ralf hop­pe ist ir­gend­was pein­lich

felix schwenzel

der sei­ten­ti­tel des neu­es­ten spie­gel-blog-ar­ti­kels lau­tet: „Ralf Hop­pe über Ge­nau­ig­keit im Jour­na­lis­mus und sei­ne Is­land-Re­cher­che“. lei­der geht es ge­nau dar­um in hop­pes ar­ti­kel, in dem er auf eine re­cher­che¹ von alex­an­der svens­son re­agiert (üb­ri­gens ziem­lich un­ge­nau auf die wort­feld-start­sei­te ver­linkt), gar nicht. es geht um die re­la­ti­vie­rung von hop­pes un­ge­nau­ig­keit und den hin­weis, dass es ei­gent­lich um et­was ganz an­de­res geht.

hop­pe schreibt:

Mei­ne Ge­sprächs­part­ner er­zähl­ten mir in gro­ßer Über­ein­stim­mung, wie wich­tig und gleich­zei­tig schwie­rig es sei, in die­ser Kri­sen­si­tua­ti­on an sta­bi­le In­for­ma­tio­nen zu ge­lan­gen. Das Feh­len ver­läss­li­cher Quel­len wur­de als gro­ßes Man­ko er­lebt. Da ich kein Is­län­disch spre­che oder lese, kann ich die Qua­li­tät der tra­di­tio­nel­len Me­di­en, Zei­tun­gen, Rund­funk, nicht be­ur­tei­len.

im spie­gel schrob er al­ler­dings, als kön­ne er es be­ur­tei­len:

In Is­land war man sehr stolz dar­auf, eine ver­netz­te, blog­gen­de Ge­sell­schaft ge­wor­den zu sein, die alt­her­ge­brach­ten Me­di­en fris­te­ten ihr Da­sein, stau­bi­ge Staats-Rund­funk­sen­der, von Un­to­ten be­wohnt, skl­ero­ti­sche Zei­tun­gen.

egal. was mich be­ein­druckt, ist wie er ein „Ge­rücht“ auf­griff und da­mit sei­ne ge­schich­te zu un­ter­mau­ern ver­such­te:

Ich konn­te aber, ent­spre­chend mei­ner Rol­le als Re­por­ter, Fra­gen stel­len. […] Bei die­ser Ge­le­gen­heit er­fuhr ich von je­nem Ge­rücht: Re­gie­rung und Ban­ker woll­ten die Gold­schät­ze au­ßer Lan­des brin­gen, Start­bahn oder Flug­ha­fen müss­ten blo­ckiert wer­den. Ich nahm mir ein Taxi und fuhr zum Flug­ha­fen. Dort traf ich Is­län­der, die dort stan­den, weil sie ver­hin­dern woll­ten, dass die Re­gie­rung ir­gend­wel­che Schät­ze au­ßer Lan­des fliegt. Sie wa­ren da, um die Start­bahn zu blo­ckie­ren, sie stan­den vor dem Flug­ha­fen. Der Abend blieb mir in Er­in­ne­rung, denn die Leu­te schie­nen mir ir­gend­wie ty­pisch in ih­rer ge­reiz­ten Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit. Ich sprach mit ei­ni­gen von ih­nen, stand eine Wei­le frie­rend her­um und fuhr dann wie­der zu­rück ins Ho­tel. Dass sie ihr Vor­ha­ben nicht um­ge­setzt ha­ben, ist mir in­zwi­schen klar ge­wor­den. Um so pein­li­cher, dass mir so ein Feh­ler in ei­nem Text pas­siert, der sich mit der Ge­nau­ig­keit von jour­na­lis­ti­scher Ar­beit be­schäf­tigt.

sel­ten habe ich eine so trot­zi­ge ent­schul­di­gung ge­le­sen. ge­nau­ge­nom­men ist es ja auch gar kei­ne kei­ne ent­schul­di­gung, son­dern wahr­schein­lich selbst­mit­leid. selbst­mit­leid ei­nes of­fen­bar manch­mal un­ge­nau ar­bei­ten­den jour­na­lis­ten, der sich ger­ne als präz­sise und ver­läss­lich ar­bei­ten­den jour­na­lis­ten dar­stel­len wür­de und die­sen ruf nun vor da­her­ge­lau­fe­nen, auf­ge­bla­se­nen po­pan­zen ver­tei­di­gen soll. ihm ist das jetzt pein­lich, nicht etwa, als er es un­ge­prüft aus sei­ner er­in­ne­rung hin­schrob. hop­pe ent­schul­digt sich nicht für die­sen „Feh­ler“, son­dern er er­klärt: die ge­schich­te sei in ei­nem for­mat er­schie­nen, in dem spie­gel-jour­na­lis­ten „per­sön­li­che Ge­schich­ten er­zäh­len, ei­ge­ne Er­fah­run­gen und Be­ob­ach­tun­gen.“ lo­gisch, wer ei­nen text liest der per­sön­li­che er­fah­run­gen und be­ob­ach­tun­gen er­zählt, muss doch qua­si mit un­ge­nau­ig­kei­ten und klei­nen feh­lern rech­nen. tz. ma­chen die­se blog­ger doch auch alle.

aus­ser­dem sei das das was alex­an­der svens­son da be­han­delt gar nicht re­le­vant, er­klärt er den spie­gel-blog le­sern, wich­tig sei et­was ganz an­de­res: es geht um die

durch das Netz und die so­zia­len Me­di­en be­för­der­te Nei­gung, sich schnell, aber ober­fläch­lich zu em­pö­ren, ir­gend­was zu li­ken oder eben je­man­den als Lüg­ner und Arsch­loch ab­zu­stem­peln.

und da­mit es auch das hin­ter­letz­te in­ter­net-arsch­loch ver­steht, er­klärt er es noch­mal für doo­fe:

Was ma­chen die so­zia­len Me­di­en mit der Ge­ne­ra­ti­on der Jun­gen? Wie mo­del­liert das Netz ihre Kom­mu­ni­ka­ti­on, ihr Den­ken, Füh­len? Das ist, so habe ich es je­den­falls be­ab­sich­tigt, das ei­gent­lich wich­ti­ge The­ma der Ko­lum­ne.

ich wür­de mich mal über eine ko­lum­ne freu­en in der be­leuch­tet wird, wel­che nei­gun­gen der nie­der­gang ei­ner einst irre reich­wei­ten­star­ken, re­le­van­ten und bei­na­he all­mäch­ti­gen re­dak­ti­on, bei ih­ren selbst­ver­lieb­ten mit­glie­dern be­för­dert. wie re­agie­ren leu­te, de­ren ex­klu­si­ves pri­vi­leg es einst war, leu­te hoch- oder nie­der­zu­schrei­ben, kam­pa­gnen zu fah­ren, skan­da­le zu ent­fa­chen und an­de­re men­schen als lüg­ner zu ent­lar­ven, wenn sie nicht mehr die ein­zi­gen sind die es kön­nen? wie mo­del­liert ein sol­cher ver­lust ihre kom­mu­ni­ka­ti­on, ihr den­ken, füh­len?

hier kann man es nach­le­sen.


1) in alex­an­der svens­sons re­cher­che en­steht der ein­druck, dass ralf hop­pe sich eine ge­schich­te aus­ge­dacht hat, um den man­gel an „gu­ten Jour­na­lis­ten“ in is­land zu il­lus­trie­ren (ix schrob mehr­fach drü­ber, hier und hier und auch hier).


her­vor­he­bun­gen in den zi­ta­ten von mir. die an­de­ren her­vor­he­bun­gen sind auch von mir.


dirk von geh­len sieht das viel mil­der als ich.