werbung

felix schwenzel, , in wirres.net    

ich habe mich ja schonmal vor ner weile gefragt, warum online-werbung eigentlich nerven muss. zappeln, zucken, flackern, wackeln, täuschen. ich fragte mich, was eigentlich so schlecht am prinzip der printwerbung war. ein ganze, halbe oder viertel seite, im optimalfall gefüllt mit einem motiv und einem werbespruch. ignorier- und überblätterbar, aber manchmal auch die aufmerksamkeitschwelle erreichend.

printwerbung in der brandeins 07/12

online war am anfang das banner. als die werbetreibenden mitbekamen, dass die leser von webseiten lernten, diese banner zu ignorieren, fingen sie an, sie zu animieren. später, um aufmerksamkeit zu bekommen, legten sie anzeigen über die seiten, störten den textfluss mit eingeschobener werbung. manche seiten wurden so voll mit werbung geladen, dass man den eigentlichen inhalt mit der lupe suchen musste. bannerwerbung nervte meistens nur und frass durch den grosszügigen einsatz von schlecht programmiertem flash auch noch grosse teile der prozessorleistung.

einen grossteil von googles frühem erfolg kann man sicherlich mit der erfindung (oder genauer vermarktung) der unaufdriglichen und manchmal kontextsensitiven adsense-textanzeige begründen. trotz ihrer nicht-nervigkeit und unaufdringlichkeit wurde solchen anzeigen teilweise grosse aufmerksamkeit zuteil. den werbetreibenden reicht das aber schon länger nicht mehr, auch google-adsense liefert mittlerweile bunte, animierte nerv-banner aus, trackt die benutzer über webseiten hinweg, um ihnen meistens irrelevanten stuss vorzuzucken.

damals fragte ich mich, warum online-werbung nicht auch so aussehen könnte:

koksen ist achtziger

schon klar, onlinewerbung ist zum grossen teil keine image- oder marken-werbung, sondern will die besucher von webseiten weglocken, auf die eigenen angebote. das grundpromblem bleibt aber: aufmerksamkeit durch schreien oder rumzucken funktioniert nur für kurze zeit. es ist ein psychologisches problem; wer auf dauer aufmerksamkeit bekommen möchte, muss durch interessanz und nicht penetranz punkten. unterhaltung, statt störung. intelligenz, statt stumpfheit und masse. werbung gewinnt bei mir glaubwürdigkeit durch konstanz und selbstbeschränkung.

werbung kann so gut sein, dass sich manche menschen* werbung sogar in ausstellungen ansehen oder im kino. online passiert das den wenigsten menschen. ich kann mich an kein online-banner erinnern, von dem ich sagen würde: wow, das war gut (was auch daran liegen kann, dass ich sie meistens technisch und psychologisch ausblende). im print oder im fernsehen haben ich viele gesehen, von denen ich sagen würde: wow. manche werbung hat es geschafft sich tief ins kollektive gedächnis (zumindest meins) einzugraben. online-werbung eher nicht. warum ist das so?

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vor ein paar tagen sah ich auf superlevel diese anzeige:

stilanzeige für brandeins

die anzeige erinnerte mich an die „the deck“-werbung auf daring-fireball: ein bild, ein text, eine anzeige. sonst nix. auf superlevel erkannte ich die anzeige zunächst gar nicht als anzeige, was wiederum meine aufmerksamkeit erhöhte und dazu führte, dass ich mir die anzeige näher ansah. und auf das wort stilanzeige klickte. dort las ich in den richtlinien für werbekunden:

Das Anzeigenbild muss in einer Bilddatei (zB. JPG, PNG, GIF) mit den Maßen 130px (horizontal) zu 100px (vertikal) angeliefert werden.
[…]
Das Erscheinungsbild der Anzeige sollte Aufmerksamkeit auf sich ziehen können, stilanzeigen behält sich aber vor, nach freiem Ermessen zu bunte oder in zu grellen Farben gehaltene Anzeigen abzulehnen.

Der Text jeder stilanzeige hat die Funktion, das auf dem Bild angezeigte Produkt bzw. Service zu beschreiben. Fassen Sie hier kurz und prägnant die wichtigsten Informationen und Vorteile Ihres Produktes zusammen. Erlaubt sind maximal 80 Zeichen.

in den richtlinien für blogger:

Da wir unseren Werbekunden exklusiv den einzigen Werbeplatz auf den Blogs anbieten möchten, ist andere Bannerwerbung leider nicht erlaubt. Davon ausgenommen sind gesponserte Blogpostings, die Bewerbung von eigenen Produkten und/oder nicht vergütete Anzeigen auf andere Projekte/Websites/Blogs.
Diese Exklusivität bietet den großen Vorteil, dass wir einen höheren TKP für dich aushandeln können.

80 zeichen text, ein bild. eine exklusive anzeige. grossartig.

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seit ein paar jahren bin ich mitglied im werbenetzwerk adical adnation, das vor kurzem von mokono aufgekauft wurde und mokono dann von populis. adnation wollte bloggern ein einkommen durch werbung sichern. trotz einiger anstrengungen hat das (bei mir) nie so besonders gut geklappt. einerseits weil es offenbar sehr schwer war, werbetreibende davon zu überzeugen auf blogs zu werben, andererseits weil die werbung, wenn es mal klappte werbetreibende zu überzeugen, eher konventionell (flashig, zappelig, schreiend) daherkam. ich habe ein paar hundert euro über die jahre eingenommen und weiss nicht ob ich mich mehr über die abwesenheit oder die anwesenheit von werbung ärgerte. und auch die übernahme durch mokono/populis hat daran nichts geändert: es gab keine bis wenig werbung — und wenn es welche gab, war die meist so nervig, dass ich sie in dieser form eigentlich gar nicht auf meinem blog sehen wollte. zumal seit der mokono/populis-übernahme auch noch ein reigen an trackingcodes mit der werbung mitgeschickt wurde, je nach werbung bis zu sechs oder sieben trackingcodes.

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seit einigen monaten überlegte ich die zusammenarbeit mit populis zu beenden oder ruhen zu lassen und vielleicht zu versuchen mich selbst zu vermarkten. letzte woche habe ich mich dann entschieden, wenn man mich dort haben wollte, bei stilanzeigen mitzumachen. stilanzeigen sagte mir zu, allerdings auch, dass sie derzeit nicht besonders viele (keine) kampagnen hätten. man arbeite an der aquise. auch wenn die erfahrung dem widerspricht, hoffe ich doch sehr, dass viele werbetreibende, vermarkter oder aufmerksamkeitsbedürftige das einleuchtende konzept von stilanzeigen zu würdigen wissen und dort viele anzeigen kaufen. und ich hoffe natürlich, dass viele andere blogger sich das mal ansehen.

ab montag steht hier eine stilanzeigen eigenwerbung. ich bin gespannt wie und ob das weitergeht. und wenn das alles scheitert, dann mit stil.

hört sich paradox an und ist vielleicht auch dumm, aber ich habe hier lieber werbung die weder mich, noch meine leser nervt, als damit geld zu verdienen. aber, und jetzt wiederhole ich mich, ich hoffe sehr, dass das konzept der nicht nervenden werbung auch in deutschland eine chance bekommt und erfolg hat.

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die beifahrerin erzählte mir kürzlich, dass sie auf dawanda, ein laden den sie durch und durch sympathisch findet, kürzlich nach radierungen gesucht und in den suchergebnissen herumgeblättert hat. kurz darauf wurde sie auf allen möglichen drittseiten (unter anderem spiegel-online) mit werbeanzeigen von dawanda konfrontiert, die ihr die radierungen die sie vorher angesehen hatte nochmal zeigten.

damit die werbestrategen von dawanda und die „targeting“-spezialisten, die sich sowas ausdenken, verstehen was für ein kranker scheiss das ist, versuche ich das mal in ein beispiel aus der alten zeit, wo man noch in geschäften einkaufte, zu verpacken: jemand der in einen antiquitäten-laden geht, sich dort ein paar radierungen ansieht und den laden wieder verlässt, weil er nix gefunden hat, wäre sicher nicht begeistert, wenn ihn ein clown aus dem laden hinterherläuft. wenn dieser clown ihm dann durch die stadt folgt, vor ihm rum tanzt und ihm die bilder die er offenbar nicht haben wollte auf plakaten zeigt — ist das dann gute werbung?

eher nicht. der laden, der solche clowns durch die gegend schickt um ehemalige besucher zu verfolgen, wirkt dubios. oder wie die beifahrerin das ausdrückte: „einen laden wie dawanda kann man doch eigentlich nicht doof finden. aber die haben mit ihren anzeigen das unmögliche geschafft, ich finde dawanda jetzt sehr, sehr zweifelhaft.“

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*) ich