früh­ling

felix schwenzel

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ich habe bis­her jede zim­mer­pflan­ze ge­tö­tet. meist durch un­ter­las­se­ne hil­fe­leis­tung. le­dig­lich eine ein­zi­ge plan­ze hat mei­ne ob­hut je­mals über­lebt, eine art gum­mi­baum, der es tat­säch­lich aus­hielt an­dert­halb jah­re ohne was­ser­zu­fuhr zu über­le­ben. ich ma­che das nicht aus bö­sem wil­len, eher aus igno­ranz. ich neh­me pflan­zen in der woh­nung meist nicht als le­be­we­sen wahr, son­dern als din­ge die (oft) im weg ste­hen. wenn man mir also kei­ne freu­de ma­chen will, soll­te man mir blu­men schen­ken.

von mei­ner mut­ter kann ich das ver­hal­ten nicht ge­erbt ha­ben. sie stellt bei je­der sich bie­ten­den ge­le­gen­heit blu­men, topf­pflan­zen und ähn­li­ches in die woh­nung. kürz­lich wa­ren es veil­chen, wohl als früh­lings­bo­ten ge­dacht. die gros­se selbst­täu­schungs­ma­sche funk­tio­nier­te aber; mei­ne mut­ter war ganz eu­pho­ri­siert:
„mmmh. herr­lich wie es nach veil­chen duf­tet.“
mein va­ter, sonst eher kühl und ver­hal­ten (wie ich), liess sich mit­eu­pho­ri­sie­ren: „ja. duf­tet herr­lich“.
dies­mal liess sich le­dig­lich mei­ne schwes­ter, sonst je­der eu­pho­rie nicht ab­ge­neigt, nicht mit­reis­sen. sie roch an den veil­chen und be­schrieb die fak­ten: „bah! die rie­chen nach pis­se!“
mei­ne mut­ter muss­te nach über­prü­fung des ge­ruchs zu­ge­ben, das mei­ne schwes­ter recht hat­te.