wal­king out of con­fron­ting the fu­ture

felix schwenzel in notiert

der ta­ges­spie­gel-ver­lag hat ir­gend­was für mich üb­rig. ich be­kom­me jede aus­ga­be des ta­ges­spie­gel-ber­li­ner-ma­ga­zins vor­ab zu­ge­schickt, ich be­kom­me ein­la­dun­gen zu ta­ges­spie­gel-ber­li­ner-launch-par­ties und zu ta­ges­spie­gel-ver­an­stal­tun­gen. jetzt be­reits zwei­mal für die ta­ges­spie­gel-dis­kus­si­ons-ver­an­stal­tung con­fron­ting the fu­ture.

gut vor­be­rei­tet: der mo­der­tai­or an­dre­as kluth

heu­te war das the­ma „Com­pa­ny Cam­pus vs. Cloud­wor­king – Wie ver­bin­den wir Le­ben und Ar­bei­ten?“, was ja theo­re­tisch nicht das schlech­tes­te the­ma ist und vom mo­de­ra­tor an­dre­as kluth in sei­ner (sehr gut vor­be­rei­te­te) an­mo­de­ra­ti­on auch er­freu­lich breit auf­ge­spannt wur­de. lei­der war die­se an­mo­de­ra­ti­on von kluth auch schon das bes­te an der ver­an­stal­tung. auf ihn folg­te eine 15 mi­nu­tige mar­ke­ting-prä­sen­ta­ti­on der fir­ma we­work, ver­tre­ten durch ih­ren „Ge­ne­ral Ma­na­ger Nord­eu­ro­pa“ wybo wi­jn­ber­gen. was bei mir nach die­sen 15 mi­nu­ten hän­gen blieb war, das we­work or­dent­lich ex­pan­diert, ziem­lich geil ist und leu­ten eine „ex­pe­ri­ence“ ver­mit­telt, nicht nur ei­nen ort zum (zu­sam­men) ar­bei­ten. aus­ser­dem pos­tu­lier­te er, dass men­schen sich lie­ber in „echt“ tref­fen und zu­sam­men­ar­bei­ten und im­pli­zier­te, dass die­ses on­line-ge­döns an bild­schir­men ir­gend­wie nicht so knor­ke sei. ich fand das mar­ke­ting-ge­seie­re un­an­ge­nehm und die fo­tos die wi­jn­ber­gen von den we­work-co­wor­king-spaces zeig­te un­ein­la­dend. was mich selbst ver­wun­der­te, weil ich die idee von ge­mein­sa­men ar­bei­ten in re­la­tiv güns­ti­gen ge­mein­schafts­bü­ros ei­gent­lich ziem­lich su­per fin­de. aber bis auf „er­leb­nis“, „in­spi­ra­ti­on“ oder we­work-ex­pan­si­on, lie­fer­te wi­jn­ber­gen kei­ne ar­gu­men­te — und the­sen, die zur dis­kus­si­on taug­ten schon gar nicht.

da­nach mo­de­rier­te an­dre­as kluth ka­rim el-ish­ma­wi an, sehr viel­ver­spre­chend als ehe­ma­li­gen or­ga­ni­sa­tor von „il­le­ga­len par­ties“ in leer­ste­hen­den im­mo­bi­li­en und ge­schäfts­füh­rer von kin­zo ar­chi­tek­ten. el-ish­ma­wi schaff­te es auch nicht dik­sus­si­ons­wür­di­ge the­sen rü­ber­zu­brin­gen, was aber auch dar­an lie­gen konn­te, dass er hef­tig mit der eng­li­schen spra­che kämpf­te, in der die ver­an­stal­tung ab­ge­hal­ten wur­de. ganz gräss­lich auch sei­ne prä­sen­ta­ti­ons­fo­li­en, die er wäh­rend sei­ner 15 mi­nu­ten durch­kli­cker­te. die auf den fo­li­en zu se­hen­den, von kin­zo ge­stal­te­ten bü­ro­räu­me wa­ren bunt, aber kalt und sa­hen aus wie ent­wurfs­zeich­nun­gen die durch ei­nen ray­tra­cer ge­jagt wur­den um sie fo­to­rea­lis­tisch zu ma­chen. dazu eine schreck­li­che ty­po­gra­fie, die man auch auf der kin­zo-web­site be­wun­dern kann (eine viel zu eng­ge­setz­te und ab­ge­ma­ger­te aper­cu light).

als an­dre­as kluth fest­stell­te, dass er jetzt als mo­de­ra­tor ein pro­blem habe, weil die bei­den dis­ku­tan­ten kei­nen ge­gen­sätz­li­chen mei­nun­gen er­ken­nen lies­sen, bin ich auf­ge­stan­den und nach hau­se ge­gan­gen, auch weil mir die phan­ta­sie fehl­te, mir vor­zu­stel­len wie hier aus zwei luft­lee­ren im­pul­sen noch eine span­nen­de dis­kus­si­on ent­ste­hen hät­te könn­te. die dis­kre­panz zwi­schen mei­nen er­war­tun­gen und dem in 40 mi­nu­ten ge­lie­fer­tem in­put war ein­fach zu gross.

die schu­he von an­dre­as kluth, ka­rim el-ish­ma­wi und wybo wi­jn­ber­gen

was ich gut fand: die bi­ker-stie­fel von an­dre­as kluth.
auch gut: die freund­li­che grüss­da­me mit dem gel­ben son­nen­schirm, die am (schwer er­kenn­ba­ren) ein­gang stand und mich nicht nur beim kom­men über­aus freund­lich be­grüss­te, son­dern auch beim ge­hen. wenn ichs ge­nau be­trach­te, war sie so­gar die ein­zi­ge die mich freund­lich grüss­te, der rest der ver­an­stal­tungs­men­schen schaff­te es ge­ra­de mal so höf­lich zu sein.

un­an­ge­nehm fand ich auch den raum, den der ta­ges­spie­gel-ver­lag den im­mo­bi­li­en-men­schen ein­räum­te, de­nen der ver­an­stal­tungs­raum ge­hört (bzw. den sie mit­samt den an­lie­gen­den grund­stü­cken „ent­wi­ckeln“). schon klar, die er­mög­li­chen mit ih­rer un­ter­stüt­zung die ver­an­stal­tungs­rei­he und da­für dür­fen sie ja auch auf der ver­an­stal­tungs­sei­te ihre lo­gos hin­pap­pen. zu­sätz­lich nutz­ten sie ihre re­de­zeit auf der büh­ne, um dar­auf hin­zu­wei­sen dass sie nicht nur woh­nun­gen bau­en wol­len, son­dern auch „kul­tur“ und „dis­kurs“ för­dern wol­len. also un­ter­stüt­zen sie eben sol­che ver­an­stal­tun­gen und künst­ler, die den ma­ro­den bau de­ko­rie­ren dür­fen. die ali­bi­funk­ti­on die die zahl­rei­chenm, auf­ge­häng­ten ar­bei­ten der künst­ler aus­ström­ten, ver­gäll­te mir völ­lig den zu­gang zu eben­die­sen. kunst, die pri­mär der de­ko­ra­ti­on von pro­fit­in­ter­es­sen und im­mo­bi­li­en­ent­wick­lung dient, riecht ir­gend­wie ko­misch.

an­de­rer­seits; so­lan­ge noch ge­baut wird und der ver­an­stal­tungs­ort („korn­ver­suchs­spei­cher“) ma­ro­de da­steht, sind künst­ler und jour­na­lis­ten im­mer­hin noch will­kom­men. das än­dert sich dann spä­tes­tens, wenn die woh­nun­gen und bü­ro­räu­me fer­tig „ent­wi­ckelt“ sind, dann wer­den sie un­in­ter­es­sant, weil ihre gedbeu­tel zu pre­kär sind.

dem ta­ges­pie­gel-ver­lag scheint das lau­te schul­ter­klop­fen der imom­bi­li­en-men­schen auch ein biss­chen un­an­ge­nehm zu sein, denn we­der in sei­ner twit­ter-be­richt­erstat­tung, noch auf der ver­an­stal­tungs­web­site wird auf die re­de­bei­trä­ge und das „en­ga­ge­ment“ der im­mo­bi­len-men­schen hin­ge­wie­sen. vor­neh­mes schwei­gen, statt kon­tro­ver­ser, in­ter­es­san­ter dis­kus­si­on. kon­fron­ta­ti­on ist zwar das mot­to der ver­an­stal­tung, aber mot­ti sind ja oh­ne­hin egal.

mast mit über­wa­chungs­ka­me­ras, der ehe­ma­li­ge korn­ver­suchs­spei­cher und ein kran

wit­zig auch: vor zwei wo­chen lau­te­te das dis­kus­si­ons­the­ma: „Frei­heit vs. Si­cher­heit – Macht Vi­deo­über­wa­chung un­se­re Städ­te si­che­rer?“ eine der ant­wor­ten lie­fer­te si­cher auch der ver­an­stal­tungs­ort selbst, an des­sen ein­gang gleich drei über­wa­chungs­ka­me­ras an ei­nem mast auf­ge­hängt wa­ren (ver­mut­lich noch ein paar mehr in der um­ge­bung, da­mit pre­kär le­ben­de men­schen nachts nicht auf die idee kom­men, die gut aus­ge­stat­te­te bar zu lee­ren.

aber ab­ge­se­hen da­von: das bier war gut und das wet­ter, das sich wäh­rend der ver­an­stal­tung und auf mei­nem heim­weg (zu fuss) zu­sam­men­brau­te auch.