„geschwätz“ ins netz stellen

felix schwenzel

ju­dith hor­chert und kon­rad lisch­ka ver­su­chen sich auf spie­gel.de über ei­nen rei­se­be­richt der toch­ter von eric schmidt aus nord­ko­rea zu em­pö­ren. viel­leicht woll­ten sich die bei­den auch nur über die 19 jäh­ri­ge lus­tig ma­chen und sind aus witz­man­gel aufs em­pö­ren aus­ge­wi­chen.

em­pö­rend fin­den die bei­den bei­spiels­wei­se, dass so­phie schmidt schreibt pjöng­jang sei „auf eine selt­sa­me Art char­mant“, ob­wohl sie doch wis­se, „wie die herr­schen­de Eli­te in Nord­ko­rea herrscht - mit Ge­walt, Ab­schot­tung und Pro­pa­gan­da“.

mei­ne lieb­lings­stel­le in hor­cherts und lisch­kas text ist die­se:

Mancher Leser wird sich womöglich fragen, wie Eric Schmidt seiner Tochter erlauben konnte, dieses Geschwätz ins Netz zu stellen.

ge­nau­so kann man sich fra­gen, wie chris­ti­an stö­cker sei­nen bei­den di­gi­tal­res­sort-re­dak­teu­ren hor­chert und lisch­ka er­lau­ben konn­te ihr skan­da­li­sie­ren­des ge­gei­fer auf die an­geb­lich „füh­ren­de Nach­rich­ten-Site im deutsch­spra­chi­gen In­ter­net“ zu kip­pen. vor al­lem da der lisch­ka-hor­chert-ar­ti­kel min­des­tens so ir­rele­vant ist, wie die bei­den glau­ben dass das „ge­schwätz“ von so­phie schmidt ir­rele­vant sei.

ich fand den ar­ti­kel von so­phie schmidt gröss­ten­teils ziem­lich gut, auch weil sie, an­ders als hor­chert und lisch­ka, ohne stock im arsch ohne jour­na­lis­ten­schu­len­über­heb­lich­keit schreibt und stel­len­wei­se fein be­ob­ach­tet, bei­spiels­wei­se als sie über ei­nen com­pu­ter­raum an der kim-il-sung-uni­ver­si­tät in pjöng­jang schreibt:

All this activity, all those monitors. Probably 90 desks in the room, all manned, with an identical scene one floor up.

One problem: A few scrolled or clicked, but the rest just stared. More disturbing: when our group walked in--a noisy bunch, with media in tow--not one of them looked up from their desks. . They might as well have been figurines.

Of all the stops we made, the e-Potemkin Village was among the more unsettling. We knew nothing about what we were seeing, even as it was in front of us. Were they really students? Did our handlers honestly think we bought it? Did they even care? Photo op and tour completed, maybe they dismantled the whole set and went home.

die­ser raum hat auch für spie­gel on­line eine ge­wis­se at­trak­ti­vi­tät. er taucht in der fo­to­stre­cke des hor­chert-lisch­ka-ar­ti­kels als agen­tur­bild auf, aber auch in der fo­to­stre­cke ei­nes ar­ti­kel aus dem de­zem­ber. man ver­glei­che den er­kennt­nis­ge­winn der spie­gel-bild­un­ter­schrift, mit dem oben zi­tier­ten ab­satz aus so­phie schmidts „ge­schwätz“:

In Nordkorea werden die Studenten mit moderner Technik ausgebildet - das soll wohl dieses Bild aus der Bibliothek der Kim-Il-Sung-Universität beweisen. Die Studenten werkeln an Computern - im Anzug.

an va­ter schmidts „knap­pen“ nord­ko­rea-rei­se­be­richt mo­nie­ren ju­dith hor­chert und kon­rad lisch­ka schliess­lich, dass er nicht die „an­de­ren Pro­ble­me“ nord­ko­re­as er­wähnt.

dan­kens­wer­ter­wei­se über­neh­men die bei­den die­se her­ku­les-auf­ga­be und nen­nen alle an­de­ren pro­ble­me nord­ko­re­as beim na­men:

  • unerernährung
  • mangelnder zugang zu leitungswasser
  • zwangsarbeit
  • hunderttausende politische gefangene von denen tausende in menschenunwürdigen gefangenenlagern umgekommen sind
  • brutalität bei hinrichtungen und folter

am ende ih­res ar­ti­kels for­dern ju­dith hor­chert und kon­rad lisch­ka dann et­was über­ra­schend, dass tom grün­weg künf­tig un­ter alle sei­ne ar­ti­kel schreibt, für wel­che pro­ble­me au­tos ver­ant­wort­lich sind. die an­sprü­che, die man an teen­ager stel­le, müss­te man als deutsch­lands füh­ren­de nach­rich­ten-site schliess­lich min­des­tens an­satz­wei­se auch selbst er­fül­len.

[den ar­ti­kel habe ich bei­na­he mit „hor­chert hört ein hu!“ über­schrie­ben, fand das aber ge­gen­über kon­rad lisch­ka ein biss­chen un­fair und aus­ser­dem völ­lig sinn­frei. den in­halt des letz­ten ab­sat­zes habe ich mir aus­ge­dacht be­vor ich ges­tern abend ins bett ge­gan­gen bin. ges­tern abend fand ich das noch wit­zig.]