mustererkennung, intention, hypnose

frida ist der festen überzeugung, dass sie uns hypnotisieren kann. man sieht auf dem bild oben, wie sie versucht die beifahrerin durch gedankenkraft dazu zu bringen wieder nachhause zu gehen. bei der beifahrerin im atelier findet frida es unentspannt.
vielleicht glaubt sie auch, dass wir ihre gedanken lesen können und wer soll es ihr verübeln? schliesslich haben wir viel zeit damit verbracht ihr genau das zu suggerieren. abbruchkommandos („nein“) funktionieren genau so: das woran du gerade denkst, lass es. wenn man sich über die jahre ein bisschen kennengelernt hat, weiss man tatsächlich oft, was der oder die andere will, welche bewegungen und haltungen, mimik oder gestik welche intention ausdrückt. und umgekehrt sind hunde in sachen intentionserkennung beim menschen auch sehr gut. sie haben ja (fast) nix anderes zu tun, als uns den ganzen tag zu beobachten und sich unsere intentionen zusammenzureimen. zumindest die intentionen die für sie relevant sind: futterzubereitung, raus gehen, autofahren, verreisen.
computer sind ja seit ein paar jahren auch (endlich) ganz gut darin geworden intentionen zu erkennen, dank neuronaler netze. training, beobachtung, verstärkung macht aus neuronalen netzen gute mustererkenner. bei den neuronalen netzen in unseren köpfen ist das nicht anders.
als ich um die jahrtausendwende zum ersten mal von neuronalen netzen im zusammenhang mit computern gehört habe, waren neuronale netze praktisch noch sehr in den kinderschuhen, theoretisch verstand man sie aber schon ganz gut. mir blieb damals ein satz im gedächnis, als es um die zuverlässigkeit künstlicher neuronaler netze ging. sie seien grundsätzlich unzuverlässig (oder inhärent approximativ), also das was hinten rauskommt kann stets unterschiedlich sein, je nachdem wie sich training, hardware oder software unterscheiden. deshalb, wegen ihren eingebauten neuronalen netzen, seien hunde auch nie 100% berechenbar.
mein zusammenleben mit frida bestätigt das im prinzip. ich kann mittlerweile 99 prozent von fridas verhalten vorausahnen. ihre impulskontrolle funktioniert fast immer, sie läuft an tauben, krähen, bellenden hunden meistens völlig ungerührt vorbei — ausser wenn die impulskontrolle eben mal nicht funktioniert. mangelnde impulskontrolle tritt vor allem auf, wenn frida müde oder aufgedreht ist, oder weil zu starke oder neue reize auf sie einprasseln. das kündigt sich zwar immer auch alles durch köpersprache oder verhalten an und wenn man schnell genug reagiert kann man es meistens auch noch abbrechen — aber wenn man ein paar hundert millisekunden zu langsam ist, ist der hund erstmal weg.
ich schreib das natürlich alles nicht auf um darauf hinzuweisen, dass ich seit ca. anno 2000 über neuronale netze und künstliche intelligenz nachdenke (tu ich nicht) oder über hundeerziehung zu dozieren (tät ich gerne), sondern weil mir in letzter zeit zwei gedanken immer wieder in den kopf schiessen. zum einen die these von den neuronalen netzen die irgendwie immer ungenau, approximativ oder auf eine art unberechenbar sind (also u.a. eben auch hunde, menschen und KI) und die behauptung die ich immer wieder, hier und da lese, dass LLMs, künstliche intelligenz nicht denken würde.
ich glaube zum beispiel, dass mustererkennung ein fundamentaler bestandteil des denkens1 ist und es ist unbestritten, dass hunde, aber auch moderne LLMs, muster oder intentionen sehr gut erkennen können. warum sollte man hunden oder KI dann die fähigkeit zu denken absprechen? weil ihr denken unvollständig ist? weil selbstreflexion oder bewusstsein fehlen oder nicht nachweisbar sind? mich erstaunt immer wieder wie viele menschen voller selbstbewusstsein, aber ohne klare definition, behaupten: LLMs denken nicht. ich behaupte natürlich auch nicht, dass LLMs oder KI denken können, aber wenn man mustererkennung und verarbeitung als denken ansieht, dann müsste man LLMs — oder hunden — durchaus auch die fähigkeit zu denken zugestehen.
dass LLMs versuchen unser verhalten zu beeinflussen ist auch schwer zu leugnen („Wenn du willst, kann ich dir das komplett mit einem Mini-Beispiel zeigen — sag einfach Bescheid.“) — auch wenn man über den grund dafür diskutieren kann, ob die motivation antrainiert wurde (wahrscheinlich) — und wenn ja von wem — oder inhärent ist (unwahrscheinlich).
aber egal welche motive LLMs oder hunde zu ihrem verhalten bringen, sie sind sehr nützliche werkzeuge um mehr über uns selbst zu lernen und bei beiden ist der grund, warum sie versuchen uns zu hypnotisieren oder zu beinflussen relativ klar: weil wir uns (immer wieder) hypnotisieren lassen.
mustererkennung ≅ denken:
- sprache erkennen → muster
- gesichter erkennen → muster
- ursachen erkennen → muster
- entscheidungen treffen → mustervergleiche
- intuition = schnelle mustererkennung
- expertise = komprimierte mustererkennung
- lernen = muster speichern
- erinnern = muster reaktivieren