ode an jo­chen weg­ner

felix schwenzel

jo­chen weg­ner ist der ba­rack oba­ma des fo­cus. ich kann das heft nicht lei­den und der on­line auf­tritt rauscht kom­plett an mei­ner auf­merk­sam­keits­schwel­le vor­bei. ich glau­be zum letz­ten mal hab ich die fo­cus.de-sei­te zur ce­bit auf­ge­ru­fen. oder zur fuss­ball wm. ich fra­ge mich ge­ra­de obs schon­mal nen fo­cus.de-ar­ti­kel in riv­va (huch: riv­va-leit­me­di­en platz 433) gab? weg­ner hin­ge­gen fin­de ich su­per.

jo­chen weg­ner wür­de ich, wenn er auf po­di­en spricht, so­gar hin­ter­her­rei­sen. wenn er auf ei­nem po­di­um et­was sagt, hal­te ich das im­mer für wahn­sin­nig in­tel­li­gent (hier ist kein iro­nie­tag ver­steckt!) und er kommt mir völ­lig un­ei­tel und sym­pa­thisch vor. wenn ich mark­wort sehe, platzt er vor ei­tel­keit, re­det po­pu­lis­ti­sches, seich­test, un­in­ter­es­san­tes zeug und ich füh­le mich durch ihn be­stä­tigt, dass fo­cus ein kä­se­blatt ist.

weg­ner ver­leiht dem fo­cus ein mensch­li­ches ant­litz, er gibt mir das ge­fühl, wenn ich ihn re­den höre, das fo­cus.de doch ein pro­fun­des, in­ter­es­san­tes pro­dukt sein könn­te. wenn weg­ner ba­rack oba­ma ist, ist hel­mut mark­wort ge­or­ge w. bush. er per­so­ni­fi­ziert al­les was mir am ge­druck­ten fo­cus (und am jour­na­lis­mus) un­sym­pa­thisch ist: ober­fläch­lich­keit, po­pu­lis­mus, rechts­las­ti­ger kam­pa­gnen-jour­na­lis­mus, selbst­ver­liebt­heit, in­fo­tain­ment und hu­mor­lo­sig­keit.

weg­ner gab mir heu­te hoff­nung, dass das mit dem on­line­jour­na­lis­mus in deutsch­land doch noch was wer­den könn­te. heu­te auf dem ers­te po­di­um der ver­an­stal­tung „bes­ser on­line“ sass er zu­sam­men mit ste­fan keu­chel, dem aal­glat­ten press­spre­cher von goog­le, man­fred hart, dem stam­meln­den und of­fen­bar an ei­ner schwe­ren ar­gu­men­te-all­er­gie lei­de­nen chef­re­dak­teur von bild.de, wolf­gang büch­ner, dem haa­ri­gen, aber ziem­lich über­zeu­gen­den chef­re­dak­teur von spie­gel-on­line und jörg sadro­zinski, dem re­dak­ti­ons­lei­ter von ta­ges­schau.de, dem man jede gre­mi­en­sit­zung die er er­lei­den muss­te, an sei­ner bü­ro­kra­tisch-dif­fe­ren­ziert spra­che ab­le­sen kann, auf dem po­di­um (aus­ser sadro­zinski sprach nie­mand von „jour­na­lis­tin­nen und jour­na­lis­ten“ und aus­ser der mo­de­ra­to­rin mi­chae­la skott, war nie­mand so sehr (ver­geb­lich) auf aus­gleich be­müht wie er).

ob­wohl frau skott in der tat „die un­er­träg­li­che kunst, aus span­nen­den dis­kus­sio­nen durch zwi­schen­mo­de­ra­tio­nen die luft zu neh­men“ be­herrscht, blie­be dank weg­ner (und büch­ner) am ende der dis­kus­si­on hoff­nung.

hoff­nung, dass es leu­te gibt die das in­ter­net ver­ste­hen, oder ge­nau­er ver­ste­hen wol­len und die po­ten­zia­le und chan­cen er­ken­nen und dar­aus, im bes­ten fal­le, gu­ten jour­na­lis­mus ma­chen. am deut­lichs­ten zeig­te sich das für mich bei der dis­kus­si­on, als es um goog­le ging. ver­le­ger und chef­re­dak­teu­re ha­ben ja ein ziem­lich ge­spal­te­nes ver­hält­nis zu goog­le. ei­ner­seits schau­felt goog­le ih­nen mas­sig traf­fic ins haus, weg­ner mein­te bei fo­cus sei­en es 40%, bei an­de­ren blät­tern auch gut und ger­ne mal 60-70%. an­de­rer­seits arg­men­tie­ren vie­le, vor al­lem bel­gi­sche, zei­tungs­ver­le­ger, dass das was goog­le und goog­le-news ma­che con­tent-klau und pa­ra­si­tär sei. oder wie man­fred hart von bild.de ne­bu­lös sag­te, jour­na­lis­ten mö­gen es nicht, wie gog­le mit ih­nen um­geht. wenn ich mich recht er­in­ner­te be­haup­te­te er so­gar, dass die ur­auf­ga­ben des jour­na­lis­mus, re­cher­che, ein­ordung und zu­sam­men­fas­sung von er­eig­nis­sen von goog­le „ver­hin­dert“ (oder ver­än­dert?) wür­den. weg­ner rei­cher­te harts wor­te mit ein paar durch­aus nach­voll­zieh­ba­ren und klu­gen ar­gu­men­ten an: das pro­blem mit goog­le sei vor al­lem die man­geln­de trans­pa­renz. die re­geln nach de­nen goog­le bei­spiels­wei­se hin und wie­der web­sei­ten ab­straft, sei­en nicht trans­pa­rent, bzw. schwer nach­voll­zieh­bar bis will­kür­lich. zu­min­dest sei es schwer her­aus­zu­fin­den, wenn man mal aus dem in­dex ge­flo­gen sei, wes­halb und was man tun kann um wie­der rein­zu­kom­men. goog­le wer­de durch sein qua­si-mo­no­pol in deutsch­land, wo ca. 90% der in­ter­net­nut­zer goog­le als such­ma­schi­ne nut­zen, zu ei­ner art neu­em gate­kee­per (kein wun­der dass da jour­na­lis­ten fuch­sig wer­den).

der pres­se­spre­cher von goog­le wich dem man­geln­de-trans­pa­renz-vor­wurf ge­schickt aus, in­dem er ant­wor­te­te, er kön­ne das nicht nach­voll­zie­hen, war­um goog­le zum feind­bild sti­li­siert wür­de. er häte auch ex­tra mal die de­fi­ni­ti­on von mo­no­pol nach­ge­schla­gen (ich auch). goog­le sei nun­mal ein­fach eine such­ma­schi­ne (was so auch nicht mehr wirk­lich stimmt) die sich durch­aus har­ter kon­ku­renz aus­ge­setzt sehe: mi­cro­soft, ya­hoo, äh, ich glau­be er nann­te auch eine drit­te, aber die fällt mir jetzt par­tout nicht mehr ein. dass goog­le mit ya­hoo bei der on­line wer­bung zu­sam­men­ar­bei­ten (möch­te) ver­gass er zu er­wäh­nen. da­für wies er dar­auf hin, dass die be­nut­zer ja auch über so­zia­le netz­wer­ke, face­book, twit­ter, my­space an in­for­ma­tio­nen kä­men, dass man das mit der star­ken stel­lung von goog­le also nicht über­be­wer­ten sol­le. dass goog­le auch im be­reich so­zia­le netz­wer­ke schwe­re ge­schüt­ze ge­gen die kon­ku­renz auf­fährt und man mit my­space eine mil­li­ar­den­schwe­re wer­be-ko­ope­ra­ti­on hat, er­wähn­te er auch nicht (das prä­zi­sier­te weg­ner spä­ter, als er sag­te, goog­le wer­de mehr und mehr zum „web“ selbst). aber er wur­de nicht müde, zu be­to­nen, dass goog­le vie­len web­sei­ten sehr viel traf­fic zu­spü­le, auch klei­ne­ren sei­ten. traf­fic, den weg­ner üb­ri­gens sehr hoch­wer­tig nann­te. le­ser, die von goog­le kä­men sei­en im nut­zer­ver­hal­ten kaum von de­nen zu un­ter­schei­den, die über die home­page kä­men.

zu such­ma­schi­nen und such­ma­schi­nen­op­ti­mie­rung sag­te weg­ner auch noch zwei din­ge die mir aus der see­le spra­chen. für ein schlech­tes pro­dukt kön­ne man so viel wer­bung ma­chen wie man wol­le, nur wird da­durch das schlech­te pro­dukt nicht bes­ser. im ge­gen­teil, mehr leu­te be­mer­ken, dass das pro­dukt schlecht ist. in­so­fern stö­re ihn exes­si­ve such­ma­schi­nen­op­ti­mie­rung bei der kon­ku­renz gar nicht. im ge­gen­teil, manch­mal wün­sche er sich beim le­sen von pa­pier-zei­tun­gen, dass man dort mal ein biss­chen such­ma­schi­nen­op­ti­mie­rung be­trei­be. gute such­ma­schi­nen­op­ti­mie­rung, bei­spiels­wei­se mit über­schrif­ten die auch mal was mit dem in­halt des artiels zu tun hät­ten, hel­fe den le­sern eben auch, das wich­ti­ge auf ei­nen blick zu er­ken­nen.

wolf­gang büch­ner, von spieg­le on­line stiess in das sel­be horn: an ers­ter stel­le käme die qua­li­tät, dann erst sol­le man sich um reich­wei­te küm­mern und dann um mo­ne­ta­ri­sie­rung. am an­fang der dis­kus­si­on scher­ze büch­ner auch mit man­fred hart, der ihm an­droh­te, dass bild.de nächs­tes jahr spie­gel on­line bei den le­ser­zah­len über­ho­len wür­de, dass ihm das wirk­lich nix aus­ma­chen wür­de, so­lan­ge man sie nicht bei der qua­li­tät über­hol­ten. das be­fürch­te er al­ler­dings nicht.

und no­chet­was be­ein­druck­te mich an weg­ners aus­füh­run­gen. bei fo­cus.de habe man work­flows im con­tent-ma­nag­ment-sys­tem ent­wi­ckelt und um­ge­setzt, die die re­dak­teu­re dazu an­hal­ten auf le­ser­kom­men­ta­re mit in­halt­li­cher kri­tik oder kor­rek­tur­vor­schlä­gen zu re­agie­ren, ent­we­der in kom­men­tar­form oder durch eine kor­rek­tur des ar­ti­kels.

und um die­se elo­ge auf jo­chen weg­ner end­lich ab­zu­schlies­sen, möch­te ich noch ei­nes er­wäh­nen was er sag­te und was sich ent­we­der als pro­phe­tisch oder ein­fach blöd da­hin ge­sagt her­aus­stel­len könn­te: er kön­ne sich vor­stel­len, dass an­ge­sichts des ste­tig wei­ter­wach­sen­den such­ma­schi­nen-traf­fics, dem vor­marsch von ag­gre­ga­to­ren und feed­rea­dern, jour­na­lis­ten in zu­kunft viel­leicht rei­ne feed­pro­du­zen­ten wer­den. an­ge­sichts mei­ner feedb­ur­ner zah­len (kon­stant um die 3000 abos) und da­ge­gen bei­na­he lä­cher­li­chen le­ser­zah­len, könn­te da was dran sein.

was mir aus­ser­dem noch so auf­fiel:

  • nie­mand trug schlips
  • aus­ser weg­ner sag­ten auch an­de­re vie­le klu­ge sa­chen, aber die hab ich mir of­fen­bar nciht auf­ge­schrie­ben — oder die no­ti­zen ver­lo­ren
  • es wur­de mehr fo­to­gra­fiert als get­wit­tert
  • es gab kein bier
  • chris­ti­an ja­ku­betz schrieb sich ei­nen wolf, was sich ziem­lich gut liest, aber beim tip­pen sehr laut war.
  • jour­na­lis­ten man­gelt es manch­mal an hu­mor. (mir auch).
  • ich habe mich, drei bis vier­mal (zwei­mal nach auf­for­de­rung) zu wort ge­mel­det und je­des­mal nach­dem ich auf­hör­te zu re­den das ge­fühl, mich um kopf und kra­gen ge­re­det zu ha­ben.
  • nach der dis­kus­si­on zwi­schen ste­fan nig­ge­mei­er und lutz till­manns kam ich zur er­kennt­nis, dass der deut­sche pres­se­rat „ko­ko­lo­res“ ist. lei­der hab ich das auch laut ge­sagt.
  • bei alex­an­der svens­son „bes­ser tren­dig“-ver­an­stal­tung habe ich ge­lernt, dass es ei­nen so­ge­nann­ten „gart­ner hype cy­cle“ gibt.
  • nach zwei bröt­chen in der zwölf-uhr-pau­se konn­te ich bis 17 uhr 30 nichts mehr es­sen.

[nach­trag 19.10.2008]
pe­ter schink hat die ers­te po­di­ums­dis­kus­si­on schön knapp zu­sam­men­ge­fasst.
alex­an­der svens­son hat sei­ne fo­li­en on­line.

[nach­trag 22.10.2008]
jo­chen weg­ner hat sich am sams­tag sechs mi­nu­ten vor der ka­me­ra zu den plä­nen von fo­cus.de ge­äus­sert, wie ix fin­de sehr in­ter­es­sant. ich habe mich auch zu ir­gend­was ge­äus­sert. ach­so, ste­fan nig­ge­mei­er auch.