heu­te kein ein­trag

felix schwenzel in artikel

was für eine ge­nia­le idee von mar­kus, ei­nen blog­ein­trag mit dem ti­tel „Heu­te kein Ein­trag“ zu pos­ten, kom­plett ohne au­dio-da­tei (die sie­ben se­kun­den lang ist) und ohne text der lau­tet:

Das war ein sehr lan­ger und an­stren­gen­der Rei­se­tag.

des­halb dach­te ich mir, ich schrei­be heu­te auch kei­nen ein­trag. kein ein­trag mit ei­ner per­ma­link-url bricht mei­nen streak nicht (je­den tag min­des­tens ei­nen bei­trag zu pos­ten) und könn­te na­tü­rich auch als platz­hal­ter für spä­ter die­nen. wäh­rend ich über mar­kus idee und mei­ne in­ter­pre­ta­ti­on dazu nach­dach­te, frag­te ich mich wozu ei­gent­lich streaks? mein spa­rings­part­ner meint dazu (ge­kürzt und ent-emo­ti­cont):

Ein Streak ist eine auf­ein­an­der­fol­gen­de Se­rie von Ta­gen, an de­nen man eine be­stimm­te Ak­ti­on durch­führt.

Streaks sind ein Ga­mi­fi­ca­ti­on-Me­cha­nis­mus:

  • Mo­ti­va­ti­on durch Kon­ti­nui­tät
  • Ver­hal­tens­ver­stär­kung
  • Er­folgs­er­leb­nis

noch be­vor ich selbst eine ap­ple watch hat­te, war ich fa­zi­niert von vol­ker we­bers #dontt­bre­akt­hechain. er hat es 2019 ge­schafft, vier jah­re lang je­den tag die rin­ge sei­ner ap­ple watch zu schlies­sen. als ich dann eine ap­ple watch hat­te, hab ich das auch ver­sucht. weil ich kein ga­mi­fi­ca­tio­ner bin hat das nicht im­mer ge­klappt — und war mir dann auch zu­neh­mend egal. mitt­ler­wei­le nehm ich die rin­ge als in­di­ka­tor wie viel oder we­nig ich mich am tag be­wegt habe. an 99 pro­zent der tage schlies­sen sich die rin­ge, aber manch­mal eben auch nicht. ich pas­se auch die zie­le nicht an, der rote ring steht schon im­mer auf 900 kcal/tag und trai­ning auf 30 mi­nu­ten.

je­den­falls war mein ge­dan­ke: scheiss auf den je­den-tag-ei­nen-bei­trag-pos­ten-streak, wenn du nix fo­to­gra­fiert hast und dir nix ein­fällt, dann lass es. nur so ein­fach ist es na­tür­lich nicht. es geht tat­säch­lich gar nicht dar­um je­den tag ei­nen blog-bei­trag zu pos­ten, son­dern dar­um mich zu mo­ti­vie­ren mir eine bis drei stun­den aus mei­ner frei­zeit zu neh­men und nach­zu­den­ken. das führt nicht im­mer zu aus­ge­reif­ten ge­dan­ken, aber im­mer dazu, dass ich re­flek­tie­re oder wie ich es frü­her ge­sagt habe: den tag ver­dauue.

ich hät­te auch ein­fach den ti­la­pia und den gur­ken­sa­lat nach tim mäl­zer von heu­te abend fo­to­gra­fie­ren und pos­ten kön­nen, aber dann hät­te ich nicht nach­den­ken müs­sen. das hät­te dann mei­ner er­fah­rung nach auch kaum je­man­den in­ter­es­siert. of­fen­bar in­ter­es­siert es le­se­rin­nen die­ser sei­ten mehr, nach­zu­le­sen wie ich schrift­lich nach­den­ke.

ich hab heu­te auch drü­ber nach­ge­dacht, noch­mal was zu ba­cken. die­ses sehr be­frie­di­gen­de hob­by habe ich jetzt schon vie­le mo­na­te nicht mehr prak­ti­ziert. der sau­er­teig ist ver­stor­ben und die meh­le al­tern. die bei­fah­re­rin drängt mich dazu die meh­le weg­zu­ba­cken und ich ver­spür­te heu­te lust crum­ble coo­kies nach­zu­ba­cken. das pro­blem ist: mir ist seit mo­na­ten nicht mehr nach brot (oder kek­sen). wäh­rend wir noch vor ei­nem jahr pro wo­che min­des­tens ein brot ver­nich­te­ten, esse ich jetzt pro wo­che, wenns hoch­kommt, 1-3 schei­ben. noch vor ei­ner wei­le hät­te ich die crum­ble coo­kies we­gen ap­pe­tit nach­ge­ba­cken — und zwar noch am glei­chen tag an dem ich das re­zept ent­de­cke. jetzt den­ke ich: „ba­cke ich viel­leicht am wo­chen­de“ und ba­cke dann nicht, son­dern den­ke am wo­chen­en­de lie­ber schrift­lich nach.

ich will na­tür­lich nicht sa­gen, dass mir die rin­ge der ap­ple-watch, blog-streaks oder ba­cken egal sind, im ge­gen­teil. ich be­trach­te das al­les nur ra­tio­na­ler oder bes­ser: di­stan­zier­ter, un­ver­spiel­ter, we­ni­ger emo­tio­nal.

so be­ob­ach­te ich seit 9 ta­gen wie mein ge­wicht mit es­sen vom büf­fet bei ei­nem drei­tä­gi­gen aus­flug, ei­nem piz­za-es­sen mit freun­den, et­was mehr al­ko­hol wäh­rend des aus­flugs als sonst zwi­schen 100,5 und 104,2 kilo schwankt, be­ob­ach­te und ler­ne und sehe am ende: streaks ge­hen auch wei­ter, wenn man sie kurz un­ter­bricht — ohne dass zwangs­läu­fig die mo­ti­va­ti­on bricht.

vom 1. bis um den 17.9 fällt mein gewicht langsam auf 100,5 kilo, danach steigt es kurz auf etwas über 104 kilo und fällt in den folgenden tagen wieder schnell auf 100,5 kilo.
mein ge­wicht im sep­tem­ber bis heu­te

wenn man den gan­zen tag mit ei­nem ham­mer rum­läuft, sieht man über­all nä­gel. so wie ein ham­mer, sind streaks ein nütz­li­ches werk­zeug — aber eben nicht im­mer. manch­mal ist ein ho­bel nütz­li­cher, manch­mal ein zoll­stock. und manch­mal ist es dann viel­leicht auch nütz­lich und gut mal kei­nen ein­trag zu schrei­ben. des­halb heu­te kein ein­trag.