge­lun­gen. aufs back­blech habe ich nur 1,5 blu­men­köh­le be­kom­men, mit dem au­ber­gi­nen­pü­ree hab ich ge­ra­de mal 3 tel­ler­chen mit klei­nen häuf­chen fül­len kön­nen. das pü­ree war mit der an­ge­ge­be­nen men­ge li­met­ten­saft auch ei­nen gan­zen tick zu sau­er. mit grös­se­ren oder ei­ner au­ber­gi­ne mehr hät­te das si­cher bes­ser ge­passt. da­für stimm­te die zu­be­rei­tungs­zeit auf die mi­nu­te.

beim drit­ten re­zept, der „Hähn­chen­brust an fruch­ti­ger Me­lo­nen-Sal­sa“, ist für mei­nen ge­schmack ein ad­jek­tiv zu viel ent­hal­ten, das re­zept hört sich da­für sehr le­cker an. ich er­zäh­le es mal nach, ohne es bis jetzt ge­kocht zu ha­ben:

zwei me­lo­nen wür­feln, hähn­chen­brüs­te, die vor­her in ge­mah­le­nen ha­sel­nüs­sen ge­wälzt wur­den, an­bra­ten und im ofen aus­ga­ren. zu den me­lo­nen­wür­feln eine fein­ge­schnit­te­ne scha­lot­te, zwei klein ge­wür­fel­te avo­ca­dos, li­met­ten­saft, es­sig, ho­nig, oli­ven­öl, salz und pfef­fer hin­zu­ge­ben.

mich dünkt es al­ler­dings, dass die „Re­zept­ent­wick­ler“ vom koch­zau­ber le­dig­lich re­zept­samm­ler und -va­rie­rer sind. zu­min­dest gibt es ein paar ähn­lich le­cker klin­gen­de re­zep­te im netz (1, 2, 3). das soll jetzt nicht haar­spal­te­risch er­schei­nen, ich wür­de ein­fach ger­ne ge­nau­er er­fah­ren, was bei koch­zau­ber pas­siert. wie „ent­wi­ckelt“ koch­zau­ber die re­zep­te, ko­chen die wirk­lich al­les ein­mal nach oder nur ein food­sty­list, für die re­zept­fo­tos? wel­che koch­bü­cher, koch­blogs, web­sei­ten, fern­seh­kö­che sor­gen für in­spi­ra­ti­on? koch­zau­ber hat doch ein blog. war­um nicht statt mar­ke­ting- und flos­kel­b­lah ein­fach mal die pro­zes­se zei­gen, be­schrei­ben was die „Koch­pro­fis“ so ma­chen? so, dass es sich an­hört als sei es von men­schen ge­schrie­ben.


ich fin­de die idee von koch­zau­ber, die ge­nau be­trach­tet na­tür­lich auch nicht be­son­ders ori­gi­nell ist, nicht schlecht. uns ist das aber viel zu teu­er und un­fle­xi­bel. dazu kommt, dass mir die mar­ke­ting­flos­keln auf den geist ge­hen. der bau­er auf dem wo­chen­markt spricht bei­na­he ohne ad­jek­ti­ve, nimmt wor­te wie „Ge­nuss­him­mel“ nicht in den mund und for­dert mich nicht auf, ihn auf face­book zu be­su­chen, wenn ich mich ge­ra­de mit ihm un­ter­hal­te. wer wert auf öko­lo­gi­sche er­zeu­gung, fir­le­fanz­lo­se an­spra­che und trans­pa­renz legt, ist mit diens­ten wie dem von wulks­fel­de bes­ser auf­ge­ho­ben. re­zept­vor­schlä­ge lie­gen bei den ge­mü­se­kis­ten, die ich ken­ne, auch im­mer bei, man kann sa­chen die man nicht mag aus­schlies­sen und die lie­fe­rung klapp­te zum bei­spiel bei wulks­fel­de auch, wenn nie­mand zu­hau­se war. im­mer­hin, das kern­stück der zau­ber­kis­te, die le­bens­mit­tel und die re­zep­te, wa­ren sehr in ord­nung. nur das drum­rum, das tra­la­la und der preis sind ein pro­blem. für uns.


[nach­trag 14.07.2012]
ges­tern mit­tag habe ich das letz­te re­zept aus der box zu­be­rei­tet: die hähn­chen­brust mit me­lo­nen-sal­sa. die bei­den me­lo­nen wa­ren ex­trem gut (ge­nau der rich­ti­ge rei­fe­grad, süss, von in­nen duf­tig, von aus­sen ein biss­chen stin­kig). die avo­ca­dos wa­ren auch auf den punkt ge­reift. an den me­lo­nen und avo­ca­dos gabs also nichst aus­zu­set­zen, aber das hüh­ner­fleisch roch lei­der sehr, sehr stark nach fau­len ei­ern, auch nach aus­gie­bi­ger spü­lung un­ter kla­rem was­ser. der ge­ruch ver­lor sich auch nach dem bra­ten nicht ganz, im­mer­hin war der ge­schmack OK. das min­dest­halt­bar­keits­da­tum wäre erst am nächs­ten tag ab­ge­lau­fen.