um­zü­ge

felix schwenzel

ich has­se um­zü­ge.

mein letz­ter um­zug war al­ler­dings gar kein ech­ter um­zug. als ich die bei­fah­re­rin in ber­lin ken­nen­lern­te, fing ich an re­gel­mäs­sig nach ham­burg in ihre woh­nung zu pen­deln. ir­gend­wann ver­brach­te ich auch die wo­chen­en­den dort. ge­ar­bei­tet habe ich wei­ter­hin in ber­lin und na­tür­lich habe ich auch mei­ne klei­ne ein-zim­mer woh­nung be­hal­ten, in der seit mei­nem ein­zug im jahr 2002 auch noch ein paar um­zugs­kis­ten und um­zugs­sä­cke un­aus­ge­packt an die wand ge­sta­pelt stan­den. der um­zug nach ham­burg zur bei­fah­re­rin be­stand im we­sent­li­chen dar­in, dass ich mei­ne zeit­schrif­ten-abos dort­hin aus­lie­fern liess, mei­nen lap­top dort auf­bau­te (und wie­der ab­bau­te) und re­gel­mäs­sig schmut­zi­ge wä­sche mit­brach­te.

die um­zug­kis­ten in ber­lin blie­ben ein­ge­packt, von mei­nem haus­halt hat aus­ser mei­nem na­gel­knip­ser nichts den weg nach ham­burg ge­fun­den.

in ber­lin war die bei­fah­re­rin auch ge­le­gent­lich, dass ein­zi­ge wor­auf sie be­stand war die an­schaf­fung ei­ner 140cm brei­ten ma­tra­ze, die die 90cm brei­te ma­tra­ze auf dem bo­den ab­lös­te.


mein ers­ter um­zug war 1986, als ich als 17-jäh­ri­ger für ein jahr nach ame­ri­ka zog. um­ge­zo­gen bin ich mit ei­nem kof­fer und ei­nem ruck­sack. als ich ein paar jah­re spä­ter für mei­nen zi­vil­dienst nach ful­da zog, pass­te der um­zug auch in ei­nen kof­fer und ei­nen ruck­sack. 1994 bin ich dann nach stutt­gart ge­zo­gen, um dort zu stu­die­ren. dort­hin bin ich mit un­we­sent­lich mehr sa­chen um­ge­zo­gen als vor­her, zum kof­fer und ruck­sack ge­sell­ten sich ein sofa, ein al­ter kü­chen­tisch und ein paar alte ikea-re­ga­le mei­ner el­tern und von freun­den. in stutt­gart bin ich dann noch zwei­mal um­ge­zo­gen beim zwei­ten mal ver­zich­te­te ich be­reits auf das aus­pa­cken der kis­ten.

die kis­ten habe ich jetzt knapp 12 jah­re spä­ter aus­ge­packt, weil die bei­fah­re­rin dar­auf be­stand „den al­ten scheiss“ nicht mit in die neue ber­li­ner woh­nung mit­zu­neh­men. den gross­teil habe ich weg­ge­schmis­sen, nur von den bü­chern kann ich mich (lei­der) nicht tren­nen. das sofa mit dem ich mal nach stutt­gart zog und der alte kü­chen­tisch wer­den dem­nächst be­kannt­schaft mit ei­nem re­cy­cling­hof in ber­lin ma­chen, der rest mei­ner kis­ten dürf­te in ei­nen VW-bul­li pas­sen.

in ham­burg ha­ben sich al­ler­dings durch die dort­hin aus­ge­lie­fer­ten zeit­schrif­ten-abos, buch- und mö­bel­neu­käu­fe — und na­tür­lich die be­stän­de der bei­fah­re­rin — ca. 30m³ ma­te­ral an­ge­häuft. das wird jetzt al­les am sams­tag in die neue woh­nung im wed­ding ge­schafft.


in der neu­en woh­nung wür­de ich ger­ne alt wer­den. zu­hau­se ist für mich der ort an dem ich ikea-mö­bel auf­baue und lam­pen an die wand oder de­cke schrau­be. in mei­ner ber­li­ner woh­nung habe ich nicht „ge­wohnt“, son­dern ge­schla­fen. ein zu­hau­se war das nie. ge­früh­stückt habe ich am liebs­ten in ca­fés, abend ge­ges­sen habe ich ent­we­der aus­ser­halb oder et­was zu­be­rei­tet, was ich nur in den ofen schie­ben muss­te. be­such habe ich dort nur emp­fan­gen, wenn es sich nicht ver­mei­den liess.

und ob­wohl ich in ham­burg nie of­fi­zi­ell ein­ge­zo­gen bin, im sin­ne ei­nes um­zugs der über das mit­brin­gen mei­nes ruck­sacks hin­aus­gin­ge, habe ich dort so­vie­le mö­bel auf­ge­baut und lam­pen an­ge­schraubt und so­gar ein bett ge­kauft (in ber­lin lag 10 jah­re lang le­dig­lich eine ma­tra­ze auf dem bo­den), dass es für mich zum zu­hau­se wur­de. in ham­burg habe ich zum ers­ten mal seit vie­len jah­ren wie­der ei­nen ort zum woh­nen ge­habt. ei­nen platz zum schla­fen zu wech­seln ist nur ein biss­chen müh­se­lig, aber emo­tio­nal völ­lig pro­blem­los. et­was dass zu ei­nem zu­hau­se ge­wor­den ist zu wech­seln ist aber mehr als läs­tig. man hin­ter­lässt et­was, in das man in­ves­tiert hat, ge­füh­le und ar­beit. die in­ves­ti­tio­nen lö­sen sich in luft auf. des­halb has­se ich um­zü­ge.


trotz­dem freue ich mich auf die neue woh­nung, eine wn­der­ba­re alt­bau­woh­nung mit irre ho­hen de­cken im wed­ding, um­ge­ben von gu­ten ein­kaufs­mög­lich­kei­ten und gu­ter (nah-) ver­kehrs­an­bin­dung. ich habe vor dort sehr vie­le mö­bel auf­zu­bau­en, sehr viel zu woh­nen und nicht mehr so schnell weg­zu­zie­hen.

und gäs­te wer­den wir dort auch wie­der emp­fan­gen kön­nen.