michael spreng möchte google für etwas bestraft sehen, das er selbst mitverursacht

felix schwenzel, , in wirres.net    

michael spreng:

Und es wäre ein – hoffentlich – abschreckendes Beispiel, wenn neben den Verursachern auch Google zu einem hohen Schadensersatz verurteilt werden würde.

mit „verursachern“ meint michael spreng menschen, die gerüchte in den umlauf gebracht haben, dass bettina wulff eine rotlichtvergangenheit hätte. warum google zu einem hohen schadensersatz verurteilt werden soll ist nicht ganz klar. michael spreng meint, weil eine google suchanfrage nach „bettina wullf“ oder den den drei buchstaben „bet“ bestimmte suchvorschläge macht:

google suche nach „bet“

das problem dabei ist, das google genau das gleiche wie michael spreng macht. google zeigt an, dass viele seiten im internet die worte „bettina wulff“ und „prostituierte“ oder „escort“ benutzen. michael spreng macht exakt das gleiche, er schreibt, dass viele seiten im internet diese worte im zusammenhang benutzen (und nennt das, anders als google, „Verleumdungen und üblen Nachreden“). sucht man auf michael sprengs webseite nach den worten „Bettina Wulff Prostituierte“ zeigt google an, dass michael spreng laut google in drei verschiedenen artikeln (und derzeit auf der startseite von sprengsatz.de) die worte „Bettina Wulff“ und „Prostituierte“ benutzt hat.

suche auf sprengsatz.de nach „Bettina Wulff Prostituierte“

nach michael sprengs meinung müsste google für ein solches verhalten bestraft werden. nach den gesetzen der logik müsste aber auch michael spreng dafür bestraft werden. michael spreng sagt:

Und williger Helfer ist immmer die Suchmaschine Google, die – völlig neutral natürlich – jedem Verleumder die Plattform verbreitert und die Verleumdung ins Unendliche potenziert.

nun ist michael spreng aber eben einer der „willigen helfer“, der den google-algorithmus davon überzeugt, dass die wortkombination „Bettina Wulff Prostituierte“ derzeit relevant ist. wie hunderte anderer journalisten und blogger: denn der suchwort-vorschlag „Bettina Wulff Prostituierte“ gewinnt derzeit an relevanz, weil leute journalisten wie michael spreng (und ix) in ihrer berichterstattung über bettina wulffs vorgehen gegen google und günter jauch dieser wortkombination relevanz geben.

hinzu kommt, warum möchte michael spreng nur google bestraft sehen? warum nicht auch microsofts suchmaschine bing oder yahoo, die exakt das gleiche machen?

bing-suche nach „bettina wulff“
yahoo-suche nach „bettina wulff“

der begriff der neutralität scheint für viele journalisten, verleger und politiker unverständlich zu sein. sie möchten dinge in der öffentlichkeit sagen, regen sich aber furchtbar darüber auf, wenn diese aussagen über suchmaschinen, aggregatoren oder hyperlinks auffindbar und auswertbar gemacht werden. aber vielleicht ist es gar nicht der begriff „neutralität“, mit dem menschen wie michel spreng probleme haben, sondern der begriff der öffentlichkeit.

nur damit keine missverständnisse entstehen. ich kann es gut verstehen und nachvollziehen, gegen die urheber von haltlosen gerüchten vorzugehen. aber gegen die berichterstattung über dieses vorgehen oder die auffindbarkeit dieser berichterstattung vorzugehen geht zwei bis drei schritte zu weit.

für die suchwortkombination „bettina wulff katzenpisse“ findet google übrigens neun resultate. eins davon wurde aus „rechtsgründen“ entfernt.

google-suche nach „bettina wulff katzenpisse“

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[nachtrag 09.09.2012, 8:36 uhr]
das mit der neutralität und der autovervollständigenfunktion nimmt google wohl doch nicht so ernst (wie ich anfangs annahm). marcus schwarze macht darauf aufmerksam, dass google für begriffe rund um die menschliche sexualität kaum vervollständigungsvorschläge macht. google selbst sagt dazu:

Warum werden für ein bestimmtes Thema keine Vervollständigungen angezeigt? […] 3. Der Suchbegriff verstößt gegen die Richtlinien der automatischen Vervollständigung. Wir möchten Ihnen möglichst relevante Suchanfragen anbieten, schließen jedoch Begriffe aus, die in engem Zusammenhang mit Pornografie, Gewalt, Hassreden und Urheberrechtsverletzungen stehen.

das hört sich keinesfalls neutral an, sondern danach, als griffe google ohnehin nach gutdünken und eigenem ermessen in den algorithmus ein. je länger ich drüber nachdenke, desto unverständlicher finde ich, dass google hier den prinzipienreiter macht. genauso wie google in deutschland gelegentlich suchergebnisse entfernt, wenn ein anwalt darauf besteht, könnte google doch auch begriffe für die autovervollständigenfunktion auf eine schwarze liste setzen.

in das gleiche horn stösst auf blog.beck.de auch henning ernst müller:

Wenn sich also die Google-Anwälte darauf berufen, das Autocomplete gebe eben nur die häufige Suche nach bestimmten Wortkombinationen objektiv wieder, dann argumentieren sie glatt an der Wahrheit vorbei. Redaktionelle Eingriffe finden statt, Google nimmt Einfluss.

[dank an detlef guertler]

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unten, unter „trackbacks“, habe ich links auf seiten gesammelt die sich mit dem thema wulff vs. google beschäftigen.

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so erklärt google die autovervollständigenfunktion:

Während Ihrer Eingabe werden mithilfe des Google-Algorithmus basierend auf den Suchaktivitäten anderer Nutzer und auf Inhalten der von Google indexierten Webseiten Suchanfragen vervollständigt und angezeigt. Wenn Sie in Ihrem Google-Konto angemeldet sind und das Webprotokoll aktiviert haben, können Sie auch Suchanfragen von relevanten Suchen sehen, die Sie in der Vergangenheit durchgeführt haben. Darüber hinaus können auch Google+ Profile in der automatischen Vervollständigung erscheinen, wenn Sie nach dem Namen einer Person suchen. Mit Ausnahme der möglicherweise vorgeschlagenen Google+ Profile wurden alle vervollständigten Suchanfragen in der Dropdown-Liste zuvor von Google-Nutzern eingegeben oder erscheinen im Web.

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[nachtrag 09.09.2012, 11:33 uhr]
nur mal so zur klarstellung: ich habe michael spreng, wie ich finde zu recht, für sein mangelndes differenzieren angegriffen und dabei selbst ein bisschen zu wenig differenziert. auch weil ich die löchrige, leicht verlogene argumentation von google noch nicht ge- und erkannt hatte. bettina wulffs klageschrift kenne ich nach wie vor nicht, aber wenn es so ist, dass sie tatsächlich lediglich gegen die vorschlagsfunktion von google (und nicht die suchergebnisse) im zusammenhang mit ihrem namen vorgeht, kann ich dafür verständnis aufbringen. für michael sprengs undifferenzierte google-rage kann ich nach wie vor kein verständnis aufbringen.

[nachtrag 12.09.2012]
das hatte ich übersehen, dass ich ein s zuviel in der überschrift hatte. jetzt nicht mehr.