breaking carol

manchmal glaube ich ja, dass vince gilligan — und sein team von regisseuren und autoren — gelegentlich folgen in ihre serien einbauen, die das publikum testen sollen. so wie man beim hundetraining gelegentlich einfach das tempo rausnimmt, weil die hunde zu aufgeregt oder überdreht sind. ein bisschen so fühlte sich diese siebte folge pluribus jedenfalls an. tempo raus, damit sich alle beruhigen und mal schauen wie es mit der geduld steht. carol einfach den grossteil der folge schlecht singen lassen und manousous die ganze zeit spanisch und gebrochen-englisch brummmeln lassen.
aber natürlich hatte das alles einen tieferen sinn, wir sahen den beiden protagonisten von aussen bei ihrer inneren reise zu, reisen an deren ende sie beide aus verschiedenen gründen zusammenbrachen. und unterwegs, wenn die protagonisten leiden, kann das publikum ruhig ein bisschen mitleiden. aber bis auf carols musikalischen ergüsse war es gar nicht so schlimm und vor allem nicht langweilig, weil man die ganze zeit zum mitdenken aufgefordert wird: wie lange halten menschen alleinsein aus, wie lange halten gute vorsätze, was bringt ein starker wille, wenn der körper irgendwann nicht mehr mitspielt?
jedenfalls wieder einiges gelernt über carol und manousous, schöne bilder aus dem norden südamerikas gesehen und erkannt, dass man für furchteinflössende lebewesen gar keine extraterrestrischen phantasiewesen braucht, ein gang in den mittelamerikanischen dschungel, zu den astrocaryum standleyanum reicht schon.
es wird auch zunehmend klar, dass pluribus als serie auf mehrere staffeln ausgelegt ist und wir in dieser ersten staffel nicht mehr viele antworten darauf bekommen werden, ob die welt noch zu retten ist oder nicht.
in der youtube-welt bemühen sich einige, die rätsel schon vorab zu lösen und sich ein zwei folgen vorzuarbeiten. ich schau mir das auch gerne an: eine der eher langweiligen, aber überzeugenderen theorien dreht sich darum, dass sich das kollektiv über funkwellen synchronisiert und dass die melodie die im vorspann läuft genau diese melodie sei. oder dass das kollektiv doch lügen kann.
ich glaube vince gilligan, das autoren team, ist den rätsel-knackern immer einen oder zwei schritte voraus und lässt sich beim lüften der schleier genüsslich viel zeit für das eigentlich relevante: der conditio humana (wenn vince gilligan rumlateinisiert, kann ich das auch).
aber viel wichtiger: bei vince gilligan geht’s nie um die technischen details, sondern um moralischen abgründe. das wie, die technik, die mechanik dahinter, spielt nur dann eine rolle, wenn sie beeindruckende bilder abwirft, die helfen können innere und moralische dilemmata zu illustrieren.
und vielleicht geht’s gilligan sowieso nur um die bilder.
