geoID

felix schwenzel, , in wirres.net    

was haben plazes, twitter, qype, aka-aki, google-maps, o2, mein nokia, xing, dings und facebook gemeinsam? naja, einerseits kann man artikel über sie schreiben und web2.0 als überschrift drüber schreiben. ausserdem ähneln sie sich immer mehr. plazes vertwittert und fragt neben „where are you?“ neuerdings wie twitter „what are you doing?“. qype fragt in der (neuen) mobilen version „was suchst du?“ und „wo bist du?“. google maps fragt auch wo man ist, mein nokia bekam ein gps-modul und navigationssoftware mitgeliefert und sagt mir wo ich bin. aka-aki fragt „was machst du gerade?“ und sagt mir wen ich gerade treffe. xing fragt mich vor allem wen ich suche, aber auch wo ich gerade arbeite. o2 kann meine position, bzw. die meines handy seit ungefähr acht jahren mit einer genauigkeit von 200 metern bestimmen und fragt mich meist auch höflich ob das ok sei. facebook fragt mich alles auf einmal. wer bist du, was willst du, wo bist du, was machst du, warum?

alle der oben genannten haben eins gemeinsam: den geografischen ort. wo bin ich? was mache ich dort? wer ist sonst noch da?

ich frage mich seit geraumer zeit warum jeder einzelner dieser dienste eigene mechanismen und techniken entwickelt um herauszufinden wo ich bin und vor allem, warum sich für die ortsbestimmung noch kein allgemeiner standard entwickelt hat der auf dem handy, im netz, auf dem laptop gleichermassen zuverlässig funktioniert. denn mir und vielen menschen scheint es wichtig zu sein andere wissen zu lassen wo sie sind. oder umgekehrt.

warum gibt es kein programm, dass die verschiedenen arten meinen standort festzustellen vereint und an die jeweiligen dienst weitergibt?
um mich bei plazes an einem ort („plaze“) zu registrieren muss ich den „plazer“ starten der dann entweder die MAC-adresse des routers mit der datenbank abgleicht und mich automatisch dort anmeldet oder ich gebe eine adresse ein, die dann auch mit der datenbank abgeglichen wird und — so vorhanden — mich dort „plaziert“ oder mich einen neuen „plaze“ eingeben lässt. mittlerweile kann mich plazes auch per sms lokalisieren. allerdings muss ich dafür die adresse oder den namen des „plaze“ in die sms tippen.
bei qype muss ich sowohl in der mobilen und in der standard-version wie bei google-maps eine adresse eingeben damit ich erfahre wo ich bin. die geo-daten aus plazes kann ich nicht für qype benutzen.
auf meinem handy läuft eine tom-tom-navigationssoftware. tom-tom schluckt entweder eine adresse oder fragt per bluetooth meine gps-maus wo ich gerade bin. wenn tom-tom weiss wo ich bin kan ich mir zwar auch „orte von interesse“ anzeigen lassen, aber diese daten kommen von tom-tom und tom-tom kooperiert weder mit qype, noch mit google, noch mit plazes, also sehe ich nur, was über die redaktionellen hürden bei tom-tom gesprungen ist. die gps-daten aus dem handy oder die ortsbestimmung von tomtom kann ich also weder für qype, noch für plazes, noch irgendwo anders nutzen.
für den mac gibt es eine grossartige software namens marco polo die aus umgebungsvariablen errechnen kann wo ich gerdae bin. diese umgebungsvariablen können — wie bei plazes — die MAC-adresse des routers, anwesende bluetooth-geräte oder geräte im netzwerk sein, der lichtsensor, die tageszeit oder angeschlossene usb-geräte sein. je nach ergebniss der auswertung der umgebungsvariablen stelt marco-polo die „umgebung“ in der ich bin ein. das ist praktisch, weil marco polo mit der umgebung den standard-drucker einstellen kan, funktionen am computer aktivieren oder deaktivieren kann oder skripte laufen lassen kann. plazes, google-maps oder qype können mit der umgebungsbestimmung nichts anfangen. sie haben keine schnittstellen dafür.

nochmal: wie kann es sein, dass für so etwas wichtiges wie die bestimmung des geographishen orts an dem ich mich befinde kein standardisiertes verfahren besteht um ihn herauszufinden? warum sind die bereits existierenden dienste völlig inkompatibel miteinander, warum öffnen sie zur ortsbestimmung und für den datenaustausch nicht ihre schnittstellen? wäre es nicht eine der berühmten killerapplikationen, wenn beispielsweise o2 seine technologie zur ortsbestimmung für qype, google-maps oder plazes zur verfügung stellen würde? wäre es nicht grossartig, wenn der ort an dem ich mich aufhalte von x-beliebigen diensten die ich autorisiere abgefragt werden könnte? wie wäre es, wenn die informationen für den ort an dem ich mich aufhalte oder zu dem ich will zentral für mich aggregiert werden könnten?

oder ist das alles nerdkram den ich hier ausphantasiere? zeugs das eh niemanden ausser technikfuzzis interessiert? ich glaube nicht. wo bist du? wo bin ich? was ist hier in der nähe? sind nicht umsonst die von menschen am häufigsten gestellten fragen (neben „willst du mit mir schlafen“). steile these: der geografische ort an dem wir uns befinden ist ein zentraler bestandteil unserer identität.

es gibt leute die gehen noch weiter und sprechen nicht nur von einer geo-identität, sondern sogar von einer „geopsyche“. jens nommel hat mir kürzlich von diesem begriff erzählt. jens nommel ist geograph, eine disziplin, die normalerweise nicht nur mir schauer der langeweile über den rücken jagd. aber jens nommels leidenschaft für geographie (und literatur) hat auch mich ein bisschen angesteckt: kürzlich hat er seine webseite handlungsreisen.de neugestaltet (ich war peripher auch daran beteiligt). auf handlungsreisen.de verbindet er seine beiden leidenschaften geografie und literatur, indem er orte sammelt an denen literatur spielt. letztendlich ist handlungsreisen.de eine datenbank in der orte mit literatur verknüpft sind. man kann nach büchern suchen und angezeigt bekommen wo diese bücher spielen oder nach orten suchen und angezeigt bekommen in welchen büchern diese orte vorkommen.

das eigentlich spannende daran ist, wie bei plazes, qype und google-maps, dass hier reale orte im virtuellen raum mit informationen belegt werden und dadurch angereichert werden. wenn über orte daten gesammelt werden und ich diese daten nutzen kann oder besser noch rekombinieren könnte, entstehen metadaten oder im besten falle wissen. das einzige problem: noch funktioniert das alles nicht. die aggregation der informationen funktioniert nicht, die ortsbestimmung funktioniert immer nur in der quarantäne von einzelapplikationen. ich kann informationen über orte aus allen möglichen quellen sammeln, aber kombinieren, zusammenführen kann ich sie noch nicht.

wer das als erster hinbekommt wird unfassbar reich werden.

[wahrscheinlich wird google das als erster hinbekommem und noch unfassbarer reich werden.]