jürg schubi­ger

felix schwenzel

eine sehr kur­ze kurz­ge­schich­te von jürg schubi­ger, die mich vor vie­len jah­ren mal sehr be­geis­ter­te. die ge­schich­te er­in­nert mich dar­an, dass ich mal ein gros­ses fai­ble für das selbst­ver­ständ­lich ab­sur­de hat­te. ir­gend­wie ist das im lau­fe der jah­re ver­lo­re­nen ge­gan­gen. gut, et­was ist von mei­nem al­ten fai­ble viel­leicht noch üb­rig: ich ma­che nach wie vor sehr ger­ne wit­ze ohne poin­te. aber viel­leicht hät­te ich mich in den letz­ten 15 jah­ren doch ab und an mal ins thea­ter quä­len sol­len? oder mich mehr für li­te­ra­tur in­ter­es­sie­ren sol­len? viel­leicht hät­te ich in den letz­ten 15 jah­ren ab und zu mal mit mei­nem freund han­nes re­den sol­len, in des­sen bi­blio­thek ich die­sen text da­mals fand?

ge­tarn­te sol­da­ten
ein haupt­mann stand mit sei­nen sol­da­ten im wald. er sprach: „heu­te tar­nen wir uns. es ist jetzt drei uhr. ich gebe euch zeit bis vier­tel nach drei.“ die sol­da­ten lie­fen da­von. ei­ner steck­te sich fe­dern an und setz­te sich ins laub ei­nes bau­mes. an­de­re klei­de­ten sich in fel­le von füch­sen und re­hen und gin­gen wie die­se tie­re zwi­schen den stäm­men her­um. es gab auch sol­che, die sich bloss in lö­chern ver­steck­ten. der haupt­mann ging durch den wald, als es vier­tel nach drei war. im ge­büsch er­blick­te er den nack­ten fuss ei­nes sol­da­ten. doch er ach­te­te nicht dar­auf, denn der fuss sah aus wie ein schweins­fuss. drei sol­da­ten wa­ren mit laub zu­ge­deckt und zeig­ten nur ihre bäu­che, die aber wie käse aus­sa­hen. als die übung vor­bei war, rief der haupt­mann alle sol­da­ten zu sich. aber kei­ner hör­te die stim­me. auch am fol­gen­den tag rief der haupt­mann: „kommt alle mal her!“ doch um­sonst. nie wur­de ei­ner wie­der­ge­fun­den.

jürg schubi­ger, 111 ein­sei­ti­ge ge­schich­ten von franz hoh­ler (luch­ter­hand li­te­ra­tur­ver­lag, 1981)

nach­dem ich den text ges­tern acht­mal ge­le­sen habe, hat­te ich lust be­kom­men ein paar bü­cher von jürg schubi­ger zu kau­fen. ob­wohl die wi­ki­pe­dia von ei­nem „um­fang­rei­chen li­te­ra­ri­schen Werk“ spricht, fin­det sich bei ama­zon so gut wie nichts von schubi­ger. aus­ge­wähl­te wer­ke wer­den für über 60 euro ver­wu­chert. schubi­ger tex­te gibt’s so gut wie nicht on­line, bei den per­len­tau­chern gibt’s ein paar fak­to­ide über schubi­ger (auch wenn­man dort noch nichts von schubi­gers tod im sep­tem­ber mit­be­kom­men hat). aber mich be­schleicht das ge­fühl: ir­gend­was ist ka­putt mit der li­te­ra­tur, wenn man schubi­gers tex­te nur zwi­schen papp­de­ckeln fin­den kann.

(ich hab mir aber die 111 ein­sei­ti­gen ge­schich­ten ge­kauft.)