prin­ten, ko­ri­an­der, au­ber­gi­nen und perl­glanz­pig­men­te

felix schwenzel

ich bin zwar in aa­chen auf­ge­wach­sen, moch­te prin­ten, die aa­che­ner leb­ku­chen­va­ri­an­te, aber nie. zu hart, zu wür­zig, zu WTF. zum letz­ten weih­nach­ten ha­ben mei­ne el­tern uns wie­der ein paar prin­ten in un­ser rei­se­pro­vi­ant ge­legt. weil sie der bei­fah­re­rin ganz of­fen­sich­tich sehr gut schmeck­ten, habe ich mich nach jah­ren der abs­ti­nenz über­wun­den und auch noch­mal pro­biert. die prin­ten wa­ren zwar et­was fes­ter als zum bei­spiel die aldi-leb­ku­chen, aber lan­ge nicht so stein­hart wie ich mich err­in­ne­re. und auch die wür­zung fand ich nicht mehr so un­an­ge­nehm do­mi­nant wie ich sie in er­in­ne­rung hat­te. wir fan­den die prin­ten so le­cker, dass wir im ja­nu­ar mei­ne el­tern ge­be­ten ha­ben, uns die üb­rig­ge­blie­benn weih­nachts­prin­ten nach ber­lin zu schi­cken.

so ähn­lich er­ging es mir üb­ri­gens mit in­di­schem es­sen. ich moch­te bis vor ein paar jah­ren die meis­ten ge­wür­ze in in­di­schem es­sen nicht. teil­wei­se wur­de mir von in­di­schem es­sen so­gar ein biss­chen flau. das än­der­te sich vor ein paar jah­ren, als ich die ers­ten re­zep­te von aus dem asia­tisch, pa­zi­fi­schen, in­di­schen oder mit­tel-öst­li­chen raum aus­pro­bier­te (und zum bei­spiel ot­to­lenghi nach­koch­te). plötz­lich konn­te ich im es­sen auch ko­ri­an­der, ko­ri­an­der­sa­men, pi­ment oder anis­no­ten to­le­rie­ren und schät­zen. viel­leicht hat es auch mit tim mäl­zer an­ge­fan­gen, der mir (im fern­se­hen) bei­brach­te zimt an kohl zu ma­chen oder küm­mel noch­mal ne chan­ce zu ge­ben. ing­wer habe ich jah­re­lang ge­hasst, jetzt lie­be ich ing­wer.

ich glau­be an ge­wür­ze und ge­schmä­cke kann man sich ge­wöh­nen, auch wenn es manch­mal zeit oder über­win­dung kos­tet. aber, ähn­lich wie beim de­sign, ste­cken hin­ter vie­len ge­schmä­cken und aro­men die man an­fangs gar nicht mag oft über­ra­gen­de qua­li­tä­ten. beim bier kennt das je­der: bit­ter­keit, fremd­heit oder ir­ri­tie­ren­de viel­schich­tig­keit zu über­win­den und schät­zen zu ler­nen geht mit ein biss­chen ex­pe­ri­men­tier­wil­len oder aben­teu­er­lust. ich glau­be das könn­te man auch ganz gut ver­all­ge­mei­nern und auf alle le­bens­be­rei­che aus­deh­nen. mach ich jetzt aber nicht.


apro­pos ex­pe­ri­men­tie­ren. ein paar re­zep­te von ot­to­lenghi wa­ren in den letz­ten wo­chen ziem­li­che rein­fäl­le. eine der au­ber­gi­nen­sup­pen, die ich nach sei­nem re­zept ge­kocht habe, sah aus wie kot­ze und hat­te auch die kon­sis­tenz da­von. ich hät­te das na­tür­lich ah­nen kön­nen, weil die schau­mig-fas­ri­ge kon­sis­tenz von au­ber­gi­nen alle mei­ne warn­lam­pen an­ge­hen lässt. wie erd­bee­ren. der rei­ne ge­schmack von au­ber­gi­nen oder erd­bee­ren stört mich nicht, aber die kon­sis­tenz löst bei mir ekel aus. ich ver­mu­te auch, dass sich das, an­ders als beim ge­schmack, nicht mehr än­dern wird. bei ge­schmack kön­nen wir uns um­ge­wöh­nen und um­ler­nen, bei der kon­sis­tenz wohl nicht. also ich zu­min­dest nicht.


heu­te gabs ge­füll­te quit­ten. bei der an­kün­di­gung un­se­rer es­sens­pla­nung hat uns das kind bei­na­he vor wut ge­schla­gen. weil die quit­ten aber mit (lamm) hack­fleisch ge­füllt wa­ren, ak­zep­tier­te das kind das es­sen wi­der­wil­lig. hei­ke von au hat das re­zept auch mal nach­ge­kocht, fand die far­be der sos­se aber un­be­frie­di­gend und schlug vor, die sos­se mit kur­ku­ma zu fär­ben und wür­zen und die ge­füll­ten quit­ten im ofen zu ga­ren, statt im topf. so habe ich das dann auch ge­macht. die pas­sier­te sos­se war dann schön frucht­las­tig und le­cker, aber die un­pas­sier­ten, gan­zen quit­ten moch­te ich dann auch nicht. we­der die kon­sis­tenz, noch den ge­schmack.

das glei­che galt für das „mu­hal­la­bieh“, ei­nen nah­öst­li­chen milch­pud­ding den ich ges­tern nach­ge­kocht habe. zu­erst dach­te ich zu­fäl­lig das re­zept für slime ent­deckt zu ha­ben, aber ich fand her­aus, dass das nicht aus stär­ke und milch, son­dern aus na­tri­um­te­tra­bo­rat und al­ko­hol her­ge­stellt wird, hier das re­zept.


apro­pos che­mie (und ei­gent­lich auch phy­sik): heu­te wur­de bei der sen­dung mit der maus die her­stel­lung von glim­mer­ba­sier­ten perl­glanz­pig­men­ten er­klärt. also ei­gent­lich die her­stel­lung von na­gel­lack oder lip­pen­stift. die sach­ge­schich­te habe ich noch nicht ein­zeln ge­fun­den, aber die sen­dung selbst ist jetzt eine wo­che on­line.

in der sen­dung wur­de die her­stel­lung der perl­glanz­pig­men­te mit le­go­stei­nen er­klärt. ein klein­ge­mah­len­de­nes glim­mer­plätt­chen wur­de als eine le­go­st­ein­wür­fel ge­zeigt, auf dass sich „flöck­chen“ le­gen wür­den, also hier le­go­plätt­chen, die eine schicht rund um das glim­mer­plätt­chen bil­den wür­den.

wenn man dann „län­ger war­tet“, er­zähl­te ar­min mai­wald, dann bil­de sich „ne zwei­te schicht“ und zwar mit ner an­de­ren far­be.

mir war beim gu­cken dann klar, dass die­se un­ter­schied­li­chen far­ben was mit licht­bre­chung und in­ter­fe­ren­zen zu tun ha­ben müss­ten und habe nach der sen­dung nach „glim­mer“ und „pig­men­te“ ge­goo­gelt. in ei­ner aus­ga­be von spek­trum der wis­sen­schaft von 1997 fin­det sich tat­säch­lich ein ziem­lich gu­ter ar­ti­kel über perl­glanz­pig­men­te. der text von ger­hard pfaff be­nö­tigt ein biss­chen che­mi­sches und phy­si­ka­li­sches grund­wis­sen, ist aber ganz gut ver­ständ­lich — und wie ich fin­de, to­tal fas­zi­nie­rend.

Glim­mer­plätt­chen kann man mit ei­ner Rei­he wei­te­rer Ver­bin­dun­gen um­hül­len, um neue ko­lo­ris­ti­sche Va­ria­tio­nen zu er­zeu­gen. Fest­kör­per-Re­ak­tio­nen und der CVD-Pro­zeß er­wei­tern die Syn­the­se­mög­lich­kei­ten.

Glim­mer läßt sich auch mit Me­tal­len wie Sil­ber und Gold be­schich­ten. Dazu löst man Me­tall­sal­ze in Glim­mer­sus­pen­sio­nen; bei Zu­satz von Re­duk­ti­ons­mit­teln schei­det sich das Me­tall auf den Par­ti­keln in Form dün­ner Schich­ten ab. Man er­hält so Pig­men­te, die preis­güns­ti­ger als rei­ne Plätt­chen aus Gold oder Sil­ber sind, aber eine ver­gleich­ba­re Op­tik auf­wei­sen.

Dr. Ger­hard Pfaff, Perl­glanz­pig­men­te, Spek­trum der Wis­sen­schaft 1997