die hermetische talkshow

felix schwenzel

vor ein paar ta­gen schrob ich eine re­plik zu peer scha­ders über­schwäng­li­cher kri­tik von tim mäl­zers „gros­sem er­näh­rungs­check“:

vielleicht bin ich aber auch einfach zu konservativ. ich mag wie die maus mir fakefrei sachen erklärt. oder wie hoimar von ditfurt oder volker arzt mir früher sachen erklärt haben.

dazu woll­te ich ei­gent­lich noch schrei­ben, wie sehr mir die talk­shows im fern­se­hen feh­len, in de­nen ge­quartzt wird, der hin­ter­grund nicht ir­gend­wel­che holz­ge­tä­fel­ten ku­lis­sen oder pu­bli­kums­bän­ke sind, son­dern ein­fach nur schwarz und wo, wie an ei­nem bil­li­ard­tisch, das licht knall­hart von oben run­ter­scheint und man im prin­zip nur die rau­chen­den und spre­chen­den ober­kör­per von re­den­den leu­ten sah. das war mir dann aber zu kom­pli­ziert aus­zu­drü­cken und ich liess es weg. aus­ser­dem weiss ich gar nicht, ob talk­shows frü­her wirk­lich so aus­sa­hen, oder ob ich mich nur so an sie sie er­in­ne­re.

kurz­kri­tik ro­che und böh­mer­mann e01: su­per!

18 mi­nu­tes ago via web Re­p­ly Ret­weet Fa­vo­ri­te 

@di­plix fe­lix schwen­zel

eben habe ich ro­che und böh­mer­mann ge­se­hen (hier in der 2DF-me­dia­thek) und ich muss sa­gen, mei­ne sehn­sucht nach ei­ner schwarz weiss ab­ge­film­ten talk­show am bil­li­ard­tisch, mit schwar­zem, pu­bli­kums­lo­sen hin­ter­grund hat sich so­eben er­füllt. al­lein für den ein­druck, dass die sen­dung schwarz-weiss ab­ge­filmt wur­de muss ix ro­che und böh­mer­mann über­schwäng­lich lo­ben. ob­wohl in der sen­dung nie­mand ge­raucht hat und die sen­dung in far­be ge­filmt wur­de, blieb in mei­ner er­in­ne­rung das bild ei­nes ver­rauch­ten schwarz-weis­sen stu­di­os hän­gen.

al­lein we­gen des büh­nen­bilds und der bild­far­ben hat ro­che und böh­mer­mann das po­ten­zi­al mei­ne lieb­lings­talk­show im fern­se­hen zu wer­den.

char­lot­te ro­che und jan böh­mer­mann sind der an­de­re grund, war­um die sen­dung mei­ne lieb­lings­talk­show wer­den könn­te. meis­tens ist es ja so, dass kon­zep­tio­nel­le vor­ankün­di­gun­gen ei­ner sen­dung nichts als phra­sen­dre­sche­rei sind. bei ro­che und böh­mer­mann sind alle an­kün­di­gun­gen die ix ge­le­sen habe um­ge­setzt wor­den. die gäs­te wur­den un­ter­bro­chen wenns lang­wei­lig wur­de, die mo­de­ra­to­ren sperr­ten sich ge­gen je­den jour­na­lis­ten­dar­stel­le­ri­schen an­spruch und wa­ren hem­mungs­los sub­jek­tiv und hoch­gra­dig be­lei­di­gend ih­ren gäs­ten und sich selbst ge­gen­über.

böh­mer­mann, der an schwe­rer wit­zel­sucht lei­det, ver­hast­pel­te sich kräf­tig, als er britt ha­ge­dorn auf die füs­se tre­ten woll­te und sich beim vor­wurf, sie wür­de in ih­rer sen­dung „men­schen am ran­de zur geis­ti­gen be­hin­de­rung“ vor­füh­ren, völ­lig ver­ar­gu­men­tier­te. man merk­te, er hat­te sich fest vor­ge­nom­men dies­mal britt ha­ge­dorn vor­zu­füh­ren und es war ein fremd­schäm-ver­gnü­gen ihm da­bei zu­zu­se­hen. das gan­ze war des­halb ein ver­gnü­gen, weil böh­mer­mann sich nicht ver­such­te raus­zu­wulffen, son­dern sei­ne nie­der­la­ge und sein ver­sa­gen ein­ge­stand.

char­lot­te ro­che ist so un­ei­tel, dass man sich auch da­für bei­na­he fremd­schämt. nur zum fremd­schä­men kommt es dann doch nicht, weil man es ihr ab­nimmt, dass sie eben so ist. über­haupt. alle teil­wei­se def­ti­gen gäs­te-be­lei­di­gun­gen, alle über­in­sze­nie­run­gen und blö­den spiel­chen wie der pseu­do-zen­sur-knopf in der mit­te des tischs die sich die re­dak­ti­on aus­ge­dacht hat, wur­den durch die schlag­fer­tig­keit und die auf-den-punk­tig­keit der bei­den mo­de­ra­to­ren kom­pen­siert.

ich er­wisch­te die bei­den mehr­fach da­bei, wie sie im lau­fe der ge­sprä­che mei­ne ge­dan­ken laut aus­spra­chen und mei­ne an­ge­dach­ten witz­chen aus­for­mu­lier­ten (ein grös­se­res kom­pli­ment habe ich glau­be ich noch nie je­man­dem ge­macht).

am an­fang der sen­dung be­kam ich ei­nen leich­ten schreck, als zur vor­stel­lung des ers­ten gas­tes ein ein­spiel­film an­ge­kün­digt wur­de. glück­li­cher­wei­se blieb der ein­spie­ler im her­me­ti­schen re­tro-rah­men der sen­dung. be­son­ders schön die ein­spiel-be­lei­di­gung für den nu­klear­öko­lo­gen und top-mo­del-dings jor­ge gon­zá­lez:

je­der ein­spie­ler be­inhal­te­te min­des­tens eine def­ti­ge be­lei­di­gung. ich mag den ver­such, die gäs­te so aus der re­ser­ve zu lo­cken, der teil­wei­se so­gar ein biss­chen zün­de­te. über­haupt die gäs­te. kei­ne ah­nung ob ich mich von dem re­tro-ge­döns und der schlag­fer­tig­ket der mo­de­ra­to­ren habe ein­lul­len las­sen, aber ich fand die mi­schung der gäs­te und das drauf­sein der gäs­te enorm pas­send. alle brach­ten ein min­dest­mass an in­ter­essanz mit — aber eben auch je­weils eine rie­sen­por­ti­on ei­gen­schaf­ten über die man sich lus­tig ma­chen konn­te und die man ih­nen um die oh­ren schla­gen konn­te — und das auch tat.

ich tue mir et­was schwer das fol­gen­de kom­pli­ment aus­zu­spre­chen, aber ich leh­ne mich mal weit aus dem fens­ter. wenn es et­was gibt, mit dem man ro­che und böh­mer­mann ver­glei­chen könn­te, dann ist es das was craig fer­gu­son in sei­nen sen­dun­gen macht: al­bern und fä­kal­wort­ver­liebt ver­bal­hoch­seil­ba­lan­cie­ren und sei­ne gäs­te re­spekt­los, aber sehr lie­be­voll aus der re­ser­ve zu lo­cken ver­su­chen und das schei­tern und je­den mis­glück­ten witz als sen­dungs­zweck zu ver­kau­fen. schei­tern als sen­dung, ohne heck­meck. so muss das sein.


ich habe be­vor ich das hier schrob kei­ne an­de­re kri­tik von ro­che und böh­mer­mann ge­le­sen. ich habs ei­gent­lich auch nicht vor. aber wenns eine kri­tik gibt die ix le­sen soll­te, freu ich mich über hin­wei­se.