De­mo­kra­tie ist lang­wei­lig

[gast­ar­ti­kel von lo­bo­tom]

De­mo­kra­tie ist lang­wei­lig. Ei­gent­lich ist es ein Wun­der, dass sie über­haupt funk­tio­niert. Denn nicht mal die, die sie von Be­rufs we­gen ma­chen, ge­hen ger­ne hin. Zum Ge­setz zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung bei­spiels­wei­se. Seit Mo­na­ten wird dar­über dis­ku­tiert, im­mer wie­der mein­te je­mand, end­lich sei Deutsch­land auf­ge­wacht und seit der Volks­zäh­lung habe es nicht mehr so viel Auf­merk­sam­keit für Bür­ger­rech­te ge­ge­ben. Naja.

Als im Bunds­tag die Aus­spra­che be­gann, war der Saal nicht ein­mal zu ei­nem Drit­tel ge­füllt. Viel zu groß wirk­te die rie­si­ge Hal­le für das Häuf­lein Ver­tre­ter des Vol­kes. Da­bei gab es rich­tig was zu wet­tern. Die Re­gie­rungs­ko­ali­ti­on war da­für, die Op­po­si­ti­on ge­schlos­sen da­ge­gen. Und Ka­me­ras wa­ren auch ge­nug auf die blau­en Stüh­le ge­rich­tet.

Das Ge­setz aber war ver­ab­schie­det, be­vor es im Par­la­ment über­haupt de­bat­tiert wur­de. So ist es im­mer. Ei­gent­lich geht es im Ple­nar­saal nur dar­um, ab­zu­ni­cken, was vor­her in lan­gen Run­den aus­ge­han­delt wur­de. Hät­te die Op­po­si­ti­on nicht eine na­ment­li­che Ab­stim­mung ver­langt, wäre das ach so um­strit­te­ne Ge­setz von ein paar müde ge­ho­be­nen Hän­den be­schlos­sen wor­den.

So aber dräng­ten sich plötz­lich Hun­der­te, als die Saal­die­ner die Ur­nen brach­ten. So schnell wie mög­lich woll­ten sie ihre blau­en und ro­ten Kärt­chen in die Kis­ten ste­cken. Die meis­ten setz­ten sich gar nicht erst.

Als Bun­des­tags­prä­si­dent Lam­mert zwan­zig Mi­nu­ten spä­ter das Er­geb­nis ver­kün­de­te, wa­ren alle längst wie­der weg. In den Rei­hen der Grü­nen sa­ßen noch fünf Ab­ge­ord­ne­te, bei der SPD zehn, die Uni­on brach­te es auf 21 Sit­ze.

Und was wa­ren nicht in der Aus­spra­che zu­vor für Re­den ge­hal­ten wor­den. Die Links­par­tei hat­te es ei­nen „trau­ri­gen Tag für die De­mo­kra­tie“ ge­nannt, die Grü­nen fan­den, es sei „ein schwar­zer Tag für die Bür­ger­rech­te“, die SPD sah dar­in „ei­nen gu­ten Tag für den Rechts­staat“.

Ei­gent­lich aber war es vor al­lem der Tag der Bü­ro­kra­tie. Hau­fen­wei­se Gre­mi­en ha­ben sich mit dem 200 Sei­ten di­cken Ge­setz be­fasst. Und nun muss sich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt auch noch mit 7000 Kla­gen be­schäf­ti­gen.