der schwarm

felix schwenzel, , in wirres.net    

ich habe im urlaub von jemandem gehört, dass ameisen nicht nur blattläuse melken, sondern auch auf die blattläuse aufpassen. das geht so weit, dass die ameisen die läuse angeblich sogar bei regen in ihren ameisenhaufen tragen und sie nach dem regen wieder auf ihre blätter setzen. das hat mich so sehr fasziniert, dass ich mir beim nächsten besuch im kiosk die deutsche national-geographics ausgabe mit der ameisen-schwarmintelligenz gekauft habe (englischer volltext hier).

da liest man dann folgenden zentralen satz: „A single ant or bee isn’t smart, but their colonies are.“

die einzelne ameise handelt nach relativ einfachen, festen regelsätzen, aber in der summe ergibt sich daraus intelligentes verhalten. im falle von bienen sind auf der basis von einfachsten mechanismen entscheidungsprozesse zu beobachten die beispielsweise bei der bestimmung des künftigen nistplatzes stets zum optimalen ergebnis führen.

besonders faszinierend und das eigentliche erfolgsgeheimnis der ameisen: niemand trägt die alleinige verantwortung.

One key to an ant colony, for example, is that no one’s in charge. No generals command ant warriors. No managers boss ant workers. The queen plays no role except to lay eggs. Even with half a million ants, a colony functions just fine with no management at all—at least none that we would recognize. It relies instead upon countless interactions between individual ants, each of which is following simple rules of thumb. Scientists describe such a system as self-organizing.

woran mich das erinnert? richtig. an das blogdings. relativ einfache kommunikationsmittel, keine zentrale steuerung, viele autarke einzelindividuen die lose miteinander verbunden sind und von aussen, zumindest bei naiven, ahnungslosem oder panischen blick, wie ein homogener haufen aussehen. diese ahnungslosen blicke ohne jede sachkenntnis werfen zur zeit vermehrt vermeintliche alleswisser die sich journalisten nennen. die meinen dann, einzelne stimmen sprächen für das ganze, bilden sich ein, der haufen habe ein ziel oder „grosse vorbilder“.

aber die parallelen sind frappierend. unternehmen müssen lernen, dass plötzlich eine einzelne ameise die sie schlecht behandeln anderen ameisen davon berichtet und sie es plötzlich nicht mit einem unzufriedenen kunden zu tun haben, sondern mit einem unkontrollierbaren, lauten, gefrässigen schwarm. eine ameise einfach plattzuhauen, ihr zu drohen funktioniert nicht mehr so wie früher. und das aus einem ganz einfachen grund: die ameisen kommunizieren miteinander.

und:

Es sind nicht (nur) die Blogs, die die Medien verändern, es ist das Netz. Und das Netz greift viel tiefer in unser Leben und Denken ein, als sich das so mancher Journalist offenbar vorstellen mag. Ohne das Netz, das wiederhole ich gerne immer wieder, hätte wir nicht mal den Ansatz einer Diskussion über die sog. „Sicherheitsgesetze“ von Schäuble + Co. Ohne das Netz würden Ideen, wie die des Bürgergeldes nicht so schnell eine breite Öffentlichkeit gefunden haben. Blogs sind nur das momentane Transportmittel für solche Dinge. [don dahlmann]

es ist das netz, dummkopf! das netz ist mehr als seine einzelteile. die ausschliessliche, isolierte betrachtung von einzelteilen oder -aspekten hilft nicht das ganze zu verstehen. und: ein paar fette ameisen die besonders auffällig oder laut sind, sprechen keinesfalls für das ganze, sondern ausschliesslich für sich selbst.