„telegraphen lunch“

felix schwenzel, , in wirres.net    

max senges und ulrich clauß beim telegraphen lunch

letzte woche dienstag fand das zweite von mir besuchte und von der telekom organsierte „telegraphen lunch“ statt. das angekündigte thema lautete: „Scheuklappen im Netz – Übernehmen Algorithmen die Kontrolle über unser Wissen?“

das tatsächlich diskutierte thema war dann suchmaschinen-regulierung, ja oder nein. die beiden diskutanten, oder „impulsgeber“, wie die telekom das nennt, waren der google-lobbyist max senges, der auf seinem blog schwierigkeiten zeigt, zwischen den worten „disclaimer“ und „disclosure“ zu unterscheiden und als impuls eine von ihm erstellte mindmap besprach, und der die-welt-journalist ulrich clauß.

bei seinem vortrag erwähnte senges eine menge wohl-formulierte selbstverständlichkeiten und dinge die man eben von jemandem der für google arbeitet erwartet. filter und gatekeeper habe es schon immer gegeben, monopolisierung sei kein problem, da die nächste suchmaschine oder der bessere suchalgoritmus immer nur einen klick weit entfernt sei und die von eli pariser befürchtete „filter-bubble“ sei nicht zu befürchten, weil die suchalgoritmen irre komplex und selbstlernend seien.

max senges schien mir, obwohl ich dazu neigte ihm in fast jedem einzelnen punkt zuzustimmen, eine spur zu defensiv und argumentativ flach. argumentativ holte ulrich clauß ganz weit aus, leider so weit, dass ihm kaum noch jemand folgen konnte, wie spätere nachfragen aus dem publikum zeigten. er verbrachte grosse teile seines impulsvortrags damit, die filter-bubble-theorie von pariser noch weiter zu intellektualisiern, was bei mir zeitweise zu schlaf-impulsen führte.

trotzdem hatte er ein paar argumente im gepäck, die nicht ganz von der hand zu weisen sind. eines lautete, dass neue, freie und unregulierte märkte fast immer zu monopolen führten — was im fall von google, facebook und dem springer-verlag nicht ganz von der hand zu weisen ist. deshalb, so forderte er, solle der suchmaschinenmarkt, genau wie jeder andere medienmarkt reguliert werden, um konzentration zu verhindern und konkurenz zuzulassen. nein, man müsse die algoritmen die bei google oder anderen suchmaschinen, medien oder gatekeepern arbeiteten nicht verstehen oder gar offenlegen — aber man müsse den wettbewerb dieser algoritmen ermöglichen. ich fand das einleuchtend, bekomme aber ganz schnell kalte füsse, wenn ich mir auch nur ansatzweise vorstelle, wie eine solche regulierung aussehen soll — und wer diese regularien formulieren soll. unser politisches system scheint mir dafür extrem ungeeignet.

im laufe der diskussion und auf antwort auf einen längeren als frage getarnten redebeitrag vom stellvertretenden vorsitzenden der internet enquete-kommission gerold reichenbach, sagte ulrich clauß (sinngemäss), dass zu jeder form von kreativität und innovation auch dazugehöre, keine ahnung von dem was man mache zu haben. was, je länger ich drüber nachdenke, auch nicht unbedingt für regulierung und bürokratisierung von suchmaschinen oder webdiensten spricht.

ich glaube künftig sollten die veranstalter sich entscheiden, ob sie „impulse“, sprich kurzvorträge oder diskussionen haben wollen. beides zusammen in diesem zeitlich etwas engen rahmen geht meiner meinung nach nicht. es würde auch nichts schaden die themen etwas schärfer oder kontroverser zu formulieren, so dass sich die diskutanten ordentlich streiten können, statt rumzuparlieren. mehr kontroverse debatte als thesenabladung mit periphärer moderatoren-anbindung.

gerettet hat die veranstaltung (natürlich) das essen und die gelegenheit 10 minuten mit kathrin passig zu plaudern.

hier ist ein blogeintrag zur veranstaltung auf dem telekom-blog, der auch mit dem folgenden filmchen verziert wurde:

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