links vom 30.11.2014

felix schwenzel

  ne­wyor­ker.com: The As­to­nis­hing Rise of An­ge­la Mer­kel   #

gross­ar­ti­ges por­trait von an­ge­la mer­kel, deutsch­land und eu­ro­pa im new yor­ker (au­tor: ge­or­ge pa­cker). ich glau­be der blick von aus­sen ist bei der in­tro­spek­ti­on im­mer hilf­reich, aber pa­ckers text ist auch ziem­lich gut zu­sam­men­re­cher­chiert (und sehr lang).

was mir be­son­ders ge­fiel, war die be­schrei­bung von an­ge­la mer­kels ge­duld und ih­rer re­la­ti­ven emo­ti­ons­lo­sig­keit. sie nimmt ma­cho-ge­ha­be, ge­spött und nie­der­la­gen nicht per­sön­lich emo­tio­nal, son­dern ana­ly­tisch, per­spek­ti­visch und völ­lig un­ei­tel auf und dreht die an­grif­fe mit ge­duld und ge­schick meist so, dass sie sich ge­gen die an­grei­fer und spöt­ter wen­den.

auch schön, dass ge­or­ge pa­cker be­haup­tet, ger­hard schrö­ders haa­re sei­en am wahl­abend 2005 ge­färbt ge­we­sen:

On Election Night, Merkel, Schröder, Fischer, and other party leaders gathered in a TV studio to discuss the results. Merkel, looking shell-shocked and haggard, was almost mute. Schröder, his hair colored chestnut and combed neatly back, grinned mischievously and effectively declared himself the winner. “I will continue to be Chancellor,” he said. “Do you really believe that my party would take up an offer from Merkel to talk when she says she would like to become Chancellor? I think we should leave the church in the village”—that is, quit dreaming. Many viewers thought he was drunk. As Schröder continued to boast, Merkel slowly came to life, as if amused by the Chancellor's performance. She seemed to realize that Schröder's bluster had just saved her the Chancellorship. With a slight smile, she put Schröder in his place. “Plain and simple—you did not win today,” she said. Indeed, the C.D.U. had a very slim lead.

ich bin mal ge­spannt ob ger­hard schrö­der schon sei­ne an­wäl­te ge­weckt hat, und die an­wäl­te per kla­ge wei­ter an sei­nem image als eit­ler go­ckel fei­len lässt.

[nach­trag]
der new yor­ker schreibt be­stimm­te wôr­te wie reë­du­ca­ti­on oder preë­mi­nence oder éli­te oder naï­ve­té ei­gen­tüm­lich. do­mi­nik schwindt wies mich auf die­sen qu­o­ra-strang hin, in dem jus­tin stone das er­klärt:

In addition to its use of a dieresis where others would use a hyphen, The New Yorker spells “theatre” Britishly, includes the serial comma, spells out even really long numbers (so long as they’re round), and doubles the consonant before a suffix (“travelled”, not “traveled”).

[W]hat appears to you or me an “outdated” spelling (the direct result of an outdated style guide) is just as likely to appear to someone else a signifier of refinement, integrity, or stability—that is, a signifier of the tradition in which TNY is steeped. The lords of the style guide would rather defer to this tradition than revise it. It’s like the anti-vanguard.

  re­al­vir­tua­li­ty.info: War­um uns Mo­cking­jay mehr in Er­in­ne­rung blei­ben wird als In­ter­stel­lar   #

ich habe in­ter­stel­lar zwar noch nicht ge­se­hen, aber alex­an­der matz­keit hat (glau­be ich) mit al­lem was er hier sagt recht.

ich woll­te üb­ri­gens als ich nach mo­cking­jay aus dem kino kam ori­gi­nell sein und mei­ner fas­zi­na­ti­on an dem film aus­druck ver­lei­hen, in­dem ich ihn mir wag the dog in eine rei­he stel­le und eine re­zen­si­on des films auf dem bild­blog for­dern wür­de (we­gen me­di­en-kri­tik und -re­flek­ti­on und so). hab ich dann aber ge­las­sen.

  han­dels­blatt.com: Swatch-Chef Nick Hay­ek: Kei­ne Angst vor App­les Com­pu­ter­uhr   #

ich hab kei­ne ah­nung ob die ap­ple watch ein er­folg wird oder das schick­sal des cube oder zune tei­len wird. aber das was nick hay­ek hier sagt, er­in­nert mich fa­tal an das was die füh­rungs­kräf­te von no­kia, mi­cro­soft oder re­se­arch in mo­ti­on (black­ber­ry) 2007 zum ipho­ne sag­ten: lä­cher­lich teu­er, wir sind op­ti­mal auf­ge­stellt (ste­ve ball­mer), zu kom­pli­ziert, kei­ne tas­ta­tur (jim bals­il­lie), kein copy und pas­te (alle):

Von den vorgestellten Funktionen der Apple Watch zeigt sich Hayek enttäuscht. „All diese Smart Watches werden unsere Branche nicht revolutionieren“, erwartet Hayek. Für den kommenden Sommer kündigte er eine eigene Fitness-Swatch an.

im wall street jour­nal schrie­ben an­ton troia­nov­ski und sven grund­berg 2012 über das schei­tern von no­ki­as smart­phone-stra­te­gie:

And when the iPhone emerged, Nokia failed to recognize the threat.

Nokia engineers’ “tear-down” reports, according to people who saw them, emphasized that the iPhone was expensive to manufacture and only worked on second-generation networks—primitive compared with Nokia’s 3G technology.

der witz am ipho­ne war: kon­su­men­ten lieb­ten es von an­fang an (ich nicht, weil ich 3G und te­the­ring ver­miss­te) und ap­ple ver­bes­ser­te das ipho­ne von ge­ne­ra­ti­on zu ge­ne­ra­ti­on mas­siv (ir­gend­wann gab es 3G und te­the­ring). es fällt al­len, mich ein­ge­schlos­sen, si­cher sehr leicht, sich über die ap­ple watch ka­putt zu la­chen: täg­li­ches la­den, kläg­li­cher funk­ti­ons­um­fang, teu­er, brauch-kein-mensch-hal­tung (ging mir beim ipad auch so). aber ap­ple und de­ren uhr zu un­ter­schät­zen, dürf­te mit ziem­li­cher si­cher­heit ein gro­ber feh­ler von nick hay­ek sein.

  wort­schnitt­chen.de: Schei­tern   #

das wort­schnitt­chen übers schei­tern:

„Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“ (Samuel Beckett)

Genauso ist es. Mein Mantra: Isso. Aufstehen, weitermachen. Man kann es nur immer wieder versuchen.

auch pas­send zi­tiert:

„Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere; aber wir sehen meist so lange mit Bedauern auf die geschlossene Tür, dass wir die, welche sich für uns geöffnet hat, nicht sehen.“ (Alexander Graham Bell)

ich habe im­mer ver­sucht mich nicht all­zu sehr zu är­gern über nie­der­la­gen, mei­ne in­kom­pe­ten­zen und schwä­chen oder wenn ich mich in sack­gas­sen be­fand. das sagt sich na­tür­lich leicht, är­ger ver­mei­den in­dem man sich we­ni­ger är­gert, aber ich habe meis­tens das glück, dass es mir ge­lingt. wenn ich mich doch mal är­ge­re bin ich meis­tens nicht nach­tra­gend, vor al­lem mir selbst ge­gen­über. ich habe auch kei­ne ah­nung ob sich mein är­ger ir­gend­wo auf­staut (ich glaub’s nicht), aber das wich­tigs­te fin­de ich, dass ver­puff­ter är­ger die au­gen und al­ter­na­ti­ven öff­net. und wenn nicht: durch. wei­ter hin­ten ist (fast) im­mer licht. und ohne är­ger im bauch, kommt man schnel­ler wie­der ans licht.

  zeit.de: Ge­heim­dienst: Die An­ar­chos vom BND   #

kai bier­mann über das rechts­ver­ständ­nis des BND:

Der BND ist der Ansicht, dass deutsche Gesetze wie beispielsweise das Grundgesetz für ihn nur gelten, solange seine Beamten mit beiden Beinen auf der Erde stehen - auf deutscher Erde. Bekannt gemacht hat diese Haltung die Datenschutzbeauftragte des BND, die unter dem Kürzel „Frau Dr. F.“ im Ausschuss aussagte. Dort war ihr die Frage gestellt worden, wo denn die Datenerhebung stattfinde, wenn Kommunikation überwacht werde, die über Satelliten laufe. Ihre Antwort: „Nach meiner Rechtsauffassung ist das in Bad Aibling, daher im Geltungsbereich des BND-Gesetzes. Das sieht die Leitung aber nicht so.“

Wie sich herausstellte, ist die Leitung des BND der Meinung, die Datenerhebung finde im Weltraum statt, dort seien ja schließlich die Satelliten. Dort aber würden gar keine Gesetze gelten. Dass die Antennen zur Erfassung der Daten in Bad Aibling in Bayern stehen, sei unerheblich. Fand die Datenschutzbeauftragte zwar nicht, aber sie sei „überstimmt“ worden, sagte sie.