technik

felix schwenzel

ich habe mal, vor lan­ger zeit, als schrei­ner ge­ar­bei­tet. es gibt fast nichts be­frie­di­gen­de­res als aus ei­nem ro­hen stück holz oder ei­ner nack­ten span­plat­te et­was nütz­li­ches oder schö­nes zu bau­en, was da­nach vor ei­nem steht, sich an­fas­sen und zei­gen lässt (und meis­tens gut riecht). die be­frie­di­gung geht üb­ri­gens über das werk hin­aus. das ge­fühl et­was blei­ben­des, phy­si­sches zu ge­schaf­fen zu ha­ben, ist ziem­lich un­be­schreib­lich gut.

heu­te be­frie­digt es mich auch zu­tiefst, wenn ich gros­se oder klei­ne tech­ni­sche pro­ble­me löse, ir­gend­ein tech­ni­sches gad­get bei mir oder an­de­ren zum lau­fen be­kom­men habe, wenn eine web­sei­te funk­tio­niert, gut aus­sieht und ein­fach da ist, wenn ich den al­ten an­ruf­be­ant­wor­ter mei­ner el­tern weg­schmeis­sen kann und die fritz­box, die in ei­nem un­be­nutz­ten, stil­len käm­mer­chen steht, mei­nen el­tern die nach­rich­ten die an­ru­fer auf­spre­chen, per email zu­stellt. oder wenn mein te­le­fon aut­ma­tisch ohne ma­nu­el­les syn­chro­ni­sie­ren auch alle ter­mi­ne und adres­sen die auf mei­nem rech­ner ste­hen, an­zeigt und mich per GPS und tom­tom durch die welt na­vi­giert. es ist irre be­frei­di­gend, wenn ich mei­nem va­ter statt ei­nes ana­lo­gen welt­emp­fän­gers ein klei­nes in­ter­net­ra­dio hin­stel­le mit dem er 50 tril­li­ar­den welt­wei­te ra­dio­sen­der ampf­an­gen kann, den WDR oder chi­ne­si­sches talk­ra­dio, al­les nur mit wlan und strom, ohne dach­an­ten­ne oder kurz­wel­len­pfeif­fen. oder wenn man über VOIP plötz­lich kos­ten­los und mit den al­ten te­le­fo­nen te­le­fo­nie­ren kann. oder wenn die netz­werk­fest­p­la­te beim kun­den 100GB da­tei­en in 3 mi­nu­ten auf ihr RAID6-lauf­werk ko­piert. über das netz­werk! oder wenn der freund plötz­lich statt auf sei­nen 80GB fest­plat­ten­re­kor­der, fern­seh­send­nun­gen, fil­me und DVDs auf ei­ner ter­ra­byte-fest­plat­te spei­chern und am fern­se­her an­gu­cken und auf­zeich­nen kann.

das ist al­les irre be­frie­di­gend. aber lei­der auch irre fra­gil. tech­nik ist gross­ar­tig, ver­schafft uns al­len un­ge­ahn­te frei­hei­ten und un­ge­ahn­te mög­lich­kei­ten. aber sie geht auch stän­dig ka­putt. frü­her wur­de ab und zu eine DVD zer­kratzt oder man ver­lor mal eine (vi­deo-) kas­set­te an den band­sa­lat, heu­te ist die gan­ze samm­lung weg, wenn eine fest­plat­te platzt. plötz­lich kann man nicht mehr te­le­fo­nie­ren, wenn das in­ter­net mal klemmt, plötz­lich kan mein va­ter kei­nen WDR-sen­der mehr emp­fan­gen, weil das noxon-in­ter­net­ra­dio kryp­tisch sagt, die sei­en plötz­lich und wer weiss war­um „not available“. wenn mein te­le­fon im ur­laub ab­kackt, kann ich kei­ne post­kar­ten mehr schrei­ben und den weg nicht mehr fin­den. wenn die fritz­box bei mei­nen el­tern im­plo­diert, ist nicht nur das in­ter­net weg, son­dern auch das te­le­fon und der an­ruf­be­ant­wor­ter und wenn mi­cro­soft mal wie­der nen neu­en brow­ser raus­bringt se­hen 30% der von mir ge­bau­ten web­sei­ten plötz­lich bei 50% al­ler be­nut­zer wie bei hem­pels un­term sofa aus.

mein 15 jah­re al­tes ge­sel­len­stück sieht heu­te noch aus wie am ers­ten tag. es ist ein biss­chen ge­al­tert, aber in wür­de. tech­ni­sche lö­sun­gen, elek­tro­nik, web­sei­ten al­tern nicht in wür­de. sie ge­hen ein­fach ka­putt, funk­tio­nie­ren von ei­nem tag zum an­de­ren nicht, sind vol­ler un­durch­schau­ba­rer ab­hän­gig­kei­ten, müs­sen ge­up­dated, ge­pflegt und ad­mi­nis­triert wer­den. stän­dig.

trotz­dem. ich lie­be tech­nik. un­nüt­zes zeug, dass ei­nem vor­gau­kelt, dass man da­mit zeit spa­ren könn­te oder das le­ben ver­ein­fa­chen könn­te. denn un­term strich tut sie das auch, die tech­nik. ir­gend­wie.