brea­king ca­rol

felix schwenzel in gesehen

manch­mal glau­be ich ja, dass vin­ce gil­ligan — und sein team von re­gis­seu­ren und au­toren — ge­le­gent­lich fol­gen in ihre se­ri­en ein­bau­en, die das pu­bli­kum tes­ten sol­len. so wie man beim hun­de­trai­ning ge­le­gent­lich ein­fach das tem­po raus­nimmt, weil die hun­de zu auf­ge­regt oder über­dreht sind. ein biss­chen so fühl­te sich die­se sieb­te fol­ge plu­ri­bus je­den­falls an. tem­po raus, da­mit sich alle be­ru­hi­gen und mal schau­en wie es mit der ge­duld steht. ca­rol ein­fach den gross­teil der fol­ge schlecht sin­gen las­sen und ma­nou­s­ous die gan­ze zeit spa­nisch und ge­bro­chen-eng­lisch brumm­meln las­sen.

aber na­tür­lich hat­te das al­les ei­nen tie­fe­ren sinn, wir sa­hen den bei­den prot­ago­nis­ten von aus­sen bei ih­rer in­ne­ren rei­se zu, rei­sen an de­ren ende sie bei­de aus ver­schie­de­nen grün­den zu­sam­men­bra­chen. und un­ter­wegs, wenn die prot­ago­nis­ten lei­den, kann das pu­bli­kum ru­hig ein biss­chen mit­lei­den. aber bis auf ca­rols mu­si­ka­li­schen er­güs­se war es gar nicht so schlimm und vor al­lem nicht lang­wei­lig, weil man die gan­ze zeit zum mit­den­ken auf­ge­for­dert wird: wie lan­ge hal­ten men­schen al­lein­sein aus, wie lan­ge hal­ten gute vor­sät­ze, was bringt ein star­ker wil­le, wenn der kör­per ir­gend­wann nicht mehr mit­spielt?

je­den­falls wie­der ei­ni­ges ge­lernt über ca­rol und ma­nou­s­ous, schö­ne bil­der aus dem nor­den süd­ame­ri­kas ge­se­hen und er­kannt, dass man für furcht­ein­flös­sen­de le­be­we­sen gar kei­ne ex­tra­ter­res­tri­schen phan­ta­sie­we­sen braucht, ein gang in den mit­tel­ame­ri­ka­ni­schen dschun­gel, zu den as­tro­ca­ry­um stand­ley­anum reicht schon.

es wird auch zu­neh­mend klar, dass plu­ri­bus als se­rie auf meh­re­re staf­feln aus­ge­legt ist und wir in die­ser ers­ten staf­fel nicht mehr vie­le ant­wor­ten dar­auf be­kom­men wer­den, ob die welt noch zu ret­ten ist oder nicht.

in der you­tube-welt be­mü­hen sich ei­ni­ge, die rät­sel schon vor­ab zu lö­sen und sich ein zwei fol­gen vor­zu­ar­bei­ten. ich schau mir das auch ger­ne an: eine der eher lang­wei­li­gen, aber über­zeu­gen­de­ren theo­rien dreht sich dar­um, dass sich das kol­lek­tiv über funk­wel­len syn­chro­ni­si­ert und dass die me­lo­die die im vor­spann läuft ge­nau die­se me­lo­die sei. oder dass das kol­lek­tiv doch lü­gen kann.

ich glau­be vin­ce gil­ligan, das au­toren team, ist den rät­sel-kna­ckern im­mer ei­nen oder zwei schrit­te vor­aus und lässt sich beim lüf­ten der schlei­er ge­nüss­lich viel zeit für das ei­gent­lich re­le­van­te: der con­di­tio hu­ma­na (wenn vin­ce gil­ligan rum­la­tei­ni­si­ert, kann ich das auch).

aber viel wich­ti­ger: bei vin­ce gil­ligan geht’s nie um die tech­ni­schen de­tails, son­dern um mo­ra­li­schen ab­grün­de. das wie, die tech­nik, die me­cha­nik da­hin­ter, spielt nur dann eine rol­le, wenn sie be­ein­dru­cken­de bil­der ab­wirft, die hel­fen kön­nen in­ne­re und mo­ra­li­sche di­lem­ma­ta zu il­lus­trie­ren.

und viel­leicht geht’s gil­ligan so­wie­so nur um die bil­der.

screenshot aus pluribus s01e07 der carol in einem golfcart zeigt, wie sie an einem büffel vorbeifährt
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