ich bin schwach

felix schwenzel

es ist ganz ein­fach nicht ganz ein­fach. die fra­ge ob man kon­se­quent so le­ben kann und soll, dass man nichts schlech­tes tut und vor al­lem nichts schlech­tes un­ter­stützt. ich bin da­bei nicht son­der­lich kon­se­qent. mein ver­zicht auf pro­ble­ma­ti­sche pro­duk­te be­schränkt sich zur zeit auf mül­ler-pro­duk­te. ich mag es ei­ner­seits nicht, dass in fast al­len pro­duk­ten von mül­ler mol­ke zu sein scheint und von mül­ler und sei­nen ge­schäfts­prak­ti­ken habe ich bis­her nur ne­ga­ti­ves ge­le­sen. trotz­dem, in­kon­se­quent wie ich bin, bei froop drü­cke ich ein auge zu, der scheiss schmeckt ein­fach zu le­cker und wei­hen­ste­fan, das auch zu mül­ler ge­hört, kauf ich auch stän­dig. mc­do­nalds, hab ich mal ge­hört ist we­der bei sei­ner ein­kaufs­po­li­tik, noch bei sei­ner per­so­nal­po­li­tik son­der­lich fair und trans­pa­rent. die ver­brau­cher ver­arscht mc­do­nalds auch hin und wie­der ganz ger­ne. trotz­dem geh ich wei­ter re­gel­mäs­sig — und wie die bei­fah­re­rin meint, viel zu oft — hin. bei shell hab ich auch schon­mal ge­tankt (wer nicht?), ich flie­ge mit dem flug­zeug und be­tei­li­ge mich nach kräf­ten mit mei­nem kon­sum an der aus­beu­tung der drit­ten welt und der un­ter­stüt­zung des schwei­ne-ka­pi­ta­lis­mus.

als vor län­ge­rer zeit be­kannt wur­de, dass sich ya­hoo in chi­na äus­serst re­gie­rungs­nah ver­hielt, re­agier­te ich zwar em­pört, ver­dräng­te das aber wie ca. 99 pro­zent al­ler deut­schen und be­nutz­te ya­hoo (und die deut­sche bank, atom­strom, in chi­na pro­du­zier­te bil­lig wa­ren und was weiss ich al­les) wei­ter. kon­se­quen­zen zie­he ich meist erst, so wie un­ge­fähr je­der mensch auf die­ser welt, wenn ich selbst di­rekt oder in­di­rekt be­trof­fen bin.

als vor ein paar wo­chen adi­cal frag­te ob wir mit be­stimm­ten wer­be­trei­ben­den ein pro­blem hät­ten, sag­te ich nur bei ei­nem nein. der grund: ich fin­de die fir­ma ein­fach doof. bei ya­hoo nein zu sa­gen, hät­te ich heuch­le­risch ge­fun­den, schliess­lich be­nutz­te ich de­ren pro­duk­te täg­lich, hat­te auf je­der sei­te ein ak­tu­el­les flickr-bild ein­ge­blen­det (flickr ge­hört zu ya­hoo), wer­fe links in zwei del.icio.us-streams, fand ya­hoo-pipes ein un­fass­bar in­no­va­ti­ves pro­dukt, nutz­te die vor­ein­ge­stell­te ya­hoo-su­che auf mei­nem han­dy und ya­hoo-groups als mai­ling­lis­ten-ver­wal­tung. kurz, ich un­ter­stütz­te ya­hoo nach al­len mei­nen vi­ra­len kräf­ten und habe durch mein vor­bild ya­hoo si­cher ei­ni­ge hun­dert be­nut­zer be­schert. war­um da ein ban­ner von ya­hoo ab­leh­nen? wein pre­di­gen, aber nicht trin­ken? päpst­li­cher als fon­si sein? nicht dar­auf ver­trau­en, dass öf­fent­li­cher druck ya­hoo von sei­ner pra­xis recht vor hu­ma­ni­tät zu stel­len ab­bringt?

ich habe in die­ser wo­che um­den­ken müs­sen, weil es ge­ra­de in die­ser wo­che klar wur­de, dass ya­hoo sich um öf­fent­li­chen druck und an­stand ei­nen scheiss­dreck zu küm­mern scheint und die­ses mus­ter auch kon­se­quent vor mei­ner haus­tür an­wen­det. vor­ges­tern schrieb ich das hier beim ram­blog in die kom­men­ta­re:

ich er­ken­ne […] im ver­hal­ten von flickr/ya­hoo ein mus­ter […] dass mich un­glaub­lich är­gert. näm­lich nicht den be­nut­zer oder men­schen (oder gar men­schen­rech­te, an­stand) ins zen­trum zu stel­len, son­dern ge­set­ze, vor­schrif­ten, pro­fit oder das was die ju­ris­ten des mut­ter­kon­zerns für rich­tig hal­ten. das mus­ter wur­de in chi­na an­ge­wandt und jetzt auch in deutsch­land. und wenn dann auch noch die ak­tio­nä­re ab­leh­nen men­schen­rech­te et­was mehr ins zen­trum des un­ter­neh­me­ri­schen in­ter­es­ses zu rü­cken, dann möch­te ich nicht mehr zah­len­der kun­de sein oder die­sen la­den durch mei­ne be­tei­li­gung un­ter­stüt­zen. in ei­nen la­den der sei­ne kun­den wie arsch­lö­cher oder klein­kin­der be­han­delt mag ich nicht ge­hen.

also lösch­te ix mein flickr und mein ya­hoo-ac­count.

das kann man „um­den­ken“, „da­zu­ler­nen“ oder we­nigs­ten ein­mal kon­se­quen­zen zie­hen nen­nen. oder „lä­cher­lich“, „pa­the­tisch“, „pu­bli­ci­ty­geil“ oder „sich win­dend“ nen­nen. ich nen­ne es „die schnau­ze voll ha­ben“. ich wür­de mich bei der fra­ge ob ich ein ban­ner für ya­hoo auf mei­ner sei­te „zu­las­sen“ wür­de heu­te an­ders ent­schei­den. wür­de mich adi­cal mich al­ler­dings fra­gen ob ich für mc­do­nalds, wei­hen­ste­fan, mer­ce­des, die te­le­kom, die deut­sche bank, sie­mens, goog­le oder air­ber­lin wer­bung zu­las­sen wür­de, ich sag­te ja, auch wenn alle die­se fir­men hier oder dort schon mal et­was frag­wür­di­ges ge­tan ha­ben. schliess­lich sind all die­se fir­men schon­mal emp­fän­ger mei­nes gel­des ge­we­sen. war­um soll ich es nicht zu­rück­neh­men? die ein­zi­gen grün­de die mir ein­fiel­len ban­ner die­ser fir­men ab­zu­leh­nen wä­ren, dass ich nicht mehr mei­ne mei­nung zu die­sen fir­men schrei­ben dürf­te oder be­zahl­te wer­bung ohne kenn­zeich­nung in mei­ne ar­ti­kel ein­flös­sen. dass mei­ne mei­nung mit wer­bung an der sei­te auf man­che äs­the­ten lä­cher­lich, un­glaub­wür­dig oder in­kon­se­quent wirkt, da­mit wer­de ich dann wohl le­ben müs­sen, ge­nau­so wie ich da­mit le­ben muss, dass ein hund mit ge­stör­ter ver­dau­ung auf mei­ner sei­te auf an­de­re äs­the­ten eben­so wirkt.

wer­bung hier an der sei­te ist kein stat­ment, kei­ne mo­ra­li­sche wer­tung oder gut­heis­sung des wer­be­trei­ben­den, son­dern das was es ist: wer­bung und ein weg mit dem was ich schrei­be geld zu ver­die­nen. sonst nix.

ich bin kei­ne mo­ra­li­sche in­stanz und ich be­haup­te auch nicht, dass ich mo­ra­lisch ein be­son­ders ver­sier­ter mensch bin. ich habe nicht die hy­bris und nicht die fä­hig­keit alle mei­ne hand­lun­gen mo­ra­lisch bis zur letz­ten in­stanz ab­zu­klop­fen. ich ver­su­che es, aber so ein­fach wie man­che sich die welt wün­schen, ist sie nun­mal nicht. auf sei­nem blog kei­ne wer­bung zu dul­den funk­tio­niert nicht als mo­ra­li­sche ab­so­lu­ti­on, auch wenn das jetzt man­che so­gar schon im chor brül­len. man­che hoch er­ho­ben zei­ge­fin­ger wä­ren zur zeit ein­fach bes­ser in den zu­ge­hö­ri­gen arsch­lö­chern auf­ge­ho­ben.