hinter kleinen sichtblenden kacken
ich erinnerte mich kürzlich als ich auf dem klo sass, dass jeff jarvis kürzlich ein „deutsches privatshären paradoxon“ postulierte. unter anderem wunderte er sich darüber, dass deutsche problemlos nackt in gemischten saunen rumhängen, sich aber darüber beklagen, dass man von ihnen in der öffentlichkeit fotos macht und sich kollektiv über facebook, google analytics, nacktscanner oder (ganz aktuell) über fotografien ihrer hausfassaden aufregen.
ich persönlich gehe weder in eine gemischte noch eine nach geschlechtern getrennte sauna, weil ich auch ohne sauna wie eine sau schwitze. trotzdem hat jarvis natürlich recht, wenn er sich über so eine vermeintliche paradoxie wundert, übersieht aber vielleicht den aspekt, dass es deutschen durchaus unangenehm ist, wenn sie in der sauna oder am FKK-strand fotografiert werden, bzw. das gefühl haben, ihre privatshäre nicht autonom kontrollieren zu können.
ctrl-verlust hin und her, kontrollverlust ist nunmal unangenehm.
als ich da auf dem klo sass, fiel mir ein amerikanisches paradox auf: amerikaner gelten ja allgemein als recht prüde. weibliche brüste auf tageszeitungstitelseiten oder im fernsehen sind verpönt, selbst stillende mütter gelten mitunter als obzön. gemischte saunen, öffentlich zugängliche FKK-strände, öffentliche werbetafeln mit nackten, all das lässt die amerikaner genauso staunen, wie das fehlende tempolimit auf deutschen autobahnen.
die amerikanische prüderie endet aber auf öffentlichen toiletten. wer in in amerika in ruhe auf einer restaurant- oder büro-toilette kacken will ist aufgeschmissen. erstens sind die kabinen in amerika fast nie geschlossen sondern unten und oben offen (das kennt man aus amerikanischen krimis, man kann immer bequem unter den türen durchgucken oder, wenn man aufs klo steigt, mit dem nebenmann von angesicht zu angesicht plaudern. symbolbild 1, symbolbild 2) und zweitens haben die türen spaltmasse, die meistens mehrere finger dick sind.
so kann man beim kacken zwar gut beobachten was vor der eigenen kabine los ist, fühlt sich als deutscher, der geschlossene und einfach abschliessbare kabinen gewohnt ist, aber auch unangenehm beobachtet oder zumindest beobachtbar.
als ich mal für ein paar wochen in new york war, bin ich zum kacken immer ins four-seasons-hotel gegangen. dort befinden sich meines wissens die einzigen blick- und ich glaube auch luftdichten öffentlichen toiletten-kabinen der USA.
wie verträgt sich einerseits die prüderie der amerikaner und diese wer nichts zu verbergen hat, kann auch hinter einer kleinen sichtblende kacken-haltung?