ta­lent ist ge­duld

felix schwenzel

die bei­fah­re­rin sagt im­mer, es gebe kein ta­lent. ein satz, dem ich auf an­hieb nie zu­stim­men woll­te. aber je mehr ich über die­sen satz nach­den­ke, des­to mehr muss ich der bei­fah­re­rin zu­stim­men. wie ich über­haupt letzt­end­lich der bei­fah­re­rin in fast al­lem nach ei­ner wei­le des sträu­bens zu­stim­men muss. sie hat öf­ter recht, als mir lieb ist.

was es tat­säch­lich gibt ist lei­den­schaft. und wer lei­den­schaft für et­was emp­fin­det, hat da­mit auch ge­duld. und ge­duld ist der schlüs­sel. oder ge­nau­er, lei­den­schaft ist der schlüs­sel zur ge­duld, der die tür zu dem, was als ta­lent er­scheint, öff­net. hört sich pa­the­tisch an, ist aber was dran.

ich habe zum bei­spiel un­end­li­che ge­duld mit tech­nik. ich kann stun­den-, nein ta­ge­lang CSS-an­wei­sun­gen oder ja­va­scrip­te aus­pro­bie­ren bis eine die web­sei­te so aus­sieht wie ich möch­te oder das macht was sie soll. ich ma­che da wei­ter, wo an­de­re längst die lust ver­lie­ren — bis es klappt. oder: am wo­chen­en­de war ich bei ei­ner gu­ten freun­din ein­ge­la­den die um die sechs kis­ten tech­nik-kram in ih­rem büro rum­ste­hen hat­te, von de­nen sie kei­ne ah­nung hat­te, was sie da­mit ma­chen soll­te oder wie sie sie an­schlies­sen soll­te. un­ter an­de­rem be­fan­den sich in den kis­ten ein vdsl-split­ter, eine t-home set­top­box und ein wlan-re­pea­ter. nach 10 mi­nu­ten hat­te ich den rou­ter und den re­pea­ter per wps ver­bun­den und die set­top­box an den fern­se­her und re­pea­ter an­ge­schlos­sen. al­ler­dings brauch­te ich min­des­tens drei stun­den bis die scheis­se lief und ein fern­seh­pro­gramm an­zeig­te. am ende stell­te si­cher her­aus, dass der re­pea­ter nur in der glas­vi­tri­ne im wohn­zim­mer aus­rei­chend emp­fang hat­te um vdsl-fern­se­hen auf die set­top-box-zu lei­ten und dass der scart-an­schluss in der rech­ten scart-buch­se des fern­se­hers ste­cken muss­te, um ein bild an­zu­zei­gen.

das her­aus­zu­fin­den brauch­te sei­ne zeit, aber ich ver­lor nicht für eine se­kun­de die ge­duld. ich wuss­te zu je­dem mo­ment, dass selbst die schrott-tech­nik der te­le­kom funk­tio­nie­ren kann — und dass es ei­nen weg dort­hin gab. am ende wa­ren — aus­ser mir — alle an­we­sen­den mit den ner­ven am ende — und es funk­tio­nier­te.

ich habe kein ta­lent im um­gang mit tech­nik, nur ge­duld. wer gut kla­vier spielt, hat kein ta­lent dazu, son­dern stoi­sche ge­duld zu üben. wer gut ma­len kann, hat ge­duld ma­len zu ler­nen.

wer ge­duld hat, er­weckt am ende den ein­druck ta­lent zu ha­ben. ta­lent ist ge­duld.

und: wer eine klu­ge frau hei­ra­tet, lernt nie aus.