nie­mals auf die le­ser hö­ren

felix schwenzel

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Kon­tra (@coun­ter­no­ti­ons20.09.2015 15:00

man kann die­sen tweet als naiv an­se­hen (was un­ter dem tweet von „Kon­tra“ auch gleich ge­schah), aber man kann auch mal kurz in­ne­hal­ten und sich die­ses do-not-track-dings mal in ruhe an­se­hen. die do-not-track-in­itia­ti­ve war ein ver­such, brow­ser-be­nut­zern die ein­fa­che mög­lich­keit zu ge­ben, das track­ing, also die ver­fol­gung durch wer­be­ver­mark­ter, auf web­sei­ten zu de­ak­ti­vie­ren. jörg breit­hut auf spie­gel on­line for­mu­liert das so:

Ei­gent­lich sol­len Nut­zer in ih­ren Brow­sern mit der Ein­stel­lun­gen „Do Not Track“ si­gna­li­sie­ren kön­nen, dass sie nicht von Un­ter­neh­men zu Wer­be­zwe­cken aus­ge­forscht wer­den wol­len.

und:

Vie­le Netz­nut­zer wa­ren da­mals be­geis­tert von der Idee, ohne Da­ten­spu­ren durchs Netz zu sur­fen. Doch mit dem Aus­stieg von Ya­hoo schei­nen sich die Pro­gno­sen der Bran­chen­ex­per­ten zu be­wahr­hei­ten.

Kri­ti­ker sag­ten da­mals schon vor­aus, dass die wer­be­fi­nan­zier­ten Un­ter­neh­men bei „Do Not Track“ nicht mit­spie­len wür­den. Zu groß war ih­rer Mei­nung nach das Ri­si­ko, die An­zei­gen-Kun­den zu ver­prel­len. Schließ­lich kön­nen Mi­cro­soft, Ya­hoo und Co. die Wer­bung we­sent­lich bes­ser auf die Nut­zer zu­schnei­den, wenn sie de­ren Klick­ver­hal­ten und In­ter­es­sen ken­nen.

spie­gel on­line ist eben­falls eine wer­be­fi­nan­zier­tes un­ter­neh­men, das sei­ne an­zei­gen­kun­den nicht ver­prel­len möch­te. je­den­falls ar­bei­tet spie­gel-on­line auch mit un­ter­neh­men zu­sam­men, die be­nut­zer „zu Wer­be­zwe­cken“ aus­for­schen. der ar­ti­kel über den aus­stieg von ya­hoo aus der do-not-track-al­li­anz, aus dem ich oben zi­tie­re, wird laut ghos­tery von 17 aus­for­schungs-tra­ckern gar­niert.

ich habe mir mal stich­pro­ben­ar­tig und zu­fäl­lig die da­ten­schutz­er­klä­rung ei­nes die­ser bei spie­gel-on­line ein­ge­setz­ten tra­ckers an­ge­se­hen, von cri­teo. in der eng­lisch­spra­chi­gen ver­si­on sei­ner da­ten­schutz­er­klä­rung, weist cri­teo dar­auf hin, die do-not-track-ein­stel­lung des be­nut­zers nicht zu re­spek­tie­ren:

As de­scri­bed abo­ve, we elec­ted to pro­vi­de me­cha­nisms of choice th­rough our pro­prie­ta­ry opt out and th­rough in­dus­try plat­forms and do not re­spond to web brow­ser do not track si­gnals.

ei­nen ein­fa­chen me­cha­nis­mus, mit dem man glo­bal an­zei­gen kann, nicht er­fasst wer­den zu wol­len, lehnt cri­teo ab, weil man sich für eine „in­dus­trie“-ei­ge­ne im­ple­men­tie­rung ent­schie­den habe.

in der deut­schen ver­si­on der da­ten­schutz­er­klä­rung konn­te ich gar kei­ne hin­wei­se auf den um­gang mit der do-not-track-an­wei­sung fin­den. dort steht:

In die­sen Fäl­len ist es am ein­fachs­ten, un­se­re Wer­be­mit­tel für die­se Brow­ser durch die Ver­wen­dung un­se­rer Opt-out-Funk­ti­on zu de­ak­ti­vie­ren.

wenn ich von der deutsch­spra­chi­gen da­ten­schutz­er­klä­rung von cri­teo auf de­ren „in­dus­trie-ei­ge­ne“ opt-out-funk­ti­on kli­cke, lan­de ich auf ei­ner eng­lisch­spra­chi­gen sei­te, hier. für die deut­sche ver­si­on muss ich ein biss­chen su­chen und lan­de dann hier, bzw. beim „Prä­fe­renz­ma­nage­ment“.

dort be­kom­me ich ei­nen ein­fach zu ver­ste­hen­den hin­weis:

3rd Par­ty Coo­kies nicht ak­ti­viert: Der Sa­fa­ri-Brow­ser blo­ckiert das Set­zen von Coo­kies für ver­hal­tens­ori­en­tier­te Wer­bung. Um die­se er­folg­reich über die­ses Sys­tem de­ak­ti­vie­ren zu kön­nen, müs­sen die­se Coo­kies aber ak­ti­viert sein. So­fern Sie die­se nicht de­ak­ti­viert las­sen möch­ten, ge­ben wir Ih­nen Hil­fe­stel­lun­gen, die­se zu ak­ti­vie­ren. Für wei­te­re In­for­ma­tio­nen be­su­chen Sie un­se­re Hil­fe-Sei­te Opt-out-Hil­fe-Sei­te. So­fern Sie die­se Coo­kies de­ak­ti­viert hal­ten, wird ih­nen nur ver­hal­tens­ba­sier­te Wer­bung über Web­sei­ten ein­ge­blen­det, die Sie be­sucht ha­ben und nicht von Dritt­par­tei­en.

ich glau­be das be­deu­tet, dass ich erst track­ing-coo­kies ak­zep­tie­ren muss, be­vor ich die an­bie­ter wis­sen las­sen kann, dass ich de­ren coo­kies, oder was auch im­mer sie be­nut­zen um mich zu ver­fol­gen, nicht ak­zep­tie­ren möch­te. OK. statt coo­kies nur von sei­ten zu ak­zep­tie­ren, die ich be­su­che, ak­zep­tie­re ich dann eben um des da­ten­schutz wil­lens alle coo­kies.

sei­te neu­la­den … war­ten:

“Coll­ec­ting your sta­tus from 0 com­pa­nies. This may take a while”

nach 40 se­kun­den steht die sei­te. „Nut­zungs­ba­sier­te On­line-Wer­bung“ ist bei al­len an­bie­tern ak­ti­viert, bis auf „Krux“. da is­ses de­ak­ti­viert. war­um auch im­mer. vor zwei jah­ren habe ich das tool schon­mal zu re­cher­che­zwe­cken be­nutzt, viel­leicht habe ich dort ein paar an­bie­ter „de­ak­ti­viert“. egal. ich kli­cke „Bei al­len An­bie­tern de­ak­ti­ve­ren“. das de­ak­ti­vie­ren dau­ert ca. 30 se­kun­den, also lese ich noch ein biss­chen.

Wenn Sie "De­ak­ti­ve­ren" wäh­len be­deu­tet das nicht, dass Sie kei­ner­lei On­line-Wer­bung mehr er­hal­ten. Es be­deu­tet je­doch, dass die On­line-Wer­bung, die Sie auf den Web­sei­ten se­hen, nicht auf der Ba­sis Ih­rer ver­meint­li­chen In­ter­es­sen oder Vor­lie­ben (ab­ge­lei­tet von Ih­rer In­ter­net­nut­zung) an­ge­passt wird. Eine De­ak­ti­vie­rung der nut­zungs­ba­sier­ten On­line-Wer­bung hat kei­nen Ein­fluss auf an­de­re Diens­te, die Coo­kies ver­wen­den; bspw. Ihr Wa­ren­korb. Von Ih­nen be­such­te In­ter­net­sei­ten kön­nen über­dies auch noch für an­de­re Zwe­cke In­for­ma­tio­nen sam­meln; bspw. für Markt­for­schung.

„So­cio­man­tic“ lässt sich nicht de­ak­ti­vie­ren, aber you­ron­line­choices.com be­ru­higt mich:

Wir ha­ben die­sen Feh­ler au­to­ma­tisch pro­to­kol­liert. Wenn der Feh­ler wei­ter­hin be­steht wer­den wir uns an die be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men wen­den.

ei­ni­ge der on­lin­ever­mark­ter, die auch mit spie­gel-on­line zu­sam­men­ar­bei­ten, sind also der mei­nung dass es bes­ser (oder ein­fa­cher) für die ver­brau­cher oder be­su­cher von web­sei­ten sei, sich durch ein le­se­inten­si­ves, ha­ke­lig zu be­die­nen­des, deng­lisch-spra­chi­ges, pro­prie­tä­res bran­chen-werk­zeug durch­zu­kli­cken, als ein häck­chen im brow­ser zu set­zen.

mög­li­cher­wei­se hat das „Screw you“, die ent­schei­dung der wer­be­schnüff­ler sich nicht an „do not track“ zu hal­ten, nicht di­rekt zur po­pu­la­ri­sie­rung von wer­be- und tra­cker-blo­ckern ge­führt, wie @coun­ter­no­ti­ons sug­ge­riert. aber die grund­hal­tung, nut­zer­wün­sche nicht oder nur wi­der­wil­lig — und dann ganz be­son­ders lieb­los — zu re­spek­tie­ren, scheint in der wer­be­bran­che doch sehr aus­ge­prägt zu sein. aber der ei­gent­li­che witz ist, im­mer noch, dass selbst eine er­folg­rei­che, sich durch sei­ne toch­ter selbst ver­mark­ten­de und über­wa­chungs­the­men gegn­über enorm sen­si­ble pu­bli­ka­ti­on wie spie­gel-on­line sich die­sem un- und irr­sinn beu­gen muss. was die wer­be­kun­den wol­len wird ge­macht. auch bei spie­gel-on­line. bloss nie­man­den ver­prel­len! aus­ser die le­ser, die „bling-bling“-kon­su­men­ten, wenn man die ver­prellt hat das kei­ne schwer­wie­gen­den fol­gen, vor al­lem ver­ste­hen die das al­les ja auch gar nicht.


sar­kas­mus zur sei­te. mir ist es wirk­lich ein rät­sel, war­um spie­gel-on­line nicht das on­line-me­di­um ist, das sich mit bei­spiel­haf­ter, an­stands­kon­for­mer wer­bung pro­fi­liert oder die be­fol­gung der do-not-track-an­wei­sung kon­se­quent durch­setzt. mit ei­nem ei­ge­nen wer­be­ver­mark­ter, ei­ner ge­schäfts­fü­he­rin, die in der mo­zil­la-stif­tung sitzt und der die­se pro­ble­ma­ti­ken sehr gut be­wusst sein dürf­ten — und vor al­lem mit ei­ner re­dak­ti­on, die her­vor­ra­gen­de be­richt­erstat­tung rund um pri­vat­sphä­ren- und da­ten­schutz­ver­let­zun­gen macht.