herbertz

schwaben lieben das „sch“. das tut mitunter weh, ganz besonders wenn die schwaben vom zweiten frühstück oder frühen abendessen reden; dann sagen sie „veschpern“. „versper“ ist schon an sich kein sonderlich schönes wort, aber mit dem „sch“ gestreckt ist es unerträglich. vor vielen jahren professionalisierte ein umtriebiger schwabe, herbert okolowski, das verspern im stuttgarter süden und gründete einen „vesperdienst“. der vesperdienst bestand aus einem bollerwagen (mit der aufschrift „herbertz versperdienst“) gefüllt mit hunderten selbstgeschmierten brötchen die er an die im stuttgarter heusteigviertel liegenden büros verkaufte, zum vespern. aus diesem vesperdienst entstand irgendwann ein kleines stehcafé, das herbertz, den „vesperdienst“ immer noch in der zweiten zeile und dem briefpapier tragend.
das herbertz war genauso eingerichtet wie cafés oder eckkneipen die ich meide: ein einziger egotrip, mit bildern, plakaten und gemälden des besitzers dekoriert, die einrichtung selbstgemacht und die handwerkliche begabung des besitzers demostrierend. ästhetisch nicht gerade aus einem guss. der besitzer demonstrierte auch in seinem gesicht handwerkliche fähigkeiten: ein riesiger, morgendlich gestuzter vollbart, dekoriert mit einem gigantischem an zwei seiten aufgerolltem schnurbart. darüber eine früh-morgendlich glattrasierte glatze, dekoriert mit täglich wechselnder kopfbedeckung.
aber der kaffee! gezapft aus einer gigantischen, goldenen elektra espresso-maschine mit einer crema die 2 löffel zucker zu halten imstande war. die kaffeemühle wurde jeden tag, je nach luftfeuchtigkeit justiert, der kaffee täglich frisch aus einer kleinen rösterei bezogen. professioneller kaffee!
jahrelang ging ich morgens zu herbertz um dort eine „melange“ zu trinken, einen extra-starken cappuccino mit wenig schaum, der die espresso-crema an den rändern nach oben drückte und auch ohne kakao-deko dekoriert aussah. mittags sah sich mein magen auch imstande den kaffee unverfälscht, als espresso zu trinken.
angenehm auch die unschwäbische art das „anschreiben“ für stammkunden zu erlauben und so auch mit gelegentlichen finanziellen engpässen täglich professionell zubereiteten kaffee trinken zu können.
im laufe der jahre gewöhnte ich mich an die deko, der kunstvolle bart des besitzers fiel und auf der glatze wuchsen wieder haare. die ästhetische qualität der einrichtung verbesserte sich ebenfalls im laufe diverser erweiterungen und umbauten des ladens. denn eines kann man schwaben nicht vorwerfen: sie sind nicht beratungsresitent. nur das „sch“ wird man ihnen nie abgewöhnen können.
herbertz
immenhofer strasse 13
70180 stuttgart
tel: 0711/60 43 94
mo - fr: 7:00 - 17:00
sa: 8:00 - 14:00 Uhr
sonntag ruhetag
--
