die verdammte

felix schwenzel

vielleicht bin ich ja der einzige der über kate moss und ihren kokainkonsum schreibt, der das nicht unter dem einfluss von koks tut. könnte man zumindest meinen wenn man die selbstgerechtigkeit und selbstgefälligkeit der schreiberlinge so betrachtet die das bisher taten.

gestern habe ich mir irgendwo das heimlich aufgenommene video angesehen in dem man sieht wie sich kate moss das näschen pudert. begleitet war das video von einer hysterischen, italienisch keifenden sprecherin und für die doofen wurden wichtige bildteile immer mit roten kreisen umrandet und das bild kurz angehalten. man konnte in dem video nicht viel erkennen, ausser wie schön kate moss trotz ihrer 80 jahre ist. man sieht nicht viel von ihr, aber ihre schönheit strahlt sogar durch ein körniges, hysterisch schwankendes video.

obwohl, nicht alle journalisten die über die moss schrieben taten das unter dem einfluss heftiger selbstgerechtigkeit und von bigotterie getrieben, vor zwei wochen zum beispiel, in der fas, las ich einen erstaunlich einfühlsamen, zweifelnden und zurückhaltenden artikel von johanna adorján, doppeldeutiger und passender titel „das ende unserer sehnsüchte“. darin las ich etwas äusserst sympathisches über kate moss: sie sei noch nie im fernsehen aufgetreten, habe noch nie interviews gegeben. sie ist pure, stumme projektionsfläche, „sie ist, was wir in ihr sehen wollen“. quasi der antipol von sprechenden mülleimern wie beckmann und mir, die wirklich zu allem und jedem ihren senf absondern müssen.

natürlich gibts den artikel von johanna adorján nicht online. aber da die faz mich ja auch gerne im volltext zitiert, mache ich das auch mal, quasi:

Es hat wohl nie so eine schöne Werbung für Kokain gegeben wie die grobkörnigen, heimlich aufgenommenen Bilder von Kate Moss. Sie sieht auf ihnen zart aus wie eine Elfe, die langen Haare umrahmen weich ihr berühmtes Gesicht. Auf einem Bild, auf dem sie mit einer Kreditkarte das Pulver zu Linien teilt, hat sie die Beine anmutig zur Seite gestellt, etwas später lacht sie sehr, was der Zeitung als Beleg dafür galt, daß die Wirkung der Drogen nun einsetzt. Natürlich wirkt das alles tausendmal verführerischer, als hätte man beispielsweise Christoph Daum oder Konstantin Wecker beim Koksen gesehen. Daher sind die Bilder gefährlich: Immerhin bringt diese Frau Menschen dazu, klobige australische Lammfell-Boots schön zu finden, sie schafft es, eine Begierde zu wecken für Rimmel-Lippenstifte, Balenciaga-Handtaschen und viel zu enge Jeans von Sassy & Bide. Und jetzt ist sie, offenbar bester Laune, beim Konsumieren einer harten Droge zu sehen.

Vor elf Jahren bereits erschien in der "New York Times" ein Artikel, der Kate Moss für die Glorifizierung von Drogen mitverantwortlich machte, und im "U.S. News & World Report" hieß es damals: "Moss ist eine hochgradig gestörte Person und ein Ausdruck unserer heruntergekommenen Populärkultur." Es half alles nichts: Kate Moss hat Magersucht schick gemacht und Augenringe zu einem schicken Accessoire, sie hat den längst totgeglaubten Rock-'n'-Roll-Lifestyle zu neuem glamourösem Leben erweckt, mitsamt auseinandergenommenen Hotelzimmern, Musiker-Boyfriend, Parties und noch mehr Parties. Musiker haben sie in Songs und in Videos verewigt, Lucian Freud hat sie gemalt, Bret Easton Ellis über sie geschrieben, sie hat Modedesigner zu Entwürfen inspiriert, für so ziemlich alles geworben, was teuer ist und sehr viele Menschen dazu verführt, viel Geld auszugeben in der Hoffnung, dadurch ein bißchen zu werden wie sie. Dabei ist sie die Antithese zu allen anderen Heldinnen der Popkultur: Sie macht kein Yoga, ernährt sich nicht makrobiologisch, steht nicht jeden Morgen mit der Sonne auf. Und sie bemüht sich auch nicht wie die anderen, immer nett gefunden und verstanden zu werden.

jetzt muss ich natürlich noch das zitat bewerten, sonst isses ja content-klau. mach ich aber nicht. ich bewerte einfach die autorin, die finde ich nämlich richtig gut.

[nachtrag, 13.10.]
eben bei zapp gehört wie robbie williams in etwa das hier gesagt hat:

ich höre von vielen journalisten, mit denen ich schon persönlich gekokst habe, dass sie kate moss raten, kein kokain mehr zu nehmen.