Kom­men­tar von Sa­scha Lobo

sa­scha lobo:

An­mer­kung: Vor ei­ni­ger Zeit, vor der Snow­den-Si­tua­ti­on, hat­te ich mich ent­schlos­sen, mal den Um­welt­sta­tis­ti­ken auf den Grund ge­hen zu wol­len. Ich woll­te ein­fach wis­sen, was da war­um und wie ge­schieht. Das Er­geb­nis war höchst de­pri­mie­rend. Wenn man da­von aus­geht, dass es mehr oder we­ni­ger zwei kom­mu­ni­ka­ti­ve Pole der De­bat­te gibt (für mehr Um­welt­schutz und ge­gen mehr Um­welt­schutz) – dann ar­bei­ten bei­de Sei­ten mit Tricks. Weil ich kein In­ves­ti­ga­ti­v­jour­na­list bin, kann ich die ver­bor­ge­nen Tricks (die ich eher der Anti-Um­welt­schutz­frak­ti­on zu­schrei­ben wür­de) nicht be­ur­tei­len. Was ich be­ur­tei­len kann: die kom­mu­ni­ka­ti­ve Auf­be­rei­tung.

Der häu­figs­te, bei­na­he im­mer vor­han­de­ne Dreh ist, sich die Da­ten so aus­zu­su­chen, dass das ge­wünsch­te Er­geb­nis ohne wei­te­re Trick­se­rei her­aus­kommt. Was ver­gleicht man wo­mit? Auf wel­cher Ba­sis? Die Pro-Flug­zeug-Frak­ti­on etwa misst in Li­ter Ke­ro­sin je 100 Pas­sa­gier­ki­lo­me­ter, da kommt ein Wert um die 4 her­aus, we­ni­ger als beim Auto. Sie lässt aber un­ter an­de­rem weg, un­ter an­de­rem, dass die schäd­li­chen Gase oft dort ent­ste­hen, wo sie (wahr­schein­lich) den grö­ße­ren Scha­den ver­ur­sa­chen, di­rekt in der Tro­po­pau­se. Sie ver­schweigt auch, dass der PKW mit Ver­bren­nungs­mo­tor und ei­ner durch­schnitt­li­chen Aus­las­tung von 1,x Pas­sa­gie­ren je Fahrt un­ge­fähr den be­quems­ten Ver­gleich dar­stellt, den man sich vor­stel­len kann, im Ver­gleich mit dem Zug sähe das völ­lig an­ders aus. Die Pro-Um­welt-Frak­ti­on da­ge­gen trickst da­ten­sei­tig oft da­durch, dass sie weg­lässt, was Al­ter­na­ti­ven an Be­las­tun­gen be­deu­ten wür­den, bzw. an Ver­schie­bun­gen der Be­las­tung. Kein Fleisch mehr? Die häu­figs­te Fleisch-Al­ter­na­ti­ve, Soja, hat eine ka­ta­stro­pha­le Um­welt­bi­lanz. Wahr­schein­lich nicht so schlimm wie Rin­der­fleisch, aber so zu tun, als wäre das nichts, ist auch un­red­lich.

Mei­ne Re­cher­che en­de­te üb­ri­gens da­mit, dass ich eine Her­an­ge­hens­wei­se der in­for­mier­ten Agnos­tik ent­wi­ckelt habe, ich schaue mir viel an, bil­de mei­ne Ein­schät­zung, hal­te sie nicht für ab­so­lut, er­ken­ne mein Un­wis­sen an und ver­su­che an­sons­ten, ei­ni­ger­ma­ßen um­welt-red­lich zu han­deln (was üb­ri­gens sehr, sehr teu­er ist, ein oft auch ver­schwie­ge­ner Punkt, dass man sich Um­welt­schutz leis­ten kön­nen muss, zB in Form von re­gio­na­lem Bio-Fleisch, aber wenn man die Um­welt- und die so­zia­le Fra­ge gleich­zei­tig be­trach­ten wol­len wür­de, dann wäre tie­fe Ver­zweif­lung vor­pro­gram­miert, und von die­ser Ge­schmacks­rich­tung brau­che ich der­zeit nicht noch mehr).