05.05.2009, next09 tag 1

felix schwenzel, , in wirres.net    

next lavatory

06:30 uhr
wecker klingelt, frau steht widerwillig auf um das kind zu schmieren und butterbrote zu wecken. herrlich: ich hab urlaub und schlafe weiter.

06:45 uhr
wache wieder auf, weil die frau in der küche flucht.

08:57 uhr
chef ruft an.

09:20 uhr
denke darüber nach, dass urlaub früher auch mal anders gewesen ist.

11:00 uhr
mache feierabend, schneide einen kohlrabi in stifte und esse den kohlrabi mit einem käsebrot.

13:45 uhr
mein tomtom lotst mich die 1,2 kilometer von der ubahn zum „kampnagel“. bin jetzt auf der #next09. nico lumma steht vor dem eingang und isst döner.

13:54 uhr
in sechs minuten spricht jeff jarvis. ich bestelle noch schnell einen milchkaffee.

14:02 uhr
bekomme einen sieben minuten lang gezapften, aber sehr leckeren milchkaffee serviert, trinke ihn hastig aus und frage mich zu „track 1“ durch, wo jeff jarvis bereits seit 8 minuten redet. jeff jarvis erzählt interessante sachen und beschimpft sich selbst als „heuchler“. leider habe ich alles was er erzählt schon vor tagen und wochen im netz gelesen oder gehört. trotzdem ist er ein sehr angenehmer redner, ich muss sogar ein paar mal lachen. am ende nimmt er fragen entgegen und läuft mit dem mikrofon durch den saal zu den fragestellern. jeff jarvis errinnert mich, wenn er läuft, an eine giraffe. wenn giraffen schnell laufen, sehen sie aus als liefen sie in zeitlupe. jeff jarvis auch.

14:55 uhr
stehe auf, rufe laut „was für ein liebloser scheiss!“ und stampfe empört aus der keynote „Capitalism 2.0“ hinaus — leider nur in meiner phantasie. in der realität lausche ich weiter, beobachte wie sich umair haque ungeschickt — aber betont lässig — mit prezi abmüht. um 15:03 uhr halte ich es wirklich nicht mehr aus und schleiche leise zu meinem zweiten milchkaffee.

15:10 uhr
wlan! es gibt funktionierenedes wlan! die entdeckung des tages. schreibe meinem chef eine email.

16:20 uhr
sehe die letzten 10 minuten von andrew keens vortrag [foto]. bin sofort inspiriert und beschliesse die debattenkultur in deutschland neu zu beleben.

[nachtrag, via]
video-aufzeichnung von andrew keens keynote.

16:25 uhr
ich spüre, dass der kohlrabi extrem flatulenz-steigernd wirkt.

16:30 uhr
sehe mir 30 minuten werbung für t-mobile, simyo und irgendeinem angeblichen „think-tank“ an [foto davon]. im publikum rumort es, weil raimund schmolze es nichtmal ansatzweise peinlich ist einem zahlenden publikum eine wahrscheinlich von seinem 13jährigen sohn erstellte powerpoint-präsentation zu zeigen und mit dummdreister telekom-werbung zuzuschwallen. das kam nicht gut an, knüwer fands sogar imageschädigend. frage mich erstens ob das image von t-mobile oder der telekom noch weiter zu schädigen ist, zweitens warum ich nicht aufstehen konnte sondern fasziniert auf den peinlichen werbemüll auf der bühne starren musste und drittens, was ich gefühlt hätte, wenn ich mehrere hundert euro für die veranstaltung gezahlt hätte.

am ender der diskussion wirds nochmal lustig als raimund schmolze behauptet, t-mobile blockiere skype, weil man die übertragungsqualität des dienstes nicht garantieren könnten. der halbe saal lacht.

17:10 uhr
bier? gibts erst ab 19 uhr. ist ja wie zuhause hier!

17:46 uhr
rufe meine oma an.

18:30 uhr
twitterlesung. noch hat keiner gelacht, obwohl schon seit 15 minuten vorgelesen wird.

19:05 uhr
spreche mit einem gut vernetzen arbeitslosen.

19:20 uhr
mich spricht jemand an, dem ich mal im internet ans bein gepinkelt habe. merke: leuten im internet ans bein pinkeln ist der ultimative persönlichkeitstest aus dem sich sehr angenehme bekanntschaften entwickeln können. oder abmahnungen.

19:30 uhr
auf dem klo zwei business-kasper. der eine so: „hast du nicht noch ein meeting heute abend?“ der andere: „ja. ich muss kellnern.“

19:40 uhr
der typ der am nachmittag auf der bühne als simyo-gründer vorgestellt wurde hat ein iphone. frage mich ob er es geknackt hat und mit ner simyo-SIM benutzt, es in italien gekauft hat oder ob er telekom-kunde ist.

19:55 uhr
spreche mit jemandem der bald arbeitslos ist und esse blumen mit dressing.

20:15 uhr
sinniere darüber wie ich die debattenkultur in deutschland neu beleben soll. die domain wäre noch frei: reaktionaeres.net.

20:20 uhr
spüre den hauch des todes und stelle die steile these auf, dass es die next10 nicht geben wird. sehe peter kabel und michael trautmann rumstehen. mir wird kalt.

20:40 uhr
neben mir sagt jemand, das web sei tot. ich frage mich: was ist eigentlich zum web noch nicht gesagt worden? interessiert sich da noch jemand für? braucht man in einer phase der konsolidierung konferenzen?

21:00 uhr
esse noch mehr blumen mit dressing.

22:00 uhr
sehe, dass ich nicht der einzige bin der sich langweilt und dass die webfuzzis besseres zu tun haben als auf einer party rumzustehen. fernsehen gucken im hotelzimmer zum beispiel. irre wie leer der laden schon ist.

22:30 uhr
gehe sehr zufrieden und ziemlich nüchtern nachhause.