lob­hud­deln geht auch oh­ne va­se­li­ne

felix schwenzel

ich habe eben ei­nen text von eber­hard rath­geb der in ir­gend­ei­ner faz-li­te­ra­tur­bei­la­ge als auf­ma­cher über „wir nen­nen es ar­beit” er­schie­nen ist ge­le­sen. auf den ers­ten blick er­in­ner­te mich die schrei­be an den be­kann­ten va­se­li­ne-schrei­ber pe­ter turi, der al­lem und je­dem über den er schreibt oder bei dem er kom­men­tiert (bei­spiel) smi­ley-reich, un­di­stan­ziert und be­gie­rig in den hin­tern kriecht. turi ist es egal ob der hin­tern des­je­ni­gen über den er schreibt ge­öff­net ist oder nicht, er kommt dank sei­ner ver­bal-va­se­li­ne im­mer rein. aber der text von rath­geb ist doch an­ders, ihn mit ei­nem text von turi zu ver­glei­chen käme ei­ner be­lei­di­gung gleich. denn es funk­tio­niert auch, dass da je­mand über et­was schreibt von dem er ei­gent­lich kei­ne ah­nung hat und es doch of­fen, neu­gie­rig, ja be­gie­rig be­trach­tet und über sei­ne neu hin­zu­ge­won­ne­nen er­kennt­nis­se of­fen und neid­los schreibt ohne den weit ge­öff­ne­ten hin­tern der au­toren über die er schreibt zu be­ach­ten. rath­geb eu­pho­ri­siert sich, aber er ver­steht auch die bot­schaft von „wir nen­nen es ar­beit”:

Man darf von der di­gi­ta­len Bo­hè­me nicht zu viel er­war­ten. Auch die alte, die ana­lo­ge Bo­hè­me hat­te ihre Ma­cken und Gren­zen. Aber sie hat Leu­te an­ge­zo­gen, die eine Vor­stel­lung vom Le­ben hat­ten und eine Vor­stel­lung da­von, was sie dort ma­chen woll­ten be­zie­hungs­wei­se was sie dort auf kei­nen Fall ma­chen woll­ten. Ein Bo­he­mi­en, ob ana­log oder di­gi­tal, steht mor­gens auf und sagt: Wie­der ein Tag, an dem ich ver­su­chen wer­de, so zu le­ben, wie ich le­ben möch­te. Ei­nes ist klar: Aus die­sem Pool der ver­netz­ten Krea­ti­ven und Frei­be­ruf­ler wird kein neu­er Jür­gen Ha­ber­mas kom­men, auch wenn sie sich Ge­dan­ken über die Struk­tu­ren der neu­en Öf­fent­lich­keit ma­chen, auch wenn sie in den Röh­ren der Kom­mu­ni­ka­ti­on ste­cken.

man sieht und liest: eu­pho­rie und lob geht auch ohne va­se­li­ne und anal­akro­ba­tik.