ix, mich anhörend wie ein FDP-arschloch

felix schwenzel

am frei­tag mit­tag war es bit­ter­kalt. da­für gab es ta­ges­licht. in der win­di­gen schwei­ne­käl­te habe ich vorm reich­tag ein vi­deo für watch­ber­lin auf­ge­nom­men.

den text (ma­nu­skript nach dem klick) ha­ben ein text von _ben, die­se hei­se-mel­dung, die­ses in­ter­view mit ju­lia zeh (mp3 oder flash) und die­ser text von sa­bi­ne leu­theus­ser-schnar­ren­ber­ger in­spi­riert (die bei­den letz­te­ren via an­na­list).

vi­deo bei watch­ber­lin (flv-di­rekt­link).

ich war nie stolz auf deutsch­land. aber ich habe die­ses land vor zwan­zig jah­ren schät­zen ge­lernt als ich für ein jahr in den usa als aus­tausch­schü­ler war.

ich moch­te es wie man selbst­kri­tisch, vol­ler zwei­fel, mit der ei­genn ge­schich­te um­ging, wie man mit ge­dämpf­ten, selbst­kri­ti­schem pa­trio­tis­mus ver­such­te leh­ren aus der ge­schich­te zu zie­hen. tat­säch­lich: zwei­fel und vor­sicht wa­ren in den 80er jah­ren in der po­li­tik noch vor­han­den. mit dem hur­ra-pa­trio­tis­mus der ame­ri­ka­ner konn­te ich nie viel an­fan­gen.

mitt­ler­wei­le kann ich dem pa­trio­tis­mus der ame­ri­ka­ner ein ganz klein biss­chen was ab­ge­win­nen. die ame­ri­ka­ner ha­ben näm­lich et­was ent­schei­den­des be­grif­fen, was uns deut­schen tra­di­tio­nell ab­geht. sie lie­ben ihr land, miss­trau­en aber dem staat zu­tiefst und schät­zen ihre in­di­vi­du­el­le frei­heit über al­les.

die deut­schen lie­ben au­to­ri­tä­ten, se­hen den staat als für­sor­gen­den va­ter, als si­cher­heits­ga­ran­ten an. nichts ge­gen den so­zi­al­staat oder das deut­sche ge­sund­heits­sys­tem. es hat uns vie­le jah­re so­zia­len frie­den und lan­ges le­ben ge­ge­ben und über jahr­zehn­te tau­sen­de von ver­wal­tungs­be­am­ten und bü­ro­kra­ten er­nährt.

lei­der hat es auch ein paar gren­zen ver­wischt. näm­lich die wo der staat sich in die pri­vat­an­ge­le­gen­hei­ten der bür­ger ein­mi­schen soll, kann oder darf — oder eben nicht.

vie­le bür­ger, aber auch der staat selbst, ver­ste­hen den staat als eine art rund-um-sorg­los-pa­ket. der staat soll al­len ar­beit be­schaf­fen, für ein lan­ges le­ben und ge­sun­de er­näh­rung sor­gen, ab­so­lu­te si­cher­heit auf den stras­sen und im land ga­ran­tie­ren und so­was wie all­ge­mei­ne sor­gen­lo­sig­keit schaf­fen. um das zu er­rei­chen bläht sich der bü­ro­kra­ti­sche ap­pa­rat un­end­lich auf, für je­den scheiss wer­den ge­set­ze ge­schmie­det.

wir sind in kom­bi­na­ti­on mit un­se­rer tra­di­tio­nel­len ob­rig­keits­hö­rig­keit un­fass­bar be­quem ge­wor­den und mer­ken da­bei gar nicht wie der staat in mehr und mehr vor­mals pri­va­te be­rei­che vor­dringt.

wir sol­len ge­sund und ver­nünf­tig le­ben, uns ge­sund er­näh­ren, dro­gen mei­den, un­se­re le­bens­art ist plötz­lich eine an­ge­le­gen­heit für die sich der staat in­ter­es­siert. wir sol­len kar­ten mit uns her­um­tra­gen in de­nen fest­ge­hal­ten wird wel­che krank­hei­ten und dia­gno­sen beim arzt­be­such fest­ge­stellt wur­den, an­geb­lich um die kos­ten des ge­sund­heits­sys­tems in den griff zu be­kom­men. plötz­lich sol­len alle kin­der re­gel­mäs­sig zwangs­un­ter­sucht wer­den, an­geb­lich um das pro­blem ver­wahr­los­ter kin­der in den griff zu be­kom­men. plötz­lich hat sich der staat das recht ge­ge­ben je­der­zeit auf un­se­re kon­ten zu­zu­grei­fen, an­geb­lich um steu­er­hin­ter­zie­hung zu er­schwe­ren.

neu­er­dings will der staat auch noch wis­sen mit wem wir te­le­fo­nie­ren, von wo aus wir te­le­fo­nie­ren, mit wem wir emai­len oder wem wir sms schi­cken und un­ter um­stän­den zu­griff auf pri­va­tes­te da­ten auf un­se­ren com­pu­tern er­lan­gen. an­geb­lich um uns vor ter­ro­ris­ten zu schüt­zen.

es wer­den ängs­te ge­schürt und so ge­tan als kön­ne der staat si­cher­heit ga­ran­tie­ren.

ab­so­lu­te si­cher­heit gibt es nicht, aber für die il­lu­si­on da­von sol­len wir un­se­re grund­rech­te ein­schrän­ken las­sen.

alle mög­li­chen gar nicht mal so doo­fen grund­sät­ze, tren­nung von po­li­zei und ge­heim­diens­ten, po­li­zei­li­che er­mitt­lun­gen nur bei vor­lie­gen ei­nes ver­dachts, die un­ver­letz­lich­keit der men­schen­wür­de und der pri­vat­sphä­re wer­den auf­ge­weicht oder ab­ge­schafft, weil sie an­geb­lich der schaf­fung von si­cher­heit, der ver­hin­de­rung oder auf­klä­rung ter­ro­ris­ti­scher ak­ti­vi­tä­ten im wege ste­hen.

und was tun wir? wir ste­hen da und las­sen den staat ge­wäh­ren, rüh­ren noch nicht mal den klei­nen fin­ger wäh­rend un­se­re grund­rech­te und un­se­re pri­vat­sphä­re nach und nach be­schnit­ten wer­den.

ja, das grund­ge­setz spricht von ei­nem grund­recht auf frei­heit und si­cher­heit. da­mit be­grün­de­ten die letz­ten bei­den in­nen­mi­nis­ter im­mer wie­der ihre in­itia­ti­ven zur stär­kung des staa­tes. al­ler­dings ist da­mit eine ganz an­de­re si­cher­heit ge­meint als die die schi­ly und schäub­le im sinn ha­ben. das grund­ge­setz meint die si­cher­heit der bür­ger vor dem staat. ge­set­ze, die re­geln de­nen wir uns un­ter­wer­fen sind in ers­ter li­nie zum schutz der bür­ger vor dem staat ge­dacht! es wird höchs­te zeit, dass wir dem staat ein we­nig luft ab­las­sen und uns un­se­re rech­te wie­der­ho­len. der staat ist kein selbst­zweck, er braucht schran­ken. star­ke schran­ken.

mo­men­tan gibt es nur noch eine funk­tio­nie­ren­de schran­ke, das ver­fas­sungs­ge­richt. die po­li­ti­ker sind nach ei­ge­nen an­ga­ben nicht mehr in lage die ver­fas­sungs­mäs­sig­keit ih­rer ge­set­ze selbst zu prü­fen und über­las­sen das dem ver­fas­sungs­ge­richt.

das ist der eine skan­dal. der an­de­re skan­dal ist, dass die un­fä­hig­keit der po­li­ti­ker, die schrank­len­lo­se auf­blä­hung des staa­tes und der be­fug­nis­se der si­cher­heits­or­ga­ne die meis­ten deut­schen im bes­ten fal­le zu ei­nem schul­ter­zu­cken bringt.

auch wenn ich mich wei ein FDP-arsch­loch an­hö­re: mei­ne güte, wir müs­sen mehr ei­gen­in­itia­ti­ve ent­wi­ckeln, mehr ver­ant­wor­tung in die ei­ge­nen hän­de neh­men, uns ge­gen den im­mer au­to­ri­tä­rer agie­ren­den staat weh­ren!