net­te men­schen in ra­ge

felix schwenzel in notiert

im som­mer, oder eher jetzt im spät­som­mer oder früh­herbst, habe ich oft die bal­kon­tü­re of­fen und be­kom­me mehr von der stras­se vor un­se­rem haus mit, als mir lieb ist. ob­wohl die im­mer wie­der es­ka­lie­ren­den ge­sprä­che der trin­ker am ki­osk, un­ter un­se­rer woh­nung, mitt­ler­wei­le auf null zu­rück­ge­gan­gen sind, es­ka­lie­ren die emo­tio­nen auf der stras­se vor un­se­rem haus im­mer wie­der. ganz be­son­ders dann, wenn au­to­fah­rer sich in ih­rem recht zur pas­sa­ge der in ber­lin aus­ge­leg­ten stras­sen ein­ge­schränkt füh­len. oder wenn sie glau­ben nicht an ei­nem ge­park­ten lie­fer­wa­gen vor­bei­zu­kom­men. sie hu­pen dann zu­erst und fan­gen ir­gend­wann an zu schrei­en. na­tür­lich schrei­en sie nie: „ich bin kein gu­ter au­to­fah­rer und glau­be dass mein 1,90 me­ter brei­tes auto nicht durch eine lü­cke von 2,50 me­ter passt.“ statt­des­sen schrei­en sie lie­ber wüs­te be­schimp­fun­gen aus ih­ren au­tos her­aus.

wie bei hun­den scheint die­se rage an­ste­ckend zu sein. oft fan­gen dann auch fuss­gän­ger an zu schrei­en und be­schimp­fen die wahl­wei­se die par­ken­den oder die au­to­fah­ren­den. auch der freund­li­che alte mann, den fri­da im­mer sehr ger­ne freu­dig be­grüsst, weil er sie auch im­mer so gut ge­launt be­grüsst. (fri­da in­ter­es­siert sich sehr für men­schen, be­grüsst aber aus­schliess­lich men­schen die sie kennt oder die sich für sie in­ter­es­sie­ren.)

den freund­li­chen fri­da-be­grüs­ser sah ich vor ein paar ta­gen so in rage über ei­nen par­ken­den lie­fer­wa­gen — ob­wohl er zu fuss un­ter­wegs war — dass er nicht nur schrie, son­dern auch noch ras­sis­ti­sche sprü­che klopf­te. es hat ihn emo­tio­nal sehr auf­ge­wühlt, dass der lie­fer­wa­gen­fah­rer auf der stras­se park­te, statt in ei­ner park­lü­cke hin­ter ihm.

oder der freund­li­che gas­si­mann, den ich bis­her für den zweit-freund­lichs­ten und ent­spann­tes­ten men­schen in der ka­me­ru­ner stras­se (nach mir) hielt. der for­der­te kürz­lich ei­nen rad­fah­rer, der ihn of­fen­sicht­lich beim über­que­ren der stras­se ge­schnit­ten und be­schimpft hat­te, dazu auf „zu kom­men“: „komm doch! komm doch! komm her du sack, komm doch! … du dum­me sau!“ der rad­fah­rer zog das wei­ter­zu­fah­ren ei­ner kon­fron­ta­ti­on vor, konn­te sich das zu­rück­schrei­en aber auch nicht ver­knei­fen.

ich habe ein paar tage lang ge­zö­gert, ob ich das auf­schrei­ben soll, schliess­lich sind das ja mei­ne nach­barn und zu mir su­per freund­lich — so­lan­ge ich nicht un­ge­schickt par­ke oder fahr­rad um sie her­um fah­re. aber an­de­rer­seits ha­ben sie sich ja selbst mit ih­rem ver­hal­ten in den öf­fent­li­chen dis­kurs ein­ge­bracht, und nicht ich. sie ha­ben sich dazu ent­schie­den die nach­bar­schaft mit ih­rem ge­schrei zu be­läs­ti­gen und ag­gres­siv auf­zu­tre­ten, ich bin nur zu­fäl­li­ger und un­frei­wil­li­ger be­ob­ach­ter.